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Der lange Streit um die innere Sicherheit

Es war eine der schärfsten Debatten um eine Änderung des Grundgesetzes, die der Bundestag bis dato geführt hatte: Am 30. Mai 1968 verabschiedete das Parlament die Gesetze, die als Notstandsverfassung dem Grundgesetz angegliedert wurden. Es war der parlamentarische Endpunkt einer politischen Debatte, die seit 1958 immer wieder von Neuem aufgeflammt war - und die heute neue Aktualität gewonnen hat.

Von Marcus Heumann und Rainer Burchardt | 29.05.2008
    " Unser Grundgesetz gehört zu den wenigen Gesetzen, die nur den Normalfall ins Auge fassen. Es hat für den Notstandsfall keine ausreichenden Bestimmungen getroffen. Dürfen wir, meine Damen und Herren, leichtfertig und gleichgültig in den Tag hineinleben? Sicher nicht. Darum sage ich, Vorsorge tut not. "

    So der damalige Bundesverteidigungsminister Gerhard Schröder, CDU, im Jahre 1968. Er selbst fehlte indes im Deutschen Bundestag, als dort die bis dahin schärfsten Debatte um eine Änderung des Grundgesetzes überhaupt geführt wurde. Am 30. Mai 1968 verabschiedete das Parlament in dritter Lesung die Gesetze, die als Notstandsverfassung dem Grundgesetz angegliedert wurden. 340 Ja-, 100 Nein-Stimmen und eine Enthaltung setzten den parlamentarischen Endpunkt einer politischen Debatte, die seit 1958 immer wieder von Neuem aufgeflammt war. In diesem Jahr hatte Schröder, damals noch Innenminister, erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg eine Notstandsverfassung für Deutschland gefordert.

    Notstand, das ist nach der Definition des Staatsrechts eine Notlage für den Bestand, die Sicherheit oder die bestehende Ordnung des Staates, wobei es zwischen äußerem und innerem Notstand zu unterscheiden gilt. Der erstgenannte könnte zum Beispiel durch eine militärische Bedrohung hervorgerufen werden, der innere Notstand durch Bürgerkrieg, einen Putschversuch oder Katastrophenfälle, wie zum Beispiel dem Supergau in einen Atomkraftwerk. In solchen Fällen wird der Staat bestrebt sein, sich durch außerordentliche Maßnahmen der Gefahr zu erwehren, sei es durch die Berufung auf ungeschriebene oder aber in der Verfassung vorgesehene Ausnahmegesetze. In der Erstfassung des Grundgesetzes fanden sich schon allein wegen der durch die Alliierten vorerst eingeschränkten Souveränität der jungen Bundesrepublik keine Notstandsparagraphen. Erst mit dem Deutschlandvertrag von 1954 geriet das Thema in die Diskussion.

    Das Fehlen von Regelungen für den Ausnahmefall war die letzte Hypothek, die nun noch auf der Selbstständigkeit der Bundesrepublik lastete. Um ihre alliierten Truppen und nötigenfalls auch die öffentliche Ordnung im Ernstfall schützen zu können, behielten sich England, Frankreich und die USA das Einschreiten in staatsbedrohenden Krisensituationen weiterhin vor und verlangten dafür die Ausarbeitung von Geheimgesetzen und Verordnungen, die dann wirksam werden sollte. Diese Schubladengesetze waren nicht wenigen Bürgern wegen ihres unbekannten Inhaltes schlichtweg unheimlich. Sie sahen in einer im Grundgesetz fixierten und öffentlich gemachten Regelung das kleinere Übel.

    Auf der anderen Seite diejenigen, die mit einer Verfassungsänderung die Gefahr einer Aushöhlung der vom Grundgesetz garantierten Freiheiten verbanden, unter der der demokratische Rechtsstaat zu einer Diktatur mutieren könnte. Begründet erschien ihre Sorge durch die deutsche Geschichte. Der Notstandsartikel 48 der Deutschen Reichsverfassung vom 11. August 1919 wurde zum juristischen Sargnagel am Grab der Weimarer Republik. Er besagte u.a.:

    Der Reichspräsident kann, wenn im deutschen Reiche die öffentliche Sicherheit und Ordnung erheblich gestört oder gefährdet wird, die zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nötigen Maßnahmen treffen. Zu diesem Zweck darf er vorübergehend Grundrechte ganz oder zum Teil außer Kraft setzen.

    Auf eben diesem Artikel 48 fußte die unmittelbar nach dem Reichstagsbrand erlassene "Notverordnung zum Schutze von Volk und Staat vom 28. Februar 1933", die dem Reichskanzler Adolf Hitler freie Bahn für die totale Machtergreifung schuf. Fortan lebte das Reich im permanenten Ausnahmezustand. Die Notverordnung ist bis 1945 nie wieder aufgehoben worden.

    In den frühen 60er Jahren hatten sich in der Bundesrepublik die Fronten von Gegnern und Befürwortern neuerlicher Notstandsgesetze polarisiert. Während die CDU im Parlament ab 1960 einen Gesetzesentwurf nach dem anderen für eine Verfassungsänderung vorlegte, übten Sozialdemokraten und Gewerkschaften heftigen Widerstand. So beschloss der DGB 1962, jedes Notstandsgesetz kategorisch abzulehnen, und die Bedenken der SPD-Opposition ließen jeden CDU-Vorstoß an der Hürde der Zwei-Drittel-Mehrheit scheitern, die damals wie heute für eine Verfassungsänderung notwendig war und ist.

    Kooperationsbereit zeigte sich die SPD nur bei den sogenannten einfachen Notstandgesetzen, die 1965 das Parlament passierten. Dies waren Sicherstellungsgesetze, die für den Krisenfall die Bereitstellung zum Beispiel von Wasser, Nahrung oder Transportmitteln regelten und für die keine Grundgesetzänderung notwendig war. Gleichzeitig jedoch wurden die übrigen Gesetzesentwürfe, die auf eine Ergänzung der Verfassung abzielten, gekippt, mit allen Stimmen der SPD-Fraktion und zweien der FDP.

    Beistand erhielten die Notstandsgesetzgegner im Parlament dabei nicht nur von den Gewerkschaften, sondern auch von vielen Intellektuellen der Republik, von Professoren genauso wie von Studenten und Schriftstellern.

    Der Autor Günter Eich fasste seinerzeit seinen persönlichen Notstandsalptraum in einen grotesken Prosatext. Ein Auszug:

    Ich wache auf und bin gleich im Notstand. Die Gründe weiß ich nicht genau, verhafte aber vorsorglich meine Kinder, Verhaftungen müssen sein. Mit feuchten Augen höre ich die ersten Nachrichten aus dem Hauptquartier. Man beglückwünscht sich, es wird alles besser, das Strafgesetz schon umgearbeitet, man hatte es in den Schubladen. Um zwei umstellt Gendarmerie das Haus und verhaftet uns alle.

    Seit 1964 versuchte die CDU, durch interfraktionelle Gespräche Überzeugungsarbeit für ihre Gesetzesentwürfe zu leisten. Während die Gewerkschaften weiterhin hart blieben, zeigten die Sozialdemokraten zumindest Diskussionsbereitschaft. In jahrelanger Kleinarbeit gelang es ihnen, die Entwürfe aus dem Innenministerium mehr und mehr zu entschärfen. 1966 war die Annäherung soweit gediehen, dass sich die SPD bereit fand, an einer praktischen Notstandsübung teilzunehmen. Während des NATO-Manövers Fallex probten 22 Abgeordnete aller Bundestagsfraktionen und zwölf Ländervertreter in einem Bunker in der Eifel zehn Tage lang die Demokratie im Ausnahmezustand. Mit dabei war auch der damalige CDU-Parlamentarier und spätere Präsident des Bundesverfassungsgerichts Ernst Benda:

    " Es ist ein wenig ungewohnt, alles. Es ist weitaus weniger dramatisch, als man es, soweit wir Nachrichten von draußen kriegen, offenbar in manchen Zeitungen steht, es geht so. Es kracht manchmal hier und da noch ein bisschen in der Maschinerie. Aber es geht. "

    Insgesamt 32 Stunden tagte das Notparlament auf Probe und verabschiedete währenddessen 16 Gesetzesvorlagen und 29 Verordnungen.

    Zwei Monate später, im Dezember 1966, konstituierte sich in Bonn die große Koalition aus SPD und CDU. Dass ein Sprecher der Sozialdemokraten im Juni 1967 bei der Lesung eines neuen Notstandsentwurfes nur noch eine Reihe von Formulierungen zu beanstanden hatte und keine grundlegende Kritik mehr anbrachte, trug ihm den Vorwurf der FDP ein, die SPD habe ihren Eintritt in die Regierung mit der Zustimmung zu den geplanten Verfassungsänderungen bezahlt. In Gewerkschaftskreisen kursierte gar das Wort vom Verrat.

    Kurz vor der zweiten Lesung der Entwürfe kulminierte der öffentliche Protest. Am 11.05.1968 veranstalteten APO, ein Kuratorium-Notstand der Demokratie und Gewerkschaften, bundesweite Protestaktionen. IG-Metallchef Otto Brenner an diesem Tag vor 15.000 Demonstranten auf der DGB-Kundgebung in Dortmund:

    " Die Notstandsgesetzgebung, die uns vorliegt, stellt keine demokratische Lösung dar. Sie bedeutet eine Gefahr für unsere demokratische Ordnung, eine Gefahr für die Substanz unserer Verfassung und damit für die Weiterentwicklung unserer Demokratie. "

    Demonstranten: " Lasst das Grundgesetz in Ruh, SPD und CDU! Lasst das Grundgesetz in Ruh, SPD und CDU! "

    Der Protesttag endete mit einem Sternmarsch von Notstandsgegnern nach Bonn, wo sich Zehntausende an einer friedlichen Kundgebung im Hofgarten beteiligten. Mitorganisator dieser Aktion war die außerparlamentarische Opposition. Dass etwa 700 Berliner Demonstranten, vornehmlich des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes, mit einem von der DDR-Reichsbahn zur Verfügung gestellten Sonderzug nach Bonn kamen, brachte die Notstandsgegner bei vielen braven Bürgern in Verruf, von Ostberlin gesteuert zu werden.

    Ein weit hergeholter Vorwurf, angesichts der Tatsache, dass die Mehrheit der Gegner einer Verfassungsänderung aus den Reihen der Gewerkschaft, der Liberalen und Sozialdemokraten kam. Bei Letzteren war unterdessen ein regelrechter Glaubenskrieg um die geplanten Gesetze entbrannt. Die Fraktion war gespalten. Hans Matthöfer war es, der in der SPD seine Bedenken gegen ihren geplanten Wortlaut thesenartig zusammenfasste. Einen Tag vor der zweiten Lesung der Gesetze, am 14. Mai 1968, wurden seine Gegenpositionen von einer knappen Mehrheit der SPD-Parlamentarier verworfen. Damit hatte der SPD-Fraktionschef Helmut Schmidt grünes Licht, um zusammen mit seinem Amtskollegen in der CDU, Rainer Barzel, das Notstandspaket zu schnüren. Mit dem ursprünglichen Gesetzesentwurf der CDU hatte der Inhalt indes nicht mehr viel zu tun, wie Justizminister Gustav Heinemann, ein SPD-Befürworter der Ausnahmeregelung bei der zweiten Lesung im Bundestag konstatierte:

    " Die vor acht Jahren von der damaligen Bundesregierung präsentierten Vorschläge für eine Notstandsregelung waren ja in der Tat schockierend. Ein Kernpunkt der jetzigen Vorlage ist es, die Mitwirkung des Parlamentes, zumindest in der Form des gemeinsamen Ausschusses als Notparlament zu erhalten und die Grundrechte dem Zugriff der Exekutive zu entziehen. "

    Damit charakterisierte Heinemann den wohl wichtigsten Unterschied zu den ursprünglichen Notstandsentwürfen, nämlich dass nunmehr im Ernstfall ein provisorisches Notparlament, wie schon 1966 im Eifel-Bunker getestet, demokratische Entscheidungen sichern sollte. Dabei war ihm ausdrücklich untersagt, Gesetze zu erlassen, die das Grundgesetz beeinträchtigen oder gar außer Kraft setzen.

    Der Bundestag verabschiedete die Notstandsgesetze in dritter Lesung am 30. Mai 1968 gegen die Stimmen der gesamten FDP-Fraktion, von 52 SPD-Abgeordneten und einer aus der CDU/CSU. Verteidigungsminister Schröder war wie erwähnt der Sitzung ferngeblieben, weil er die zum Beschluss anstehenden Gesetze für zu schwach hielt. Für viele derjenigen, die die Entwürfe ablehnten, war hingegen die Einschränkung des Post- und Fernmeldegeheimnisses entscheidend, zumal das entsprechende Gesetz das Telefonabhören und Briefeöffnen im Notstandsfall vorsah, ohne dass der Betroffene darüber im Nachhinein zu informieren gewesen wäre. Auf Bedenken stießen darüber hinaus vor allem die möglichen Einschränkungen der verfassungsmäßig garantierten Rechte auf Freizügigkeit, freie Berufswahl und Arbeitskampfmaßnahmen. Umstritten blieben schließlich die Bestimmungen über die Rolle der Bundeswehr im Fall eines inneren Notstandes. Sie besagen, dass gegebenenfalls Truppen zur Unterstützung polizeilicher Maßnahmen im Inneren eingesetzt werden und Frauen zu Zivildienstleistungen verpflichtet werden können, wobei allerdings für sie der Dienst an der Waffe kategorisch ausgeschlossen ist.

    Selbst Parlamentarier, die am 30.05.1968 den Gesetzentwürfen zustimmten, brachten in der vorangegangenen Debatte keine Lobeshymnen auf die Notstandsverfassung aus. Eher wurde sie von ihnen als notwendiges Übel interpretiert. So auch von Helmut Schmidt:

    " Wir haben zu wählen entweder den Rückfall in die Schubladengesetzgebung, in den sogenannten übergesetzlichen Notstand den Rückfall in eine kontrollenlose Bevollmächtigung der Exekutive, oder wir haben zu wählen, auch wenn in diesem Gesetz manches uns nicht ganz befriedigen kann, zu wählen die Stabilisierung des Schutzes der Grundrechte unserer Bürger, die Stabilisierung der Rechte und der Verantwortlichkeit des Parlaments und die Stabilisierung des Verfassungsgerichts auch und gerade in Notzeiten. "

    Und Willy Brandt, damals Außenminister und Vizekanzler der großen Koalition ergänzte, an die Adresse der Skeptiker gewandt:

    " Ich bin davon überzeugt, dass jeder auch nur entfernt ausdenkbare Versuch, zu einem Missbrauch der Notstandsgesetze auf unseren leidenschaftlichen Widerstand stoßen würde. Wer einmal mit dem Notstand spielen sollte, um die Freiheit einzuschränken, wird meine Freunde und mich auf den Barrikaden zur Verteidigung der Demokratie finden, und dies ist ganz wörtlich gemeint. "

    Beruhigt durch die Notstandsgesetze zeigte sich in seinem die Aussprache beendenden Redebeitrag Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger, CDU - sah er doch durch die Verfassungsänderungen die Last einer potenziellen alleinigen Verantwortlichkeit von seinen Schultern genommen.

    " Es ist für den Bundeskanzler und für die Bundesregierung, für den Bundeskanzler insbesondere, dem in Zeiten höchster Gefahr ein besonders hohes Maß an Verantwortung zufällt, gut zu wissen, dass er dann nicht auf eine kaum zu tragende Last persönlichen Ermessens angewiesen ist, zu wissen, dass auch für den äußersten Fall die Herrschaft des Rechtes gesichert bleibt. "

    Inzwischen hat eine neue Begriffsformel die Notstanddebatte erneut angeheizt - auch wenn der Begriff selbst kaum mehr dafür verwandt wird. Heute geht es vielmehr um den so genannten "erweiterten Sicherheitsbegriff".

    Dabei werden auch Aspekte der Ökonomie und Ökologie in die Sicherheitsdiskussion eingebunden, die 1968 noch kein Thema waren. Zum anderen sind heute die Bedrohungsfaktoren von innen und außen, etwa angesichts des islamistischen Terrors und der Auslandseinsätze der Bundeswehr in Krisengebieten, nicht mehr klar voneinander zu trennen. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble möchte dabei politische Entscheidungen von einer möglichen Berufung etwa auf einen übergesetzlichen Notstand verfassungsrechtlich wasserdicht befreien und stattdessen klare gesetzliche Befugnisregelungen. Die darüber geführte Debatte entzündete sich vor ein paar Jahren an dem Privatflieger über Frankfurt, der das Trauma vom 11. September nach Deutschland trug. Ein Anlauf, hier eine rechtliche Befugnis zum Abschuss zu erhalten, scheiterte vor dem Bundesverfassungsgericht.

    "Es kann nicht sein, dass Gefahren, die nur mit militärischen Mitteln abzuwehren sind, deswegen nicht abgewehrt werden können wenn es eine Möglichkeit gäbe, weil nicht zweifelsfrei feststeht, dass der Angriff von außen kommt. Das ist leider immer noch die herrschende Interpretation von Artikel 87 a"

    Darüber hinaus sieht Verteidigungsminister Franz Josef Jung die Bundeswehr in der Bredouille, wenn Sie etwa polizeiliche Aufgaben zu übernehmen hätte. Hier existiert in der Tat eine definitorische Grauzone über die Auslegung der noch immer geltenden Notstandsgesetzgebung.

    " Die immer fließenderen Übergänge zwischen äußerer und innerer Sicherheit haben aber auch Konsequenzen für den Einsatz der Bundeswehr in Deutschland. Das heißt freilich nicht, dass die Bundeswehr künftig Polizeiaufgaben übernimmt oder als Hilfspolizei herangezogen wird. Sie muss aber dann in Deutschland eingesetzt werden können, wenn nur sie über benötigte Fähigkeiten zum Schutz unserer Bevölkerung und kritischer Infrastruktur verfügt und die Fähigkeiten der Polizei dazu nicht ausreichen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir müssen uns heute leider sowohl terroristische Angriffe aus der Luft als auch Angriffe von See vorstellen, wofür im Hinblick auf den Schutz unserer Bevölkerung die Mittel und die Fähigkeiten und der Polizei nicht mehr ausreichen." "

    Tatsächlich hat sich 40 Jahre nach Verabschiedung der bisher niemals offiziell angewendeten Notstandsgesetze noch immer ein Unbehagen oder zumindest eine politische Verunsicherung konserviert. Dass z.B. die Bundeswehr in Einsätzen bei Naturkatastrophen gern als Hilfstruppe gerufen wird, ist selbstverständlich geworden. Insofern ist es heute unabdingbarer denn je, die Gesetze von 1968 nochmals gründlich zu überprüfen, wenn nötig zu ändern oder aber rechtlich unklare Tatbestände verfassungsrechtlich und parlamentarisch zu bereinigen. Besonders die Begriffe Verteidigungs- bzw. Spannungsfall aus dem Grundgesetzartikel 87 a zur Notstandsverfassung sind und bleiben erklärungsbedürftig. Wo verläuft die Grenze? Gerade weil wir es aktuell mit einem erweiterten Sicherheitsbegriff zu tun haben, muss hier dringend für Klarheit gesorgt werden. Denn noch immer gilt das durchaus irritierende Wort der Bundeskanzlerin:

    "Auch der Einsatz der Bundeswehr im Inneren unter bestimmten Bedingungen kann heute notwendig sein, weil innen und außen nicht mehr so zu trennen sind wie das einmal war."