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"Der kann Bundeskanzler!"

Der niedersächsische Ministerpräsident gilt in der CDU als Hoffnungsträger. Gerade mal 40 Jahre alt, eloquent und sympathisch verkörpert er genau den Typus Politiker, den Kanzlerin Merkel nach zu Guttenbergs Abgang dringend braucht, um das Image der Partei aufzupolieren.

Von Susanne Schrammar | 24.03.2011
    "Ich freue mich! Ich erinnere mich noch an den Abend in Salzgitter Das war ein schöner Abend, oder? Ja. Da lag so viel Schnee. In der heißen Wahlkampfphase. Einen netten Weinabend haben wir da verlebt."

    Hier fühlt er sich wohl. Hier ist er in seinem Element. Und hier trifft er auf die, mit denen er besonders gut kann: ganz normale Menschen. David McAllister zu Gast beim CDU-Kreisverband im beschaulichen Provinzstädtchen Wolfenbüttel - 80 Kilometer entfernt von Hannover, Lichtjahre vom aufgeregten Politikzirkus in Berlin.

    In der Lindenhalle spielt die Blaskapelle, an den langen Tischen lassen sich die rund 400 Parteimitglieder Hering mit Salzkartoffeln schmecken und McAllister muss auf seinem Weg ans Rednerpult immer wieder anhalten. Hier noch ein Foto mit dem Kreisvorstand, dort die Bitte nach einem Autogramm. Mäc, wie viele ihn hier nennen, ist der Kumpel zum Anfassen. Und das kommt an bei den Parteigenossen.

    "David McAllister ist jemand mit Charisma und Charakter. Er ist einfach herzensgut und menschennah und das ist einfach das Besondere an ihm. David McAllister hat nach meiner Einschätzung ein sehr hohes Potenzial, weil er viele gute Eigenschaften miteinander verbindet, vor allem die Fähigkeit auf Menschen zuzugehen und fachlich-sachlich ist er auch gut. Der kann Bundeskanzler!"

    Der niedersächsische Ministerpräsident gilt in der CDU als Hoffnungsträger. Gerade mal 40 Jahre alt, eloquent und sympathisch verkörpert er genau den Typus Politiker, den Kanzlerin Merkel nach zu Guttenbergs Abgang dringend braucht, um das Image der Partei aufzupolieren. Am liebsten, so heißt es aus Berliner Kreisen, hätte sie es, wenn McAllister jeden Sonntagabend bei Anne Will die Politik der Schwarz-Gelben Bundesregierung verkaufen würde. Doch der junge Mann aus Bad Bederkesa, hoch im Norden Niedersachsens, hat darauf keine Lust. Er fremdelt mit der Hauptstadtmacht:

    "Ich habe gelernt, in Hannover mit offenem Visier zu kämpfen. Wenn ich mit eigenen Parteifreunden in Niedersachsen zusammenarbeite, dann sind das auch in der Regel Parteifreunde, weil wir das gleiche Ziel haben, nämlich die Mehrheit in diesem Land zu verteidigen. Aber, meine Damen und Herren, was ich nicht mag, ist in Berlin, dass da jeder gegen jeden hinter den Kulissen arbeitet, dass jeder jedem versucht, in die Suppe zu spucken. Meine Damen und Herren, ich will mit so einem Politikbetrieb in Berlin nichts zu tun haben. Damit das ganz klar ist: Das ist nicht meine Welt!"

    Deftige und klare Worte, die kurz vor der Katastrophe in Japan gefallen sind. Doch auch wenn McAllister in diesen Tagen sehr oft in Berlin mit am Tisch sitzt - als Ministerpräsident mit drei Atomkraftwerken und drei Endlagerstandorten – die innere Distanz zur Hauptstadtpolitik bleibt. Öffentliche bundespolitische Wortmeldungen kommen selten und sehr gezielt. Wenn der Niedersachse etwas fordert – den zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien oder die Prüfung aller atomaren Standorte etwa – dann hat er dabei vor allem die wirtschaftlichen Belange seines Bundeslandes im Blick.

    Niedersachsen ist Vorreiter in Sachen Windkraft und wegen der vielen Endlagerstandorte erhofft sich das Land Ausgleichszahlungen vom Bund. Seinen Standpunkt, sagt der Jurist, vertrete er jedoch lieber hinter den Kulissen, im persönlichen Gespräch mit der Kanzlerin:

    "Als niedersächsischer Ministerpräsident werde ich mich auch künftig zu allen wichtigen bundespolitischen Fragen einschalten und insbesondere niedersächsische Interessen wahrnehmen. Vielleicht hänge ich nicht jedes Thema und vielleicht hänge ich nicht jeden eigenen Beitrag so an die große Glocke, wie das andere, medienaffinere Kollegen tun. Für mich ist entscheidend, was hinten raus kommt."

    So viel zur Schau gestellte Bescheidenheit im gewohnt lauten Getöse der CDU-Platzhirsche verwundert. Will der gar nichts werden?
    Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" unterstellte David McAllister, es fehle ihm an Entschlossenheit, Geschick und am letzten Willen zur Macht. Danach gefragt, gibt der sich betont gelassen, doch es ist spürbar, dass er sich über die Kritik ärgert. McAllister in der Zwickmühle. Selbstverständlich hat der Mann Ambitionen, doch er hat auch Angst davor, zu früh verheizt zu werden, so wie es anderen Hoffnungsträgern der CDU erging Mit gerade mal neun Monaten Amtszeit als niedersächsischer Regierungschef fehlen ihm noch vorzeigbare Erfolge, es fehlt die Machtbasis in Berlin. Bevor er nach den Sternen greifen kann, muss er erstmal eine Wahl gewinnen, sagen Weggefährten. Und schließlich habe der 40.-Jährige ja noch jede Menge Zeit, in Hannover in Ruhe abzuwarten, was sich auf dem Berliner Parkett so tut:

    "Es gibt ja wahrlich schlimmere Vorwürfe als ein Hoffnungsträger der Union zu sein und es gibt wahrlich auch schlimmere Vorwürfe als einer der denkbaren Kandidaten zu sein, die in einigen Jahren in Berlin politische Verantwortung wahrnehmen können. Natürlich beobachte ich auch die Berliner Ebene und mir ist auch klar, die Generation der jetzt um die 40-Jährigen in CDU und CSU in die Verantwortung kommen muss. Und da werden wir in Niedersachsen dann auch ein gewichtiges Wörtchen mitzureden haben."

    Als Mitglied der Jungen Union hat David McAllister einem Parteifreund mal eine schwarze Socke geschenkt. Darauf stand geschrieben: Vergiss mich nicht. Er wird schon dafür sorgen.