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Der Kampf ums Wasser

Der Binnenmarktausschuss des Europäischen Parlaments entscheidet heute über einen Änderungsantrag der EU-Kommission. Wird dem zugestimmt, müssten die Kommunen die Aufträge für die Wasserversorgung jedes Mal öffentlich und EU-weit ausschreiben.

Von Annette Riedel | 24.01.2013
    Funktionierender Wettbewerb ist gut. Funktionierender Wettbewerb bringt in der Regel niedrigere Preise. Auch bei Dienstleistungen. Und bei der Vergabe entsprechender Konzessionen auch durch die öffentlichen Hände sollte es transparent und fair und im Sinne der Verbraucher zugehen. Und deshalb plant die EU eine entsprechende Konzessionsrichtlinie, nach der Alle Dienstleistungen, für die man eine Konzession haben muss, künftig ausgeschrieben werden müssen, teilweise europaweit. Dagegen kann eigentlich auch niemand etwas haben. Schwieriger ist es, wenn es um Bereiche der sogenannten Daseinfürsorge geht, um etwas so Lebenswichtiges wie Wasserversorgung. Die Sorge geht um, dass Brüssel mit der Richtlinie der Liberalisierung und Privatisierung in dem Bereich allüberall Türe und Tore öffnen will, mit möglichen Folgen, wie man sie mancherorts in Europa schon beobachten kann.

    "Wir wollen nicht, dass so etwas wie in London passiert, wo mittlerweile wegen der Gewinnorientierung des Unternehmens 50 Prozent des Wassers versickert, weil die Rohre nicht repariert werden. Das ist das, was wir nicht wollen."

    …sagt Sozialdemokratin im EU-Parlament Evelyne Gebhardt. Und sagt auch ihr CDU-Kollege, Andreas Schwab.

    "Die Europäische Union möchte nicht einen Zwang zur Liberalisierung einführen."

    Jedenfalls nicht die Wasserversorgung, wenn sie denn, wie vielerorts in Deutschland gegeben, ganz überwiegend - von 80 Prozent ist die Rede - in kommunaler Hand liegt.

    "Klar ist natürlich, dass es viele große Städte gibt, die sich auf den Markt der Energieversorgung begeben haben, über ihre eigenen Stadtgrenzen hinaus. Wenn es ihnen so wichtig ist, wie immer behauptet, haben sie alle die Möglichkeit, auf jegliche Formen der Privatisierung zu verzichten, weil immer dann, wenn eine Kommune die Wasserversorgung selbst erbringt, Europa diese Entscheidung akzeptieren muss."

    Weil Wasser ein hochgradig sensibles Thema ist, gibt es vor allem in Deutschland reichlich Befürchtungen im Zusammenhang mit der geplanten Richtlinie, nicht zuletzt bei den Kommunen und Gemeinden. Befürchtungen, die weitestgehend unbegründet sind, meint der der FDP-Europaabgeordnete Jürgen Creutzmann.

    "Ich komme aus Rheinland-Pfalz – es gibt dort keine privaten Wasseranbieter. Es sind die Kommunen, die das machen. Es gibt teilweise Zusammenarbeit, z.B. in der Kommune, aus der ich komme, nahe der Stadt Speyer, dort haben wir gemeinsam einen Wasserverbund geschaffen, um Kosten zu sparen für die Bürger. Das hat sich bewährt und das muss möglich bleiben."

    Aber weil die Befürchtungen so hartnäckig sind und weil die geplante EU-Richtlinie den Strukturen in der kommunalen Versorgung zumindest in Deutschland in manchen Details tatsächlich nicht gerecht wird, wollten eigentlich alle drei Politiker die gesamte Richtlinie zur Überarbeitung an die EU-Kommission zurückweisen. Sie werden aber dafür im Ausschuss nicht die entsprechende Mehrheit finden, weil die Bedenken der Deutschen bei den Parlamentariern aus anderen Ländern kein Gehör fanden.

    "Dennoch ist es in meinen Augen auch wegen der Empfindlichkeiten, die wir in Deutschland haben, sehr notwendig, dass wir bestimmte Bereiche herausnehmen aus der Konzessionsrichtlinie und dazu gehört das Wasser."

    Dieser Versuch, zumindest die Wasserversorgung aus der Richtlinie herauszunehmen, gelang zwar. Aber nur, wie Evelyne Gebhardt bedauert, für eine Übergangszeit bis 2020

    "In Baden-Württemberg ist es so: 2013 laufen Wasserkonzessionen aus. Damit müssen sie verlängert werden und ich finde es irrsinnig, wenn man so etwas nur für sieben Jahre vergeben kann, das geht nicht in diesen Bereichen. Da braucht man Sicherheit."

    Bevor das gesamte Plenum des Parlaments im Frühjahr über die Richtlinie abstimmen wird, werden die deutschen Abgeordneten noch Überzeugungsarbeit für ihre Position zu leisten versuchen.