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"Der Höhepunkt ist überschritten"

Das Berliner Robert-Koch-Instituts (RKI) hat bislang 210.000 Fälle von Infektionen mit der sogenannten Schweinegrippe in Deutschland gezählt. 132 Menschen fielen der Neuen Influenza zum Opfer. Nach einem Höhepunkt in der zweiten Novemberwoche sei die Influenzaaktivität derzeit rückläufig, sagte RKI-Expertin Silke Buda.

Silke Buda im Gespräch mit Gerd Pasch |
    Gerd Pasch: Über 11.500 Schweinegrippetote weltweit meldete jüngst die Weltgesundheitsorganisation WHO, und der Höhepunkt der Pandemie sei noch längst nicht überall überschritten. In Deutschland ist die Zahl der Schweinegrippekranken wohl niedriger als erwartet, und der Schutz der Bevölkerung durch Impfen verbrauchte auch weniger Serum, als von den Behörden berechnet und bestellt. Über die Schweinegrippe hierzulande sprach ich vor der Sendung mit Dr. Silke Buda vom Berliner Robert-Koch-Institut und dort zuständig für respiratorisch übertragene Krankheiten. Zunächst fragte ich nach den Fallzahlen.

    Silke Buda: Der aktuelle Influenza-Wochenbericht bezieht sich auf Daten der Kalenderwoche 51. Wir haben hier an aktuellen Zahlen zum einen die Aktivität der akuten respiratorischen Atemwegserkrankungen. Die ist im Moment rückläufig, das bedeutet, dass die Influenzaaktivität in Deutschland, was diese erste pandemische Erkrankungswelle angeht, zurückgeht, das heißt, der Höhepunkt ist überschritten. Der lag etwa in der zweiten Novemberhälfte. Insgesamt an Labor-bestätigten Meldungen zur Neuen Influenza sind an das Robert-Koch-Institut übermittelt worden bis zum Stichtag etwa 210.000 Fälle, darunter waren auch 132 Todesfälle.

    Pasch: Die WHO will noch keine Entwarnung geben, denn die USA und Kanada beispielsweise stecken noch mitten in der Epidemie. Wer ist denn nach wie vor gefährdet?

    Buda: Nach wie vor gefährdet sind Personen mit chronischen Grunderkrankungen besonders des Atemsystems, aber auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Besonders gefährdet sind jüngere Kinder für schwere Krankheitsverläufe.

    Pasch: Mit welchen Fällen rechnen Sie denn so in den nächsten Wochen? Denn der Winter ist ja noch gar nicht vorbei.

    Buda: Das ist richtig. Die eigentliche Grippezeit, in der also die saisonale Grippewelle aufgetreten ist in den letzten Jahren, war eigentlich immer erst Ende Januar, Anfang Februar, und zog sich dann eben bis März/April hinein. Wir haben im Moment trotz zurückgehender Aktivität immer noch Fälle von Neuer Influenza. Wie sich das jetzt entwickeln wird in den kommenden Wochen, lässt sich leider schlecht vorhersagen. Ob wir eine zweite Welle mit neuen Influenzafällen bekommen werden, ob wir vermehrt saisonale Influenzaviren bekommen, können wir jetzt noch nicht sagen. Bisher ist es so gewesen, dass die Neue Influenza tatsächlich die saisonalen Influenzaviren dieses Jahr ganz verdrängt haben.

    Pasch: Anfangs ist man davon ausgegangen, dass es zwei Impfungen geben muss, um die Bevölkerung entsprechend zu immunisieren. Ist das immer noch der Fall?

    Buda: Nein, das ist nicht mehr der Fall. Es wird inzwischen empfohlen, nur noch einmal gegen die Neue Influenza zu impfen. Das ist an sich ja ein sehr glücklicher Zustand: Da ist man vor der Pandemie nicht davon ausgegangen, dass eine einmalige Impfung reichen würde. Es sieht aber so aus, dass mit dieser einmaligen Impfung die entsprechenden Antikörper-Titer erreicht werden.


    Pasch: Nun gibt es ja auch noch die saisonale Grippe. Wie hat die sich denn entwickelt, parallel zur Schweinegrippe?

    Buda: Es ist so, dass bisher die saisonalen Influenzaviren noch keine Rolle gespielt haben im Verlauf dieses Jahres. Letztes Frühjahr hatten wir ja eine relativ starke Grippewelle durch die schon länger zirkulierenden Influenza-A/H3N2-Viren. Bisher ist es so, dass diese saisonalen Influenzaviren nur sehr, sehr sporadisch nachgewiesen werden.


    Pasch: Wie sieht es denn aus für das kommende Jahr? Was prognostiziert das Robert-Koch-Institut in Bezug auf die Schweinegrippe 2010?

    Buda: Wir können da leider sehr wenig prognostizieren, sondern beobachten natürlich die Entwicklung sehr genau und zeitnah. Es ist unwahrscheinlich, dass dieses neue Virus völlig verschwinden wird. Es wird wieder auftauchen, und sei es, dass es dann eben im Frühjahr 2011 in der üblichen Grippezeit sozusagen als saisonales Influenzavirus auftaucht. Alles andere wäre sehr ungewöhnlich, auch aus der Erfahrung der vergangenen Pandemien. Ob es zu einer zweiten Welle jetzt 2010 im Frühjahr kommen wird, lässt sich tatsächlich einfach noch nicht sagen. Da müssen wir die Entwicklung abwarten.