Freitag, 17. Mai 2024

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Der Klimagipfel in Den Haag

Die Inseln im Südpazifik wie Tuvalu und Kiribatti sind winzig. Sie sind nur wenige hundert Meter breit und liegen um das türkisfarbene Wasser der Lagune aufgereiht wie einzelne Perlen an einer feinen Kette. Diese Atoll-Inseln erheben sich nur einige Meter über dem Meeresspiegel. Ihre Anordnung bietet den Inseln den natürlichen Schutz gegen die mächtigen Wellen des Pazifischen Ozeans. Am Strand der flachen Lagune, in malerischen Buchten, spielen die Kinder mit selbstgebastelten Segelbooten. Der Traum von der Südsee, das Paradies.

Peter Kreysler | 17.11.2000
    Das Leben hier ist einfach und wird bestimmt vom Rhythmus der Natur, vom Auf- und Untergang der Sonne, vom Kommen und Gehen der Flut. Der Ozean ist der Freund der Menschen und spendet ihnen das Notwendige zum Leben. Die Lagune bietet ausreichend Fische, Krabben und Muscheln. Auf dem schmalen Landstreifen wachsen Kokospalmen. Sie spenden Holz für Hütten und Kanus und das vitaminreiche Fleisch der Kokosnuss. Zweimal am Tag, morgens und abends, klettern die Menschen singend auf die Palmen, um den Saft zu ernten, aus dem Tadi - das traditionelle alkoholische Getränk - gegoren wird. Seit drei Jahrtausenden leben Menschen hier, die ihre Traditionen an die nächsten Generationen weitergeben. Ihre einzige Verbindung zur Außenwelt knüpft das Radio, der Weltempfänger, der von den Ereignissen außerhalb dieses Paradieses berichtet. Aus dem Lautsprecher hören sie immer häufiger Begriffe wie Global Warming und Climate Change .

    Patrick Nunn: Wenn wir die letzten hundert Jahre beobachten, ist klar, dass die Temperatur nur um ein halbes Grad gestiegen ist. Aber das ist genug, um die Frequenz der tropischen Stürme zu erhöhen und den Meeresspiegel um 15 Zentimeter ansteigen zu lassen. Wenn wir in die Zukunft schauen, ist ein Temperaturanstieg vorausgesagt, der sechsmal so hoch liegt, wie in den letzten hundert Jahren. Das wird substanzielle Veränderungen hervorrufen. Auch der Anstieg des Meeresspiegels wird sechsmal so hoch sein.

    Prof. Patrick Nunn, einer der führenden Wissenschaftler der Klimaforschung im Südpazifik, lehrt an der South Pacific University in Suva, Fidji. Er kann die Bedrohung der Inselstaaten durch den Anstieg des Meeresspiegels genau bestimmen. Denn durch die Erwärmung der oberen Wasserschichten dehnt sich das Wasser stärker aus. Immer häufiger klettert das Meer, auch bei normaler Flut, bedrohlich an die flache Küstenlinie. Für die Menschen heißt das: ihre Inseln werden eines Tages überflutet, verursacht von einem unsichtbaren Gas, das in Ländern Tausende von Kilometern entfernt in die Luft gelassen wird. Die Menschen schauen auf das Meer und fragen sich, ob der Freund sich in einen Feind verwandeln kann. Sie fragen Kandi Karesh, einen Fischer in Nord Tarava, warum das Meer weiter steigt, und immer mehr Stürme sie bedrohen.

    Kandi Karesh: Ich erinnere mich sehr gut. Es war im letzten Jahr, im August. Ich saß hier auf meiner Matte in meiner Hütte - der Bure - und schaute aufs Meer. Es war am Nachmittag, meine Frau und meine Kinder waren im Dorf und hatten Spaß - sie spielten Bingo. Das Meer war ruhig. Wir hatten keinen Sturm oder Wind, aber ich war sehr beunruhigt, weil die Flut stieg. Immer höher und höher. Bis sie schließlich über das Festland schwappte. Hier wo ich jetzt sitze, war plötzlich mit einem Schlag alles unter Wasser! Das ist sehr sonderbar. Noch nie in meinem Leben ist das passiert. Auch von meinen Vorfahren kenne ich niemanden, der das erlebt hat. Das Salzwasser floss in die Brunnen und verseuchte das Trinkwasser. Alle Kokospalmen starben hier in der Gegend. Wir wussten wirklich nicht, was wir machen sollten. Ich war verzweifelt und dachte nur: jetzt werden wir überflutet. Ich betete zu Gott, dass er uns rettet. Mein Land ist sehr schön, und wenn es überflutet wird, haben wir doch keinen Platz, wo wir hingehen können.

    Doch obwohl die Anzeichen des Meeresanstiegs unübersehbar sind, obwohl die Verantwortlichen der Regierung deshalb schwere Sorgen drücken, die Menschen auf den Inseln schauen nicht über den Tag hinaus. An die Zukunft zu denken ist hier unvorstellbar, und auch wenn die Auswirkungen der klimatischen Veränderungen sie hart treffen, vergessen die Menschen sie mit der Zeit wieder.

    Das sind die Nachrichten, die uns erschrecken. Es war vor einem Jahr im Radio, Wissenschaftler sagen, der Nordpol und der Südpol schmelzen, das Meer wird steigen, und unsere Insel wird überflutet. Aber wir wissen jetzt, das wird nicht passieren.

    Aber ein Mensch trägt die Verantwortung. Wir sprachen mit Tebori Tito, Präsident von Kiribatti.

    Tebori Tito: Die meisten Menschen hier in Kiribatti haben keine Angst, und sie wollen auch darüber nicht nachdenken. Und das ist gut! Als Mann in der politischen Arena habe ich nicht viel Druck von dem Mann auf der Straße. Die meisten Menschen wissen nicht, was passiert. Sie glauben mehr an übernatürliche Kräfte als an das, was die Wissenschaftler sagen oder die Medien; und außerdem sind die Menschen hier keine Unruhestifter. Aber wenn das Meerwasser sie bedroht, dann kommen sie zur Regierung, und es ist unsere Aufgabe, ihnen zu helfen. Aber dann vergessen sie es wieder. Das ist hier so, weil die Menschen so denken und fühlen. Ich habe eine Verantwortung, und es ist nicht mein Job, schlafen zu gehen.

    Aus seiner Erfahrung, auf den zurückliegenden Klimakonferenzen für seine Sorgen nur wenig Gehör beim Politpoker der Wirtschaftsnationen zu finden, hat der Präsident Kiribattis ein deutliches wie poetisches Bild für die bedrohliche Lage seiner Landsleute entwickelt.

    Tebori Tito: Wissen Sie, wir fühlen uns hier in Kiribatti wie die Ameisen auf einem Blatt, das einsam in einem See schwimmt. Die Elefanten und andere Tiere kommen zu diesem See und machen Radau und baden. Sie ignorieren jedes andere Leben. Wir, die Ameisen, wollen auf dem Blatt bleiben, das nun bedroht ist von den Wellen, die über sie schwappen. Und das ist nicht hilfreich für die armen Ameisen. Und ich glaube, es macht Sinn, wenn die Ameisen versuchen, die großen Tiere zu überzeugen, dass dort auch noch andere Tiere sind und das Überleben sehr stark von der Ruhe auf dem See abhängt. Und die großen Tiere, die sollten zweimal nachdenken, bevor sie den See benutzen. Sie müssen nicht in dem See spielen. Dort zu sein, ist ein Luxus. Und ich fand gerade in den westlichen Staaten Menschen, die mehr und immer mehr wollen, nur für ihr eigenes Glück. Sie haben hundertfach soviel wie wir. Und sie sind immer noch nicht zufrieden. Ich rede jetzt nicht von dem Mann auf der Straße. Ich rede von den Eliten. Sie sind nie zufrieden und schaffen immer mehr Industrie, und die Ökonomen reden dann über das Bruttosozialprodukt. Und mehr Sozialprodukt, das bedeutet einen Prozess von ewigem Wachstum. Irgendwann schaffen sie in diesem Prozess Probleme für sich selbst, in den Industriestaaten, und für andere, aber sie realisieren es nicht.

    Die Ameisen auf dem Blatt - wie Präsident Tito seine Landsleute beschreibt - haben wirklich Geduld Die Marshall Islands, einige tausend Kilometer nördlich von Kiribatti gelegen, bieten in zweifacher Hinsicht ein trauriges Beispiel dafür, wie menschlicher Einfluss die Südseeinseln zerstören kann. Erst testeten hier die Amerikaner Atom- und Wasserstoffbomben, jetzt sind die Inseln durch die Klimaänderungen bedroht. Ein besonders bedrückendes Beispiel von Erosion zeigte uns Riad Myserie, der für die Vereinten Nationen an einem Küstenschutzprogramm arbeitet.

    Riad Myserie: Wir stehen hier in einer kleinen sandigen Bucht auf der Meeresseite vom Majuro-Atoll. Wir sehen, dass über der Bucht ein kleiner Friedhof mit sechs Gräbern liegt. Die frischbemalten neuen Grabsteine sind umgefallen, und die Gräber rutschen fast in die sandige Bucht. Die Uferlinie ist zurückgedrängt, obwohl hier die schützende Bucht die Wellen bricht, und der Sand kommt und geht. Aber die hohen Wellen werden angetrieben von starken Winden, und die Sturmfluten spülen die Gräber ins Meer. Es ist wirklich furchtbar, wie physische Kräfte, wie Klima und Wetter, die heiligen und kulturellen Symbole zerstören. Das sind wichtige Orte für die Menschen dieser kleinen Inseln. Das ist wirklich deprimierend hier, wo Land so limitiert ist, und die Zahl der Bevölkerung groß ist. Platz für Gräber oder Friedhöfe ist knapp. Es ist kein schöner Gedanke, wenn die Gräber deiner Tanten und Großeltern durch die Erosion weggespült werden oder ins Meer fallen.

    Auf dem Weg zum Flughafen der Insel stoßen Meer und Lagune immer wieder zusammen, so dass nur ein kleiner Streifen Land wenige Meter Platz für die Straße bietet. Tatsächlich sind diese Inseln an keiner Stelle mehr als 200 Meter breit. Ryad erklärt, dass ein ganzes Korallenriff in der Lagune gesprengt werden musste, um die Deiche aufzuschütten. Steine und Felsen sind hier ein kostbares Gut. Die Landebahn des Flughafens erstreckt sich in ganzer Länge über die Insel. Für die Piloten muss das ein Gefühl sein, als würden sie auf einem Flugzeugträger landen.

    Riad Myserie: Dieses eine Meile lange Band aus Zement ist die Start- und Landebahn des Flughafens. Zugleich wird sie genutzt als Auffangbecken für das Regenwasser. Nur sechs Meter trennen sie, sowohl von der Lagunenseite, als auch von der Meeresseite. Diese kleine, nur eineinhalb Meter hohe Mauer aus Felsen schützt die Landebahn und die kleine Straße. Sie wird jedoch regelmäßig durchbrochen von Sturmwellen und an manchen Orten auch durch hohe Fluten. Wenn das passiert, mischt sich das Seewasser mit dem Regenwasser. Millionen und Abermillionen Liter frisches Wasser sind dann versalzen, und die Trinkwasserversorgung für Majuro, eine Stadt von fünfundzwanzigtausend Einwohnern, ist dann für Tage unterbrochen, bis der Regen kommt und neues Wasser bringt - falls wir Regen haben.

    Die letzte Etappe - Tuvalu: eine Inselgruppe aus neun Atollen. Tuvalu ist mit seinen zehntausend Einwohnern eines der kleinsten Länder der Welt. Sechs Telefonleitungen verbinden die Inseln mit der Außenwelt. Bei der Ankunft am Funfuti-Airport kommt es vor, dass der Außenminister höchstpersönlich den Reisepass abstempelt. Doch ganz überraschend verfügt das arme Entwicklungsland Tuvalu, neben seinen Briefmarken, über ein neues, wertvolles und zukunftsträchtiges Handelsgut. Tuvalu wurde bei der Verteilung der Ländercodes die Internet-Landeskennung TV zugeteilt. Gleich neun amerikanische Investment-Firmen pokerten mit Tuvalus Regierung um die Vermarktungsrechte dieses attraktiven Kürzels. Denn die vorausblickenden Investoren wissen, dass sicher einmal Fernsehkanäle in aller Welt die beiden Buchstaben benutzen werden, wenn sie ihre Programme über das Internet verbreiten. Die Regierung konnte für ihren Vertrag mit einer der US-Firmen 15 Millionen Dollar als Einmalzahlung aushandeln, nebst einer dauerhaften Beteiligung an allen Einnahmen von 50 %. Aber gegen die Gewalt der Natur hilft auch der plötzliche Geldsegen wenig. Wenn das Meer in dem Maße ansteigt, wie die Klimawissenschaftler berechnet haben, wird Tuvalu am Ende des nächsten Jahrhunderts nur noch als Internet-Name existieren. Auch ein Beispiel von virtueller Realität.

    Auch Tuvalus Präsident Toepi Lauti macht sich Sorgen um die Zukunft seiner Landeskinder, die die Auswirkungen der Klimaänderung schon dramatisch gespürt haben. So nimmt die Frequenz der Hurricanes zu: die Jahrhundertstürme kommen jetzt alle 10 Jahre. Schützende Mangrovenwälder haben nicht genug Zeit zum Nachwachsen. Das fehlende Wurzelwerk beschleunigt so weiter die Erosion der Brandung.

    Toepi Lauti: Als 1972 der Hurrican "BEBE" in unser Inselreich kam und einige Atoll-Inseln traf - ich glaube, das war der schwerste Hurrican, an den sich die Leute erinnern können - wurden bis auf zwei Häuser, die heute noch stehen, alle Häuser der Insel zerstört. Aber sonst war nichts mehr auf der Insel. 75 Prozent der Kokospalmen lagen abgeknickt auf dem Boden. Unsere Brotfruchtbäume waren alle gebrochen. Noch nie war hier so etwas vorgekommen. Wir haben die alten Aufzeichnungen durchsucht, so etwas gab es in unserer Geschichte noch nicht. Es war auch deshalb besonders schlimm, weil nach unserer Unabhängigkeit auf der Insel Funafalla die neue Hauptstadt liegen sollte. Und jetzt riet uns jeder, die Hauptstadt nicht hierhin zu setzen, weil alle Pflanzen tot waren. Andererseits hatten wir großes Glück, dass der Sturm während der Nacht kam. Wir sind froh, dass nur drei Menschen gestorben sind. Die Kinder spielten nicht und die meisten Menschen schliefen, sonst wären viel mehr Menschen gestorben. Danach hatten wir noch drei weitere Stürme, auf unserem nördlichen Atoll Nanumere. Das Meer fegte regelrecht über die Insel hinweg. Als die See zurückwich, fanden wir die Insel voller Fische. Alles war zerstört.

    Präsident Toepi Lauti vertrat sein Land Tuvalu bei der Welt-Klimakonferenz 1997 in Kyoto. Seine Einschätzung der Ergebnisse erhellt das Dilemma schlagartig:

    Toepi Lauti: Ich war etwas unzufrieden. Die großen Länder sagten: wir warten auf die Jahrhundertwende, dann passiert etwas. Aber die Dinge passieren jetzt. Diese Länder müssen etwas tun für uns, für ein kleines Land wie Tuvalu. Ich versuchte, ihnen unsere Probleme darzustellen. Dann aber schoss mir durch den Kopf, wenn zehntausend Menschen sterben, hat der Rest der Welt damit offenbar keine Probleme, und mir wurde klar, so ist eben die Situation der Menschen von kleinen Ländern der Welt, wie wir eins sind.

    Ob Tuvalu, die Marshall-Islands oder Kiribatti - die Auswirkungen der Klimaveränderungen sind für das gesamte Gebiet der Südseeinseln gleich bedrohlich. Die Ignoranz der großen Tiere kann für die Ameisen auf dem See tödlich sein. Werden die Ameisen weiter duldsam bleiben oder doch ihr Verhalten ändern? Präsident Tebori Tito von Kiribatti:

    Tebori Tito: Das ist möglich. Wir sehen das im wirklichen Leben. Die Ameisen springen raus und zwicken die großen Tiere. Aber wir wollen das nicht machen. Wir sind vorsichtige Leute. Wir glauben nicht daran, dass es Sinn macht, soviel Lärm zu machen oder andere zu beunruhigen. Wir wollen nur in unserer ruhigen Art leben. Aber wir wollen den Menschen sagen, dass wir hier existieren. Sie müssen mit uns rechnen und mit unserer Zukunft.

    Gerade jetzt, in diesen Tagen wird die internationale Klimakonvention weiter in Den Haag verhandelt. Bei der Vorbereitungskonferenz im Frühjahr zog Michael Williams, der Sprecher des UN-Klima-Sekretariats, das von Bonn aus den Klimakongress koordiniert, bereits eine erste Zwischenbilanz für die Zeit seit der letzten Zusammenkunft in Japan vor drei Jahren.

    Michael Williams: Wir hatten sicher in Kyoto eine Menge Fortschritte gemacht, aber es gibt nie genug Fortschritt. Wenn ich im Südpazifik leben würde, wäre ich auch nicht entspannt, denn jeder weiß, Kyoto war nicht die Lösung. Aber wenn man über die Natur des Menschen nachdenkt, und gemessen an allen Problemen der Welt, war es schon erstaunlich, dass sich 180 Regierungen darauf geeinigt haben, ihre Industrien in dieser Größenordnung auf ein Umweltproblem einzustellen. Es kommt immer darauf an, wie man es sieht. Ob das Glas halb voll oder halb leer ist.

    Für die Inselstaaten ist das Glas bereits dabei überzulaufen. Es gibt nur eine vage Hoffnung auf den politischen Willen der Weltgemeinschaft. Die Bevölkerung der Inselstaaten ist klein. Kiribatti hat 70000 Einwohner, und nur 10000 leben in der Republik Tuvalu. Die Zahlen sind bescheiden, vergleicht man sie mit den weltweit rund einhundertfünfzig Millionen zusätzlicher Flüchtlinge, die das Ergebnis der Klimaänderung im Jahre 2050 sein werden. Diese Zahl stammt aus einer wissenschaftlichen Studie der amerikanischen Zeitschrift Bio Science . Andere Studien zeigen auf, dass das Steigen der Ozeane um 90 Zentimeter die Evakuierung von 70 Millionen Chinesen und über 30 Millionen Menschen aus Bangladesh zur Folge haben wird. Ein Drittel des heutigen Bangladesh wird dann überflutet sein. Gerade die sogenannten Dritte-Welt-Länder werden besonders getroffen. Es ist fatal, die Warnzeichen einer weltweiten Klimaveränderung nicht ernst zu nehmen. Die Situation gleicht einem Felsen auf einem Berg, der nur noch gehalten wird von wenigen Kieseln. Es liegt nicht zuletzt an den Industriestaaten, ob dieser Point of no Return überschritten wird oder nicht. Geht es mit dem sogenannten business as usual weiter, wird der Meeresspiegel um 90 Zentimeter steigen. Und das nicht nur im Südpazifik. Auch Emily Koepke, auf Tuvalu, die gerade eine Hochzeit vorbereitet, weiß, dass ihre Landsleute sich Sorgen um die Zukunft machen. Aber sie befürchtet für ihre Kinder, dass es bereits zu spät ist.

    Emily Koepke: Ich denke, es ist jetzt ein großes Thema für die Menschen. Wenn zum Beispiel meine kleinen Kinder aus der Schule kommen. Meine Tochter fragte mich: "Mama ist es wahr, dass die Flut kommen wird, und wir alle schwimmen müssen?" Also selbst die kleinen Kinder fangen an, Angst zu haben. Aber die Regierung kümmert sich um die Problematik. Sie informieren die Menschen über das Radio und ich bin sicher, dass die Regierung verantwortlich handelt.

    Karesh Kali aus Tuvalu spricht sicher für viele seiner Landsleute, die die Hoffnung noch nicht aufgegeben haben:

    Karesh Kali: Gott überflutete die Welt und versprach mit dem Zeichen des Regenbogens, nie mehr die Welt unter Wasser zu setzen. Viele Christen glauben daran, und so steht es im Alten Testament. Immer, wenn ich einen Regenbogen sehe, muss ich daran denken.

    Emily, die Cousine des Präsidenten von Tuvalu, trifft sich mit den Frauen des Dorfes jeden Mittwochabend in der Schule zum Gebet. Dort besprechen sie auch ihre alltäglichen Probleme. Vor allem aber singen sie gemeinsam. Auf der anderen Seite der Welt aber treffen sich die Politiker im holländischen Den Haag zur Klimakonferenz. Ob sie sich im Klaren darüber sind, dass Resolutionen alleine nicht mehr ausreichen?