"Eine Börse ist nicht ein beliebiges Unternehmen. Und dementsprechend müssen wir prüfen, ob die Voraussetzungen nach dem Börsengesetz erfüllt sind. Da haben wir nach dem jetzigen Stand Bedenken, ob eine Weiterentwicklung, eine Fortentwicklung gewährleistet ist."
Hessens Wirtschaftsminister Dieter Posch bleibt skeptisch. Auch auf seiner gestrigen Pressekonferenz ließ er erkennen, dass er die Vorteile für den Finanzplatz Frankfurt nicht sieht, die eine Fusion der Deutschen Börse mit der New Yorker Börse, der New York Stock Exchange, dem Finanzplatz Frankfurt bringen würde.
Der hessische Wirtschaftsminister ist auch für die Börsenaufsicht am Wertpapierhandelsplatz Frankfurt zuständig. In dieser Funktion kann er das Vorhaben untersagen, gegen sein Votum ist kein Einspruch mehr möglich. Doch Dieter Posch wird wohl nicht den Buhmann spielen müssen, der die Fusion untersagt. Diese Rolle wird wahrscheinlich Joaquín Almunia übernehmen, der Wettbewerbskommissar der Europäischen Union. Auf dessen Urteil wartet auch der hessische Minister:
"Die kartellrechtliche Überlegung hat zum Inhalt: Entsteht hier ein marktbeherrschendes Unternehmen? Welche Auswirkung hat das auf andere Börsen? Und da warten wir die Entscheidung der europäischen Kartellbehörde ab."
Die EU-Kommission wird sich morgen mit dem Thema befassen. Und in den letzten Tagen haben sich die Anzeichen dafür verdichtet, dass Almunia wohl die meisten seiner 26 Kollegen in der EU-Kommission überzeugt hat, die Fusion abzulehnen - aus wettbewerbsrechtlichen Gründen.
Almunias Begründung: Das fusionierte Unternehmen werde in Europa eine Monopolstellung im Handel mit Optionen und anderen Derivate-Papieren haben. Denn die zur Deutschen Börse gehörende Tochtergesellschaft Eurex und auch die Londoner Liffe, die zur New Yorker Börse NYSE gehört, decken zusammen mehr als 90 Prozent des europäischen Marktes ab.
Nachvollziehen können die Partner in New York und Frankfurt diese Bedenken nicht, weil die EU-Kommission ihrer Meinung nach zwar auf die marktbeherrschende Stellung im börslichen Derivatehandel in Europa verweist, aber den riesigen außerbörslichen Markt außer Acht lässt. Auf dem handeln Marktteilnehmer wie Banken direkt miteinander. Das ist für sie oft attraktiver, weil über die Börse nur standardisierte Produkte gehandelt werden, die Regeln unterliegen und die streng beaufsichtigt werden. Außerdem sparen sie dabei die Börsengebühren.
Wenn man diesen Markt also mit einbezöge – und das weltweit –, dann läge der Anteil von Frankfurt und New York am börslichen und außerbörslichen Handel bei nur vier Prozent, argumentieren Vertreter der beiden Handelsplätze. Diese Begründung der Wettbewerbshüter sei zu kurz gedacht, sagt auch Roy Smith, Professor für internationale Finanzen an der New York University. Auch beim Börsenhandel sei der Anteil der beiden Finanzplätze weltweit betrachtet viel kleiner:
"Wenn man nur den Europäischen Markt anschaut, dann läge der Anteil bei 95 Prozent, und das wäre hochgradig monopolistisch. Wenn man Chicago, New York, die Börsen in Japan und China hinzunimmt, dann schrumpft der Marktanteil auf zehn bis 15 Prozent zusammen."
Sollte der Zusammenschluss tatsächlich platzen, erwägen die Deutsche und die New Yorker Börse juristische Schritte vor dem Europäischen Gerichtshof. Zunächst aber werde die New York Stock Exchange versuchen zu verhandeln, meint Smith.
"We wily Americans don’t take 'No' for an answer sometimes. If we don’t get what we wanted entirely than maybe there is something we could get."
Wir Amerikaner lassen ein "Nein" nur ungern zu, sagt Smith. Falls wir nicht alles bekommen, was wir haben wollten, vielleicht bekommen wir dann wenigstens einen Teil davon.
Vielleicht könne man versuchen, Teile des Derivate-Handels oder des Abwicklungsgeschäftes auszugliedern, meint der Professor. Die Forderung der EU-Kommission sieht in der Tat vor, entweder die Eurex oder die Liffe zu verkaufen, damit es zur Fusion kommen kann. Dieser Preis sei zu hoch, dann sei der Zusammenschluss betriebswirtschaftlich nicht mehr sinnvoll, heißt es von den beiden Finanzplätzen. Und auch Roy Smith bezweifelt, dass sich das Geschäft dann noch lohnt:
"Das ist dann wie bei einer Dinnerparty, wenn Sie wissen, Sie dürfen kein Fleisch anbieten. Trifft man sich dann trotzdem zum Essen, wenn es nur Gemüsebeilagen gibt, oder sagt man das Treffen ab?"
Und so stellen sich die Mitarbeiter der beiden Börsenplätze offenkundig schon auf ein Scheitern ihrer Pläne ein. Das wurde in der vergangenen Woche deutlich, als Manfred Gentz, der Aufsichtsratsvorsitzende der Deutschen Börse, den Neujahrsempfang des Unternehmens eröffnete:
"Es ist für uns schwer nachzuvollziehen, dass die zuständige Generaldirektion für Wettbewerb in der Europäischen Kommission die globale Dimension des schon bestehenden und rasant weiter wachsenden und sich entwickelnden Wettbewerbs auch auf dem Börsensektor zu negieren scheint."
Dabei hatte die Geschichte vor knapp einem Jahr so hoffnungsvoll begonnen. Am 15. Februar trat der Deutsche-Börse-Chef Reto Francioni in Frankfurt vor die Presse, zugeschaltet aus New York war Duncan Niederauer, der Chef der New Yorker Börse.
"We could not be more excited to be joining you today for this historic announcement."
Er sei sehr aufgeregt, dieses historische Ereignis mit ankündigen zu dürfen, sagte Niederauer. Und auch Francioni, der als Aufsichtsratschef für das neue Gebilde auserkoren ist, gab sich wegen des "Quantensprungs" enthusiastisch:
"This is a win-win-situation for both companies and for both locations."
Die neue Börse werde ein Gewinn für beide Unternehmen und beide Standorte sein. Neben den Börsenplätzen an der Wall Street in New York und in Frankfurt hätten zu der Superbörse auch die Handelsplätze in Paris, Amsterdam, Brüssel und Lissabon gehört, die frühere Euronext also. Die hatten die New Yorker im Frühjahr 2007 übernommen. Die Deutsche Börse sollte an dem neuen Unternehmen einen Anteil von 60 Prozent, New York einen von 40 Prozent halten. Geplant war, den Aktienhandel aus New York heraus zu führen, die Terminbörse, also Transaktionen, die erst zu einem gewissen Zeitpunkt in der Zukunft abgewickelt werden, aus Frankfurt – oder vielmehr aus Eschborn. Denn die Deutsche Börse hatte ja Frankfurt schon vor Jahren den Rücken gekehrt und ihren Verwaltungssitz aus Steuergründen in die kleine Nachbargemeinde Eschborn verlegt.
Die Aktionäre beider Partner stimmten im Sommer mit großer Mehrheit für den Zusammenschluss.
Während die Wettbewerbshüter recht schnell ein kritisches Auge auf den neuen Börsenriesen warfen, bleibt die Konkurrenz bis heute gelassen. Der Finanzplatz London wäre bei einer Fusion der Börsen in Frankfurt und New York kaum in Gefahr; auch wenn die Börse, der Stock Exchange selbst einen ernst zu nehmenden Wettbewerber bekäme, glaubt David Marsh, Publizist und Investmentbanker.
"Das würde für den Aktienmarkt London doch eine hohe Konkurrenz darstellen. Man sagt, Konkurrenz belebt das Wirtschaftsleben, man lebt von der Konkurrenz, und ich finde, das wäre möglicherweise auch ein nützlicher Ansporn für die weitere Entwicklung nicht nur des Aktienmarktes, sondern der City schlechthin."
Die City of London – das Synonym für den wichtigsten Finanzplatz der Welt. Die britische Hauptstadt behauptet seit Jahrzehnten die Spitze im Index der globalen Finanzzentren. Mit dem Index bewerten die Finanzakteure selbst die Wettbewerbsfähigkeit der Standorte. Zwar schrumpft der Abstand beständig, aber noch gilt London als Nummer 1 – vor New York und Hongkong. Frankfurt als Finanzplatz befindet sich auf Platz 16. Was hat London diesen Vorrang verschafft? Michael Maisch berichtet als Wirtschaftsredakteur für das Handelsblatt seit Jahren aus London:
"Die Tradition. Es ist schon sehr, sehr lange der größte Finanzplatz in Europa. Ein weiterer wichtiger Grund, vielleicht heute der zentrale, ist die geografische Lage. Liegt genau zwischen den Zeitzonen Asien – USA. Man kann morgens mit Asien handeln, nachmittags mit der Wall Street. Das ist ideal."
Justin Stewart, Direktor bei Seven Investments Management, weist darauf hin, dass zu einem erfolgreichen Finanzplatz nämlich weit mehr als Banken und Börse gehören:
"London dominiert, und der Grund dafür ist nicht nur, dass es die Börse hat, sondern auch all die anderen wichtigen Elemente, etwa eine sehr große, globale Versicherungsbranche, den gewaltigen Bankenbetrieb, das Investmentgeschäft, Buchhaltung, Rechnungswesen, den Rechtsbereich; und man braucht all diese Elemente zusammen. Wenn man dann noch das Glück hat, über die Sprache zu verfügen, die auf der Welt am meisten gesprochen wird, dann bist du eben der Glückliche."
Mehr als 700.000 Menschen arbeiten in der Londoner Finanzindustrie und erwirtschaften mehr als ein Zehntel des britischen Sozialprodukts. Nach den letzten verfügbaren Statistiken sind mehr als 3.000 Finanzunternehmen in diesem Gravitationszentrum tätig, darunter fast 250 ausländische Banken und natürlich die London Stock Exchange, die Börse, die vor über 300 Jahren die Entwicklung des Finanzplatzes London einläutete. Aber wie wichtig ist sie heute noch für den Finanzplatz?
"Nicht so bedeutend, wie sie einmal war. Aber sie ist immer noch wichtig. Weil der erste Zweck einer Börse ist es, Geld zu beschaffen, nicht mehr so sehr für einheimische Unternehmen. Der FTSE 100-Index macht seinen größten Umsatz mit Übersee-Unternehmen, nicht solchen aus dem UK."
In London reagieren Investoren wie Louis van Pletsen deshalb gelassen auf die mögliche Börsenkonkurrenz aus Frankfurt und New York.
"Gewiss würde dies Folgen haben für die Londoner Börse, wenn Frankfurt das Zentrum des europäischen Handels würde und versucht, die Rolle, die derzeit London spielt, zu übernehmen, indem es Geschäfte mit New York wegschnappt. Aber ich halte es für unwahrscheinlich, dass London seine starke Position einbüßt. Kann Frankfurt das globale internationale Investorenuniversum, also Investoren, Forschungscommunity, Banken, Versicherungen, Pensionsfonds gewinnen, dort und in Euro zu investieren? Es wird meiner Meinung nach eine ganze Weile dauern und Überzeugungsarbeit brauchen, bis es so weit kommt."
Soweit wird es aber wahrscheinlich ohnehin nicht kommen, wenn die EU-Kommission das Vorhaben aus Wettbewerbsgründen untersagt. Auch wenn Beobachter wie Fred Irwin, der Präsident der Amerikanischen Handelskammer, die EU-Kommission nicht verstehen können – denn das US-amerikanische Gegenstück, die amerikanische Börsenaufsicht SEC, hat längst grünes Licht gegeben:
"Die SEC, Securities and Exchange Commission, hat diesen Merger genehmigt. Und die sind viel strenger als die EU. Anscheinend haben die einen anderen Input als die SEC."
Dabei hatte es auf dem Parkett der New Yorker Börse doch erst einmal am amerikanischen Stolz gekratzt, als es vor etwa einem Jahr hieß: Die New York Stock Exchange plant eine Fusion mit der Deutschen Börse.
"You know it is another American icon that was taken over by a German company and at first, you know, it stinks a little bit, it is a symbolism of American capitalism, but I think as time goes on."
Die Wall Street, die Ikone des amerikanischen Kapitalismus, bald in deutscher Hand?! - erinnert dieser Händler, da mussten wir erstmal schlucken. Aber die Zeiten verändern sich eben.
Durch den immer weiter zunehmenden außerbörslichen Handel haben die weltweiten Aktienbörsen in den vergangenen Jahrzehnten deutlich an Bedeutung verloren. Auf dem Parkett weiß man sehr wohl: Im lukrativen Geschäft mit Derivaten würde die Wall Street durch einen Zusammenschluss ihre internationale Stellung deutlich verbessern.
Seit der jüngsten Finanz- und Schuldenkrise ist jedoch die Angst vor zu starken globalen Verknüpfungen gewachsen. Trotzdem muss sich die Branche umstrukturieren, um gegen den außerbörslichen Handel wettbewerbsfähig zu bleiben, sagen die Befürworter. Denn der sei erst recht schwer zu kontrollieren.
Dass auch die New York Stock Exchange den Zusammenschluss nicht um jeden Preis will, ist klar. Es war von Anfang an eine Vernunftheirat, heißt es auf dem Parkett. Sollte es dazu nicht kommen, gäbe es durchaus kleinere Alternativen. Duncan Niederauer, der Chef der New Yorker Wall Street in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Bloomberg:
"Die anderen Erweiterungsmöglichkeiten da draußen, die sich viele anschauen, ist die Londoner Metall-Börse oder auch das Clearinghouse LCH Clearnet. Zusammenschlüsse mit solchen Häusern wird es in den nächsten ein, zwei Jahren häufiger geben."
Professor Roy Smith schließt nicht aus, dass die New Yorker Börse ebenso gut noch einige Jahre so weitermachen könnte wie bisher. Und wenn sich im Zuge zukünftiger Finanzregulierungen die Marktbedingungen ändern und Banken außerbörslich nicht mehr in dem Umfang handeln dürfen, wie sie es bisher getan haben, werden die Karten ohnehin neu gemischt.
"Wenn die geplanten Finanzregulierungen in den USA den Derivate-Handel nur noch über Clearinghäuser oder Börsen erlauben, wird dieses Geschäftsfeld auf einmal wieder sehr lohnend für die Wertpapierbörsen."
Wenn die Fusion scheitert, muss sich aber auch die Deutsche Börse neu ausrichten – nach einer gewissen Schonfrist, meint Philipp Häßler, Analyst der equinet-Bank:
"Kurzfristig wird die Deutsche Börse ihre Wunden lecken. Sie wird sich auf Strategie konzentrieren, wie geht’s alleine weiter. Mittelfristig mit Sicherheit Thema – da ist noch nicht das letzte Wort gesprochen, was die Konsolidierung im Sektor angeht."
So hatte auch Deutsche-Börse-Chef Reto Francioni in der vergangenen Woche erstmals wieder die Stärke seines Unternehmens betont:
"Unsere Geschäftsentwicklung im vergangenen Jahr beweist, dass Wachstum innerhalb unseres Modells auch auf organische Weise möglich ist. Deshalb blicken wir in das Jahr 2012 mit Optimismus."
Doch auch wenn die Deutsche Börse eine starke Stellung etwa in der Wertpapierabwicklung, dem so genannten Clearing, hat, wird sie auf längere Sicht nicht ohne weitere Internationalisierung vorankommen. Schon jetzt arbeitet sie mit zahlreichen europäischen, aber auch außereuropäischen Handelsplätzen zusammen. Auch in der Aktionärsstruktur zeigt sich seit Jahren die Internationalisierung: Nur 18 Prozent der Aktionäre kamen im Jahr 2010 aus Deutschland, die Hälfte aus Großbritannien und den USA, ein großer Teil auch aus Asien. Die Börse sei eben längst kein wirklich deutsches Unternehmen mehr, meint die Betriebsratsvorsitzende Irmtraud Busch:
"Es gibt ja bereits Verbindungen in Europa und darüber hinaus, die Börse ist längst international tätig und in diese Richtung aufgestellt. Und in dieser Richtung muss der Vorstand sicherlich weiterarbeiten, um zu schauen, gibt es weitere Kooperationspartner? Oder wir haben vor ein paar Tagen auch in der Presse gelesen, dass Herr Francioni gesagt haben soll, dann muss er sich nach einem anderen Fusionspartner umschauen."
Klar ist: Mit der Verschiebung der wirtschaftlichen Gewichte in der Welt ändert sich auch die Börsenwelt. Deshalb warnt Börsenchef Francioni:
"Die so genannten aufstrebenden Wachstumsmärkte sind nicht mehr nur 'aufstrebend'. Sie sind den etablierten Industrie- und Finanznationen in Europa und den USA heute schon in vielen Bereichen ebenbürtig bis überlegen. Es ist eine Frage der kurzen Zeit, bis die führenden asiatischen und lateinamerikanischen Börsenorganisationen nicht nur eine regionale, sondern eine globale Ambition haben werden."
Dann müssen sich die Europäischen Börsen auch auf Übernahmeversuche einstellen. Denn schon jetzt sind sie - gemessen rein an dem Wert, den sie selbst als Unternehmen an der Börse haben - eher klein. Einzig die Deutsche Börse in Frankfurt ist in dieser Beziehung noch ein Schwergewicht und hängt dabei sogar London ab. Wenn auch die Briten beim Handelsvolumen oder der Zahl der gelisteten Unternehmen noch weit vor der Deutschen Börse liegen und der Finanzplatz der größte der Welt ist. Deshalb sieht auch Fred Irwin, der Präsident der Amerikanischen Handelskammer, die wahrscheinliche Absage der transkontinentalen Fusion als Schritt in die falsche Richtung:
"Wenn die Entscheidung gegen die Fusion fällt, dann ist das ein Vorteil für Asien und ein eindeutiger Nachteil für New York und Europa."
Die Deutsche Börse muss sich also wieder an die Arbeit machen. Sie hat nicht nur viel Geld, sondern auch ein Jahr in die fast sicher geglaubte Fusion investiert. Dass sie weiter weltweit eine führende Rolle spielen kann, das erwarten Experten aber schon. So meint Analyst Philipp Häßler von der equinet-Bank:
"Meiner Meinung nach wird die Deutsche Börse nach dem gescheitertem Versuch nicht als Übernahmekandidat dastehen, weil sie einfach zu groß ist und es nur wenige Player gibt, die dazu in der Lage wären. Die Strategie der Börse wird sein, nach einer gewissen Schonfrist nach neuen Zielen, nach neuen Übernahmekandidaten zu schauen. Da ist dann die Frage, wie weit da die strategische Logik überzeugend ist."
Für die Mitarbeiter der Deutschen Börse wird es deshalb wohl nur ein kurzes Aufatmen geben. Irmtraud Busch, die Vorsitzende des Betriebsrates, jedenfalls möchte vor allem Klarheit:
"Ich bin dann froh, wenn endlich eine Entscheidung getroffen worden ist von der EU-Kommission. Denn es ist ja im Moment wirklich so eine Hängepartie. Jeder hat in der Presse gelesen, am 1. Februar soll eine Sitzung der EU-Kommissare stattfinden. Und die werden dann ja entscheiden. Und im Moment ist ja der Arbeitgeber auch dabei, dort noch Lobbyarbeit zu leisten, um den andern EU-Kommissaren noch mal die Vorteile der Fusion darzustellen. Und wir sind sehr gespannt, was aus dieser Konferenz der Kommissare dann letztlich herauskommt."
Hessens Wirtschaftsminister Dieter Posch bleibt skeptisch. Auch auf seiner gestrigen Pressekonferenz ließ er erkennen, dass er die Vorteile für den Finanzplatz Frankfurt nicht sieht, die eine Fusion der Deutschen Börse mit der New Yorker Börse, der New York Stock Exchange, dem Finanzplatz Frankfurt bringen würde.
Der hessische Wirtschaftsminister ist auch für die Börsenaufsicht am Wertpapierhandelsplatz Frankfurt zuständig. In dieser Funktion kann er das Vorhaben untersagen, gegen sein Votum ist kein Einspruch mehr möglich. Doch Dieter Posch wird wohl nicht den Buhmann spielen müssen, der die Fusion untersagt. Diese Rolle wird wahrscheinlich Joaquín Almunia übernehmen, der Wettbewerbskommissar der Europäischen Union. Auf dessen Urteil wartet auch der hessische Minister:
"Die kartellrechtliche Überlegung hat zum Inhalt: Entsteht hier ein marktbeherrschendes Unternehmen? Welche Auswirkung hat das auf andere Börsen? Und da warten wir die Entscheidung der europäischen Kartellbehörde ab."
Die EU-Kommission wird sich morgen mit dem Thema befassen. Und in den letzten Tagen haben sich die Anzeichen dafür verdichtet, dass Almunia wohl die meisten seiner 26 Kollegen in der EU-Kommission überzeugt hat, die Fusion abzulehnen - aus wettbewerbsrechtlichen Gründen.
Almunias Begründung: Das fusionierte Unternehmen werde in Europa eine Monopolstellung im Handel mit Optionen und anderen Derivate-Papieren haben. Denn die zur Deutschen Börse gehörende Tochtergesellschaft Eurex und auch die Londoner Liffe, die zur New Yorker Börse NYSE gehört, decken zusammen mehr als 90 Prozent des europäischen Marktes ab.
Nachvollziehen können die Partner in New York und Frankfurt diese Bedenken nicht, weil die EU-Kommission ihrer Meinung nach zwar auf die marktbeherrschende Stellung im börslichen Derivatehandel in Europa verweist, aber den riesigen außerbörslichen Markt außer Acht lässt. Auf dem handeln Marktteilnehmer wie Banken direkt miteinander. Das ist für sie oft attraktiver, weil über die Börse nur standardisierte Produkte gehandelt werden, die Regeln unterliegen und die streng beaufsichtigt werden. Außerdem sparen sie dabei die Börsengebühren.
Wenn man diesen Markt also mit einbezöge – und das weltweit –, dann läge der Anteil von Frankfurt und New York am börslichen und außerbörslichen Handel bei nur vier Prozent, argumentieren Vertreter der beiden Handelsplätze. Diese Begründung der Wettbewerbshüter sei zu kurz gedacht, sagt auch Roy Smith, Professor für internationale Finanzen an der New York University. Auch beim Börsenhandel sei der Anteil der beiden Finanzplätze weltweit betrachtet viel kleiner:
"Wenn man nur den Europäischen Markt anschaut, dann läge der Anteil bei 95 Prozent, und das wäre hochgradig monopolistisch. Wenn man Chicago, New York, die Börsen in Japan und China hinzunimmt, dann schrumpft der Marktanteil auf zehn bis 15 Prozent zusammen."
Sollte der Zusammenschluss tatsächlich platzen, erwägen die Deutsche und die New Yorker Börse juristische Schritte vor dem Europäischen Gerichtshof. Zunächst aber werde die New York Stock Exchange versuchen zu verhandeln, meint Smith.
"We wily Americans don’t take 'No' for an answer sometimes. If we don’t get what we wanted entirely than maybe there is something we could get."
Wir Amerikaner lassen ein "Nein" nur ungern zu, sagt Smith. Falls wir nicht alles bekommen, was wir haben wollten, vielleicht bekommen wir dann wenigstens einen Teil davon.
Vielleicht könne man versuchen, Teile des Derivate-Handels oder des Abwicklungsgeschäftes auszugliedern, meint der Professor. Die Forderung der EU-Kommission sieht in der Tat vor, entweder die Eurex oder die Liffe zu verkaufen, damit es zur Fusion kommen kann. Dieser Preis sei zu hoch, dann sei der Zusammenschluss betriebswirtschaftlich nicht mehr sinnvoll, heißt es von den beiden Finanzplätzen. Und auch Roy Smith bezweifelt, dass sich das Geschäft dann noch lohnt:
"Das ist dann wie bei einer Dinnerparty, wenn Sie wissen, Sie dürfen kein Fleisch anbieten. Trifft man sich dann trotzdem zum Essen, wenn es nur Gemüsebeilagen gibt, oder sagt man das Treffen ab?"
Und so stellen sich die Mitarbeiter der beiden Börsenplätze offenkundig schon auf ein Scheitern ihrer Pläne ein. Das wurde in der vergangenen Woche deutlich, als Manfred Gentz, der Aufsichtsratsvorsitzende der Deutschen Börse, den Neujahrsempfang des Unternehmens eröffnete:
"Es ist für uns schwer nachzuvollziehen, dass die zuständige Generaldirektion für Wettbewerb in der Europäischen Kommission die globale Dimension des schon bestehenden und rasant weiter wachsenden und sich entwickelnden Wettbewerbs auch auf dem Börsensektor zu negieren scheint."
Dabei hatte die Geschichte vor knapp einem Jahr so hoffnungsvoll begonnen. Am 15. Februar trat der Deutsche-Börse-Chef Reto Francioni in Frankfurt vor die Presse, zugeschaltet aus New York war Duncan Niederauer, der Chef der New Yorker Börse.
"We could not be more excited to be joining you today for this historic announcement."
Er sei sehr aufgeregt, dieses historische Ereignis mit ankündigen zu dürfen, sagte Niederauer. Und auch Francioni, der als Aufsichtsratschef für das neue Gebilde auserkoren ist, gab sich wegen des "Quantensprungs" enthusiastisch:
"This is a win-win-situation for both companies and for both locations."
Die neue Börse werde ein Gewinn für beide Unternehmen und beide Standorte sein. Neben den Börsenplätzen an der Wall Street in New York und in Frankfurt hätten zu der Superbörse auch die Handelsplätze in Paris, Amsterdam, Brüssel und Lissabon gehört, die frühere Euronext also. Die hatten die New Yorker im Frühjahr 2007 übernommen. Die Deutsche Börse sollte an dem neuen Unternehmen einen Anteil von 60 Prozent, New York einen von 40 Prozent halten. Geplant war, den Aktienhandel aus New York heraus zu führen, die Terminbörse, also Transaktionen, die erst zu einem gewissen Zeitpunkt in der Zukunft abgewickelt werden, aus Frankfurt – oder vielmehr aus Eschborn. Denn die Deutsche Börse hatte ja Frankfurt schon vor Jahren den Rücken gekehrt und ihren Verwaltungssitz aus Steuergründen in die kleine Nachbargemeinde Eschborn verlegt.
Die Aktionäre beider Partner stimmten im Sommer mit großer Mehrheit für den Zusammenschluss.
Während die Wettbewerbshüter recht schnell ein kritisches Auge auf den neuen Börsenriesen warfen, bleibt die Konkurrenz bis heute gelassen. Der Finanzplatz London wäre bei einer Fusion der Börsen in Frankfurt und New York kaum in Gefahr; auch wenn die Börse, der Stock Exchange selbst einen ernst zu nehmenden Wettbewerber bekäme, glaubt David Marsh, Publizist und Investmentbanker.
"Das würde für den Aktienmarkt London doch eine hohe Konkurrenz darstellen. Man sagt, Konkurrenz belebt das Wirtschaftsleben, man lebt von der Konkurrenz, und ich finde, das wäre möglicherweise auch ein nützlicher Ansporn für die weitere Entwicklung nicht nur des Aktienmarktes, sondern der City schlechthin."
Die City of London – das Synonym für den wichtigsten Finanzplatz der Welt. Die britische Hauptstadt behauptet seit Jahrzehnten die Spitze im Index der globalen Finanzzentren. Mit dem Index bewerten die Finanzakteure selbst die Wettbewerbsfähigkeit der Standorte. Zwar schrumpft der Abstand beständig, aber noch gilt London als Nummer 1 – vor New York und Hongkong. Frankfurt als Finanzplatz befindet sich auf Platz 16. Was hat London diesen Vorrang verschafft? Michael Maisch berichtet als Wirtschaftsredakteur für das Handelsblatt seit Jahren aus London:
"Die Tradition. Es ist schon sehr, sehr lange der größte Finanzplatz in Europa. Ein weiterer wichtiger Grund, vielleicht heute der zentrale, ist die geografische Lage. Liegt genau zwischen den Zeitzonen Asien – USA. Man kann morgens mit Asien handeln, nachmittags mit der Wall Street. Das ist ideal."
Justin Stewart, Direktor bei Seven Investments Management, weist darauf hin, dass zu einem erfolgreichen Finanzplatz nämlich weit mehr als Banken und Börse gehören:
"London dominiert, und der Grund dafür ist nicht nur, dass es die Börse hat, sondern auch all die anderen wichtigen Elemente, etwa eine sehr große, globale Versicherungsbranche, den gewaltigen Bankenbetrieb, das Investmentgeschäft, Buchhaltung, Rechnungswesen, den Rechtsbereich; und man braucht all diese Elemente zusammen. Wenn man dann noch das Glück hat, über die Sprache zu verfügen, die auf der Welt am meisten gesprochen wird, dann bist du eben der Glückliche."
Mehr als 700.000 Menschen arbeiten in der Londoner Finanzindustrie und erwirtschaften mehr als ein Zehntel des britischen Sozialprodukts. Nach den letzten verfügbaren Statistiken sind mehr als 3.000 Finanzunternehmen in diesem Gravitationszentrum tätig, darunter fast 250 ausländische Banken und natürlich die London Stock Exchange, die Börse, die vor über 300 Jahren die Entwicklung des Finanzplatzes London einläutete. Aber wie wichtig ist sie heute noch für den Finanzplatz?
"Nicht so bedeutend, wie sie einmal war. Aber sie ist immer noch wichtig. Weil der erste Zweck einer Börse ist es, Geld zu beschaffen, nicht mehr so sehr für einheimische Unternehmen. Der FTSE 100-Index macht seinen größten Umsatz mit Übersee-Unternehmen, nicht solchen aus dem UK."
In London reagieren Investoren wie Louis van Pletsen deshalb gelassen auf die mögliche Börsenkonkurrenz aus Frankfurt und New York.
"Gewiss würde dies Folgen haben für die Londoner Börse, wenn Frankfurt das Zentrum des europäischen Handels würde und versucht, die Rolle, die derzeit London spielt, zu übernehmen, indem es Geschäfte mit New York wegschnappt. Aber ich halte es für unwahrscheinlich, dass London seine starke Position einbüßt. Kann Frankfurt das globale internationale Investorenuniversum, also Investoren, Forschungscommunity, Banken, Versicherungen, Pensionsfonds gewinnen, dort und in Euro zu investieren? Es wird meiner Meinung nach eine ganze Weile dauern und Überzeugungsarbeit brauchen, bis es so weit kommt."
Soweit wird es aber wahrscheinlich ohnehin nicht kommen, wenn die EU-Kommission das Vorhaben aus Wettbewerbsgründen untersagt. Auch wenn Beobachter wie Fred Irwin, der Präsident der Amerikanischen Handelskammer, die EU-Kommission nicht verstehen können – denn das US-amerikanische Gegenstück, die amerikanische Börsenaufsicht SEC, hat längst grünes Licht gegeben:
"Die SEC, Securities and Exchange Commission, hat diesen Merger genehmigt. Und die sind viel strenger als die EU. Anscheinend haben die einen anderen Input als die SEC."
Dabei hatte es auf dem Parkett der New Yorker Börse doch erst einmal am amerikanischen Stolz gekratzt, als es vor etwa einem Jahr hieß: Die New York Stock Exchange plant eine Fusion mit der Deutschen Börse.
"You know it is another American icon that was taken over by a German company and at first, you know, it stinks a little bit, it is a symbolism of American capitalism, but I think as time goes on."
Die Wall Street, die Ikone des amerikanischen Kapitalismus, bald in deutscher Hand?! - erinnert dieser Händler, da mussten wir erstmal schlucken. Aber die Zeiten verändern sich eben.
Durch den immer weiter zunehmenden außerbörslichen Handel haben die weltweiten Aktienbörsen in den vergangenen Jahrzehnten deutlich an Bedeutung verloren. Auf dem Parkett weiß man sehr wohl: Im lukrativen Geschäft mit Derivaten würde die Wall Street durch einen Zusammenschluss ihre internationale Stellung deutlich verbessern.
Seit der jüngsten Finanz- und Schuldenkrise ist jedoch die Angst vor zu starken globalen Verknüpfungen gewachsen. Trotzdem muss sich die Branche umstrukturieren, um gegen den außerbörslichen Handel wettbewerbsfähig zu bleiben, sagen die Befürworter. Denn der sei erst recht schwer zu kontrollieren.
Dass auch die New York Stock Exchange den Zusammenschluss nicht um jeden Preis will, ist klar. Es war von Anfang an eine Vernunftheirat, heißt es auf dem Parkett. Sollte es dazu nicht kommen, gäbe es durchaus kleinere Alternativen. Duncan Niederauer, der Chef der New Yorker Wall Street in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Bloomberg:
"Die anderen Erweiterungsmöglichkeiten da draußen, die sich viele anschauen, ist die Londoner Metall-Börse oder auch das Clearinghouse LCH Clearnet. Zusammenschlüsse mit solchen Häusern wird es in den nächsten ein, zwei Jahren häufiger geben."
Professor Roy Smith schließt nicht aus, dass die New Yorker Börse ebenso gut noch einige Jahre so weitermachen könnte wie bisher. Und wenn sich im Zuge zukünftiger Finanzregulierungen die Marktbedingungen ändern und Banken außerbörslich nicht mehr in dem Umfang handeln dürfen, wie sie es bisher getan haben, werden die Karten ohnehin neu gemischt.
"Wenn die geplanten Finanzregulierungen in den USA den Derivate-Handel nur noch über Clearinghäuser oder Börsen erlauben, wird dieses Geschäftsfeld auf einmal wieder sehr lohnend für die Wertpapierbörsen."
Wenn die Fusion scheitert, muss sich aber auch die Deutsche Börse neu ausrichten – nach einer gewissen Schonfrist, meint Philipp Häßler, Analyst der equinet-Bank:
"Kurzfristig wird die Deutsche Börse ihre Wunden lecken. Sie wird sich auf Strategie konzentrieren, wie geht’s alleine weiter. Mittelfristig mit Sicherheit Thema – da ist noch nicht das letzte Wort gesprochen, was die Konsolidierung im Sektor angeht."
So hatte auch Deutsche-Börse-Chef Reto Francioni in der vergangenen Woche erstmals wieder die Stärke seines Unternehmens betont:
"Unsere Geschäftsentwicklung im vergangenen Jahr beweist, dass Wachstum innerhalb unseres Modells auch auf organische Weise möglich ist. Deshalb blicken wir in das Jahr 2012 mit Optimismus."
Doch auch wenn die Deutsche Börse eine starke Stellung etwa in der Wertpapierabwicklung, dem so genannten Clearing, hat, wird sie auf längere Sicht nicht ohne weitere Internationalisierung vorankommen. Schon jetzt arbeitet sie mit zahlreichen europäischen, aber auch außereuropäischen Handelsplätzen zusammen. Auch in der Aktionärsstruktur zeigt sich seit Jahren die Internationalisierung: Nur 18 Prozent der Aktionäre kamen im Jahr 2010 aus Deutschland, die Hälfte aus Großbritannien und den USA, ein großer Teil auch aus Asien. Die Börse sei eben längst kein wirklich deutsches Unternehmen mehr, meint die Betriebsratsvorsitzende Irmtraud Busch:
"Es gibt ja bereits Verbindungen in Europa und darüber hinaus, die Börse ist längst international tätig und in diese Richtung aufgestellt. Und in dieser Richtung muss der Vorstand sicherlich weiterarbeiten, um zu schauen, gibt es weitere Kooperationspartner? Oder wir haben vor ein paar Tagen auch in der Presse gelesen, dass Herr Francioni gesagt haben soll, dann muss er sich nach einem anderen Fusionspartner umschauen."
Klar ist: Mit der Verschiebung der wirtschaftlichen Gewichte in der Welt ändert sich auch die Börsenwelt. Deshalb warnt Börsenchef Francioni:
"Die so genannten aufstrebenden Wachstumsmärkte sind nicht mehr nur 'aufstrebend'. Sie sind den etablierten Industrie- und Finanznationen in Europa und den USA heute schon in vielen Bereichen ebenbürtig bis überlegen. Es ist eine Frage der kurzen Zeit, bis die führenden asiatischen und lateinamerikanischen Börsenorganisationen nicht nur eine regionale, sondern eine globale Ambition haben werden."
Dann müssen sich die Europäischen Börsen auch auf Übernahmeversuche einstellen. Denn schon jetzt sind sie - gemessen rein an dem Wert, den sie selbst als Unternehmen an der Börse haben - eher klein. Einzig die Deutsche Börse in Frankfurt ist in dieser Beziehung noch ein Schwergewicht und hängt dabei sogar London ab. Wenn auch die Briten beim Handelsvolumen oder der Zahl der gelisteten Unternehmen noch weit vor der Deutschen Börse liegen und der Finanzplatz der größte der Welt ist. Deshalb sieht auch Fred Irwin, der Präsident der Amerikanischen Handelskammer, die wahrscheinliche Absage der transkontinentalen Fusion als Schritt in die falsche Richtung:
"Wenn die Entscheidung gegen die Fusion fällt, dann ist das ein Vorteil für Asien und ein eindeutiger Nachteil für New York und Europa."
Die Deutsche Börse muss sich also wieder an die Arbeit machen. Sie hat nicht nur viel Geld, sondern auch ein Jahr in die fast sicher geglaubte Fusion investiert. Dass sie weiter weltweit eine führende Rolle spielen kann, das erwarten Experten aber schon. So meint Analyst Philipp Häßler von der equinet-Bank:
"Meiner Meinung nach wird die Deutsche Börse nach dem gescheitertem Versuch nicht als Übernahmekandidat dastehen, weil sie einfach zu groß ist und es nur wenige Player gibt, die dazu in der Lage wären. Die Strategie der Börse wird sein, nach einer gewissen Schonfrist nach neuen Zielen, nach neuen Übernahmekandidaten zu schauen. Da ist dann die Frage, wie weit da die strategische Logik überzeugend ist."
Für die Mitarbeiter der Deutschen Börse wird es deshalb wohl nur ein kurzes Aufatmen geben. Irmtraud Busch, die Vorsitzende des Betriebsrates, jedenfalls möchte vor allem Klarheit:
"Ich bin dann froh, wenn endlich eine Entscheidung getroffen worden ist von der EU-Kommission. Denn es ist ja im Moment wirklich so eine Hängepartie. Jeder hat in der Presse gelesen, am 1. Februar soll eine Sitzung der EU-Kommissare stattfinden. Und die werden dann ja entscheiden. Und im Moment ist ja der Arbeitgeber auch dabei, dort noch Lobbyarbeit zu leisten, um den andern EU-Kommissaren noch mal die Vorteile der Fusion darzustellen. Und wir sind sehr gespannt, was aus dieser Konferenz der Kommissare dann letztlich herauskommt."