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Der kurze Höhenrausch der "Maxus"

Raumfahrt. -. Am Sonntag startete die europäische Weltraumagentur ESA das größte Exemplar ihres Forschungsraketen-Arsenals. Die Aufgabe der Maxus: Ein Aufstieg in 700 Kilometer Höhe, um während des Rücksturzes eine künstliche Schwerelosigkeit zu experimentellen Zwecken zu erzeugen. Allerdings endete der Flug nicht wie geplant im schwedischen Landegebiet, sondern im menschenleeren norwegischen Lappland. Noch sind die Ursachen für das Versagen der Maxus-4 unklar.

    Seit über 20 Jahren liefern Raketen vom Maxus-Typ der europäischen Weltraumagentur ESA die Schwerelosigkeit zum kleinen Preis: Nach dem Abschuss im schwedischen Kiruna erreicht der Flugkörper eine maximale Höhe von 710 Kilometern, um anschließend im freien Fall zur Erde zurückzukehren. Ein Fallschirm fängt die Rakete schließlich ab und lässt das kostbare Instrumentarium sanft zu Boden sinken. Damit erlaubt Maxus Experimente während maximal 13 Minuten Schwerelosigkeit, die ansonsten nur zu den astronomischen Kosten der "echten" Weltraumfahrt möglich wären. Dabei übertragen zahlreiche Kameras und Sensoren sämtliche Daten der mitgeführten Versuche in Echtzeit zur Heimatbasis.

    Für Professor Arne Cröll von der Fakultät für Werkstoffwissenschaft und Werkstofftechnologie der Technischen Universität Freiberg genügen 13 Minuten Schwerelosigkeit für seine Zwecke vollkommen. Der Forscher untersucht den Einfluss von so genannten Marangoni-Strömungen auf das Wachstum von Silizium-Kristallen. Um das Phänomen zu beobachten, schmilzt Cröll Siliziumstangen in einem schuhkartongroßen Ofen an Bord der Maxus-4. Für den Ingenieur ist die räumliche Entfernung zum Experiment unerheblich: "Wir sehen unseren Versuch in einem Videobild und können auch verschiedene Parameter während des Fluges einstellen". "Tele-Science" nennen ESA und der Raumfahrtkonzern Astrium ihre Erfindung, mit der auch komplexe Experimente ferngesteuert werden können.

    Vergangenen Sonntag ging allerdings etwas schief nach dem Bilderbuchstart der Rakete von der Esrange-Basis in Nord-Schweden. Schnell mussten die Bergungsteams der ESA feststellen, dass Maxus-4 ihr ursprüngliches Landegebiet verfehlte und stattdessen in Norwegen niederging. Bei der Bruchlandung zerbarst die Oberstufe der Rakete. "Möglicherweise war ihre Geschwindigkeit im Rücksturz zu hoch. Der Fallschirm weist Schäden auf und konnte die Landung nicht ausreichend abbremsen", vermutet ein Mitarbeiter des Projektteams. Nach der Bergung der havarierten Nutzlastkapsel konnten die Experten jedoch eine erste Entwarnung geben: "Vier der sieben Proben an Bord konnten bislang unversehrt aus dem Wrack geborgen werden", berichtet ESA-Projektleiter Wolfgang Herfst. In den kommenden Tagen soll jetzt analysiert werden, was die Bruchlandung der Maxus verursachte.

    [Quelle: Roland Warmbein]