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Der Klimawandel als Herausforderung für den Wald

Extreme Wetterverhältnisse bereiten den einheimischen Waldbäumen zunehmend Probleme. Einige Forstwissenschaftler schlagen deshalb vor, den deutschen Wald mit Baumarten aufzuforsten, die dem Klimawandel mehr entgegenzusetzen haben als Fichte und Buche. Doch die Idee ist umstritten. An der Universität Göttingen hat man sich drei Jahre lang einen möglichen Kandidaten angeschaut: die Küstentanne aus Nordamerika.

Von Maren Schibilsky |
    Nur mit heimischen Bäumen ist der Wald nicht stabil genug für den Klimawandel. Mit dieser Ansicht steht die Göttinger Forstprofessorin Andrea Polle nicht allein da. Die Unsicherheit wächst, welche Baumarten künftig Sommertrockenheiten und Wetterextreme schadlos überstehen.

    "Sie müssen bedenken, dass nach der letzten Eiszeit der Artenreichtum, der vorher in Europa geherrscht hat, sehr stark zurück gegangen ist. Das, was wir hier haben, ist eigentlich eine rudimentäre Baumflora, die aufgrund der sehr begrenzten genetischen Ressourcen nicht sehr gut für so einen Klimawandel gerüstet ist."

    Deshalb hat Andrea Polle vor drei Jahren ein Forschungsprojekt gestartet. Im Mittelpunkt steht die große amerikanische Küstentanne, eine Baumart, die eigentlich im Westen Nordamerikas zuhause ist. Jetzt soll die Küstentanne unseren Wald für den Klimawandel stabiler machen. Doch es gibt Bedenken gegen solche Experimente. Laszlo Maraz - Sprecher des Bundesarbeitskreises Wald beim BUND.

    "Ich weiß ja nicht, wie die Baumart sich dann hier verhält. Ich weiß, wie sie sich in Amerika verhält. Aber wie sie sich hier verhält und mit den anderen Arten zusammen spielt, weiß man manchmal erst, wenn es zu spät ist, wenn sich Baumarten massiv verbreiten oder auch wenn sie von heimischen Insekten, Pilzen befallen werden."

    In der Vergangenheit hatte man in der Forstwirtschaft viel Lehrgeld zahlen müssen, zum Beispiel bei der Einbürgerung von Douglasie, Robinie oder Traubenkirsche. Diese fremden Baumarten brachten ganze Waldökosysteme durcheinander. Die Douglasie und Traubenkirsche verdrängten heimische Waldpflanzen. Die Robinie reicherte den Boden zusätzlich mit Stickstoff an. Damit nicht erneut Schäden entstehen, haben die Göttinger Forstwissenschaftler die Verträglichkeit der amerikanischen Küstentanne untersucht. Denn sie besitzt gute Eigenschaften für den Klimawandel, erklärt der Göttinger Forstwissenschaftler Peter Harwighorst:

    "Zum Einen haben aufgrund der lang anhaltenden Versuchsflächen, die wir im Rahmen dieses Projektes untersucht haben, gezeigt, dass die Küstentanne sehr trockenresistent ist. Zum Einen in dem trockenen Sommer 2003 wurde das deutlich, dass dort die Küstentannenbestände im Vergleich zu anderen Arten besser mit diesem Trockenstress über längere Dauer zurecht kamen."

    Drei Jahre lang haben Projektleiterin Andrea Polle und ihr Team die Riesentanne erforscht und dabei das Zusammenspiel mit heimischen Baumarten untersucht. Außerdem schauten die Forstwissenschaftler, welchen Einfluss die Küstentanne auf den Waldboden und dort lebende Pflanzen und Tiere hat.

    "Aufgrund unserer Untersuchungen können wir nur für die Küstentanne plädieren. Wir können also nur sagen, dass die Küstentanne sich hervorragend eingebracht hat in das Ökosystem, dass wir bei der Wahl der Herkünfte keine negativen Effekte gesehen haben."

    Besonders mit der Buche lasse sich die Küstentanne gut mischen. Außerdem sei sie nicht so anfällig gegenüber Stürmen, berichtet die Forstwissenschaftlerin. Deshalb hat die nordrhein-westfälische Landesregierung die amerikanische Küstentanne zur Beseitigung von Sturmschäden empfohlen. Projektleiterin Andrea Polle.

    "Uns geht es wirklich darum, Alternativen aufzuzeigen, vernünftige Alternativen. Es kann keineswegs so sein, dass man an jedem Ort nur noch die Küstentanne anbaut. Das wird sich sehr stark nach den standörtlichen Gegebenheiten richten. Da wird man auch für andere Baumarten plädieren müssen. Das können auch Baumarten sein, denken wir auch mal an Ahorn oder ähnlichen Baumarten, die wahrscheinlich eine ähnliche Trockentoleranz haben als gerade die Fichte."

    Auf die richtige Mischung komme es an. Nur so können große Waldschäden in Zukunft vermieden werden. Die große amerikanische Küstentanne könnte ein Baustein sein.