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Der Kampf ums Wohnzimmer

Die so genannte Digital Versatile Disk, kurz DVD, läuft der CD – selbst einst der Schallplatten-Killer – den Rang ab. Doch beim entscheidenden Kaufargument gegenüber dem altehrwürdigen und preislich unschlagbaren Videorekorder, der Aufnahmefähigkeit, glänzen die Hersteller durch Zwist: Obwohl schon zur letzten IFA angestrebt, existiert noch immer kein einheitlicher Standard zur wiederbespielbaren DVD. Stattdessen lähmen gleich drei untereinander inkompatible Verfahren den Markt, der ansonsten boomen könnte.

Wolfram Koch |
    Gleich drei Verfahren buhlen derzeit um die Gunst der Multimedia-Fans, die DVDs nicht nur anschauen, sondern auch aufnehmen möchten: DVD-Ram, DVD+RW sowie DVD-RW bieten derzeit die Möglichkeit, ganze digitale Bergmassive an Daten auf die Scheiben zu bannen. Alle drei Verfahren sind in der Lage, 4,7 Gigabyte - entsprechend 2,5 Stunden Film-Spieldauer – aufzunehmen. Auch das Aufnahmeverfahren ist im wesentlichen gleich und ähnelt dem der wiederbeschreibbaren CD. Doch damit genug der Gemeinsamkeiten: Die Unterschiede liegen vor allem in der Logik, mit der die Apparate die Daten auf dem Medium verteilen und die Inhaltsverzeichnisse organisieren.

    So wurde beispielsweise das DVD-Ram von Panasonic ursprünglich zur reinen Datenspeicherung entwickelt. Dabei befindet sich der eigentliche Datenträger in einem eigenen Plastikgehäuse. Ein schwerwiegender Nachteil der Methode: Ein einmal beschriebenes Medium kann schon alleine des Gehäuses wegen nicht in jedem anderen Abspielgerät wiedergegeben werden. DVD-RW ist dagegen der einzige Standard, der vom so genannten DVD-Forum, einem Zusammenschluss von mehreren Herstellern, verabschiedet wurde. Trotzdem kann auch ein solches Medium nicht auf allen Endgeräten gleich abgespielt werden. Stattdessen muss eine Aufnahme zunächst finalisiert werden, wobei das Inhaltverzeichnis auf dem Datenträger fertig gestellt wird. Um die Datenscheibe erneut zu beschreiben, muss sie überdies stets zuerst vollständig gelöscht werden. Der dritte Vertreter der beschreibbaren DVD schließlich, das DVD+RW-Format, stelle keinen eigenen Standard dar, sondern erweitere lediglich die bisherigen anderen Verfahren, erklärt Mulitmedia-Experte Klaus Petri: "Die mit DVD+RW erstellten Aufnahmen sind kompatibel zu bestehenden DVD-Playern." Jede Aufnahme soll in jedem anderen Abspielgerät funktionieren, so das Versprechen des Herstellers. Im Herbst soll dazu auch ein CD-Schreiber für den Computer auf den Markt kommen.

    Durch drei unterschiedliche, untereinander weitgehend inkompatible Verfahren ist allerdings der potenziell so große Markt völlig verunsichert. Trotzdem wandeln die Hersteller weiter auf ihren eigenen verschlungenen Produktpfaden: CD-Veteran Philips präsentierte in Berlin gleich mehrere DVD-Brenner, die auf die Formatierung der DVD verzichten und stattdessen sofort aufnehmen. Der japanische Sony-Konzern setzt dagegen auf die Kombination von DVD-RW und DVD+RW in einem Gerät, während Panasonic weiterhin kompromisslos auf dem eigenen Standard beharrt.

    Die uneinheitliche Produktphilosophie der Hersteller behindert aber auch die Weiterentwicklung völlig neuer Gerätekombinationen. So wäre etwa ein festplattenbasierter Videorekorder wünschenswert, der Filme, die länger gespeichert werden sollen, auf eine DVD ablegt. Gleichzeitig eröffnet aber die Unentschlossenheit in Sachen beschreibbarer DVD den Weg zu Alternativen: So stellte der Hersteller Schneider ein magnetooptisches Laufwerk vor, das zwar nicht die Datenkapazität von DVD erreicht, dafür aber schneller arbeitet. Sony wiederum werkelt derzeit an blauen Laserdioden, die die Speicherdichte der bisherigen DVD auf 30 Gigabyte erhöhen sollen und versucht so, bereits heute den Markt der DVD-Nachfolger zu seinen Gunsten zu formen.