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Der internationalste Ost von Münster

Gute Betreuung für ausländische Studierende ist bis heute keine Selbstverständlichkeit an deutschen Hochschulen. In Münster hat sie aber Tradition: 1956 wandelte die Hochschule das ehemalige "Umerziehungszentrum Brücke" der britischen Besatzer zum "Internationalen Zentrum für ausländische Studierende" um - und damit zum ersten internationalen Studentenzentrum bundesweit.

Von Kirsten Meyer |
    " Die deutschen Studierenden nutzen die Brücke als eine Möglichkeit, um in Kontakt mit ausländischen Studierenden zu treten, also wir vermitteln ja auch ausländische Studierende an deutsche, damit sie sich austauschen können, damit sie was unternehmen können, auch wegen der Sprache, dass sie voneinander lernen und diese Projekte fördern den Kontakt: Die Brücke bietet eine sehr gute Möglichkeit für die Horizonterweiterung."

    Leyla Askari lächelt. Die 23-Jährige studiert Jura und ist Mitarbeiterin der "Brücke", dem internationalen Studentenzentrum der Universität Münster. Der Name "Brücke" ist Programm: Er stammt von den britischen Besatzungstruppen, erklärt Achim Sommer, Leiter des Begegnungszentrums:

    " Es war ein so genanntes "Re-Education-Center", die Engländer haben in ihren Besatzungszonen so eine Einrichtung gehabt, um die Deutschen wieder mit demokratischen Gedankengut in Kontakt zu bringen, hier war eine Bibliothek, hier gab es Vorträge, Musikabende.1956 haben die Briten das in allen Städten aufgegeben, in den meisten Städten ist es in die örtlichen Volkshochschulen übergegangen und nur Münster hat seltsamerweise für damals zirka 700 ausländische Studierende die Idee dieses Zentrum zu schaffen."

    Damals haben sie ein Haus ins Leben gerufen, das ausländischen Studierenden bis heute ein echtes Rundum-Programm bietet. Immerhin kommen zehn Prozent der 40.000 Studenten in Münster aus dem Ausland:

    " Vom ersten Tag an werden die Studierenden von der Brücke empfangen, sie bekommen ein Tutorium für die ersten beiden Semester, haben auch feste Tutoren, die sie immer ansprechen können, wenn Probleme da sind, wir haben auch eine ganz normale Cafeteria für ausländische Studierende, wo sie jeden Tag frühstücken, Mittagessen, Kaffee trinken können und immer ist von 9 bis 23 Uhr eine studentische Hilfskraft da, die für Fragen und für Probleme zur Verfügung steht."

    Auch bei unangenehmen Themen - bei schwierigen Behördengängen oder Problemen mit Ausländerfeindlichkeit steht die Brücke ausländischen Studierenden zur Seite, berichtet Brücke-Mitarbeiter Achmed Touré:

    " Die Mitarbeiter helfen dem Betroffenen das Gefühl zu geben, dass er nicht allein ist, erst mal das Problem klein zu halten."

    In den meisten Fällen handelt es sich zwar nur um diffuse Kleinigkeiten, die aber auch die können das Leben in einem fremden Land schwer machen, erklärt der Politologe. Und den kennt er aus eigener Erfahrung, Achmed Touré von der Elfenbeinküste:

    " Es gibt manchmal komische Andeutungen, von der Sprache her, von der Hautfarbe her und wenn man das erlebt, das kann dann ein bisschen wehtun."

    Besonders bei der Wohnungssuche bekommen ausländische Studierende oft Probleme, erzählt Brücke-Leiter Achim Sommer:

    " Das war natürlich nach 2001 ein starkes Problem, dass besonders Studierende aus dem Nahen Osten Probleme hatten auf dem Wohnungsmarkt, Zimmer und Wohnungen zu finden. Aber es war auch in den 70er Jahren, dass wir für Studierende aus der Türkei und aus Afrika doch immer hörten, wenn sie kamen, dass die Wohnungen besetzt waren, die am Telefon aber noch frei gewesen waren. Und da haben wir dann gesagt: Okay, da gehen wir mit hin, auch zum Teil mal Bürgschaften unterschrieben. Heute ist es nicht mehr so stark, aber es gibt es auch noch, immer noch."

    Bis vor zehn Jahren war die Brücke einzigartig. Erst seit kurzem interessieren sich auch andere Universitäten für die Idee, ein internationales Zentrum für ausländische Studenten aufzubauen. Sommer:

    " Wir haben gerade in den letzten drei vier Jahren Anfragen gerade auch von den großen Universitäten, besonders auch aus Süddeutschland, die unser Modell mal studieren wollten, wie wir das machen, wie wir uns finanziert werden, um das an ihren Universitäten einzurichten. Denn alle Universitäten haben natürlich Gelder für Betreuungsarbeit, bloß eben auf die Idee, ein eigenes Zentrum zu schaffen, ist man in wenigen Fällen gekommen. Aber in Berlin gibt es heute so was, in Leipzig, in Stuttgart, und ich hoffe, dass das auch noch weit verbreitet wird."

    Die Brücke ist nicht nur für ausländische Studenten ein Anlaufpunkt, so Achim Sommer:

    " Besonders die Länderabende, die die ausländischen Studenten selbst gestalten sind überwiegend von Deutschen besucht. Und die Cafeteria mittags beim Essen ist häufig auch, dass mehr Deutsche da sind als Ausländer. Und da sind auch viele Kontakte schon geschaffen worden, dass Münsteraner sich als Paten bereit gefunden haben, Ausländische Studierende zu begleiten, das ist schon sehr produktiv gewesen."

    50 Jahre Brücke: Das heißt 50 Jahre deutsch-internationaler Austausch, 50 Jahre Neugier aufeinander und - 50 Jahre Freundschaft, so Achmed Touré:

    " Wir haben versucht, ausländische Studierende, die hier neu waren einzusammeln, und denen das Gefühl zu geben, dass sie hier zu Hause sind und eine schöne Zeit mit ihnen zu verbringen."