Eine halbfertige Sandburg, teilweise weggeschwemmt, mit ein paar Fußspuren drum herum, das ist wirklich nichts Besonderes. Originalgetreu nachgebildet aus Kunststoff, einschließlich der Fußspuren, mitten in der großen Ausstellungshalle, löst sie als Objekt jedoch Bewunderung, fast Bestürzung aus. Jemand hat sich die Mühe gemacht, diesen dreckigfeuchten Sandhaufen, der bei der nächsten größeren Welle vom Strand gewischt worden sein wird, bis ins Detail anzuschauen und in vermutlich monatelanger Arbeit nachzubilden, als wäre es ein kostbarer archäologischer Fund. Und man spürt, dass diese Art von Alltagsarchäologie einen selbst betrifft, genauer die zahllosen vergessenen Kleinigkeiten der Kindheit, die einen doch so dauerhaft geprägt haben wie Urbilder.
Das ist das Werk von Martin Honert in all seiner Intensität und seiner fast schmerzhaften Schönheit. Er wolle Erinnerungsbilder festhalten, ehe sie verschwinden, sagt Honert. Und dass in den unauffälligen Dingen das große Geheimnis stecke. Die unauffälligen sind auch oft die schnell verschwindenden oder auf gewisse Weise unbeachteten Dinge, ähnlich den Fußspuren rund um die Sandburg. Als Objekt werden sie zu einem erstaunlich unpathetischen, fast schalkhaften memento mori, denn man fragt sich plötzlich, wiederum wie bei archäologischen Funden aus grauer Vorzeit, wem diese Spuren wohl gehört haben mögen.
So verhält es sich mit vielen anderen Kleinigkeiten auch, die Honert aus den Kindheitserinnerungen ausgräbt und in mühsamen Verfahren wiederherstellt, zunächst als sorgfältige und wunderbare Projektskizzen, dann im nächsten Schritt als große Installation.
"Feuer" von 1992 ist eine mannshohe, von innen beleuchtete Bodenskulptur aus Polyestergießharz, die ein prachtvolles Lagerfeuer nachbildet, dessen kindliche Faszination sich in der Detailgenauigkeit des Glühens und Verbrennens wiederum sofort erahnen lässt. Und zugleich befremdet das Objekt, denn Honert adaptiert nicht einfach den Kinderblick, er verklärt nicht den Kindheitszauber. So gesehen wärmt das große, prachtvolle Feuer nicht mehr, sondern es steht kühl da. Jede von Honerts Figuren erzeugt das Gefühl, dass man einen Moment lang mit ihr völlig allein ist, eingesponnen in die eigene Erinnerung an die vergehende Zeit.
Eines von Honerts bekanntesten und beeindruckendsten Werken zeigt einen kleinen Jungen an einem Tisch sitzen, der noch etwas zu groß für ihn und dessen Platte mit einem gewürfelten Wachstuch bedeckt ist, dessen typischen Geruch vielleicht nur noch die Generation der fünfziger und sechziger aus den Wohnungen ihrer Eltern oder Großeltern kennt. Der aus Epoxydharz nachgebildete Junge ist, wie man so sagt, "ordentlich angezogen und gescheitelt", aber völlig allein blickt er den Betrachter so unverwandt an, dass es einem ans Herz geht. Wiederum ist aber die Rührung nicht der primäre Effekt, um den es Honert geht, sondern das Festhalten eines winzigen, verlöschenden Moments. Diese Installation von 1993 heißt "Foto", weil die Jungenfigur aus einem Familienfoto herausgelöst wurde, auf dem der kleine Martin der einzige war, der den Fotografen direkt angeschaut hat. Alle anderen sind indes verschwunden wie das Feuer oder die Spuren im Sand.
Es passt zu diesem Werk, dass es insgesamt, darin vergleichbar demjenigen eines Balthus, schmal ist. Siebzehn Installationen aus zweiundzwanzig Jahren sind in der Galerie Neuer Meister an den Brühlschen Terrassen ausgestellt, und sehr viel mehr gibt es von diesem Mann auch nicht. Jedes Werk durchläuft einen langen, intensiven Produktionsprozess. Und es passt auch, dass jede einzelne Arbeit Honerts schon in ihrem materiellen Habitus als extrem empfindlich gilt und keinesfalls berührt werden darf. Und in gewissem, durchaus positiven Sinn passt es auch zu diesem Werk, dass es im lauten Kunstbetrieb immer noch recht unbekannt ist, trotz Martin Honerts vielbeachteter Teilnahme an der Biennale in Venedig 1995. Der gebürtige Bottroper ist alles andere als ein Selbstvermarkter. Als Professor an der Dresdner Kunsthochschule hat er sich seit 1998 auf die Lehre gestürzt und wesentlich zur Profilierung der Hochschule in den Kämpfen zwischen Ost- und Westtradition beigetragen. Er tut das gern, wie er sagt, und man glaubt es ihm sofort.
Das ist das Werk von Martin Honert in all seiner Intensität und seiner fast schmerzhaften Schönheit. Er wolle Erinnerungsbilder festhalten, ehe sie verschwinden, sagt Honert. Und dass in den unauffälligen Dingen das große Geheimnis stecke. Die unauffälligen sind auch oft die schnell verschwindenden oder auf gewisse Weise unbeachteten Dinge, ähnlich den Fußspuren rund um die Sandburg. Als Objekt werden sie zu einem erstaunlich unpathetischen, fast schalkhaften memento mori, denn man fragt sich plötzlich, wiederum wie bei archäologischen Funden aus grauer Vorzeit, wem diese Spuren wohl gehört haben mögen.
So verhält es sich mit vielen anderen Kleinigkeiten auch, die Honert aus den Kindheitserinnerungen ausgräbt und in mühsamen Verfahren wiederherstellt, zunächst als sorgfältige und wunderbare Projektskizzen, dann im nächsten Schritt als große Installation.
"Feuer" von 1992 ist eine mannshohe, von innen beleuchtete Bodenskulptur aus Polyestergießharz, die ein prachtvolles Lagerfeuer nachbildet, dessen kindliche Faszination sich in der Detailgenauigkeit des Glühens und Verbrennens wiederum sofort erahnen lässt. Und zugleich befremdet das Objekt, denn Honert adaptiert nicht einfach den Kinderblick, er verklärt nicht den Kindheitszauber. So gesehen wärmt das große, prachtvolle Feuer nicht mehr, sondern es steht kühl da. Jede von Honerts Figuren erzeugt das Gefühl, dass man einen Moment lang mit ihr völlig allein ist, eingesponnen in die eigene Erinnerung an die vergehende Zeit.
Eines von Honerts bekanntesten und beeindruckendsten Werken zeigt einen kleinen Jungen an einem Tisch sitzen, der noch etwas zu groß für ihn und dessen Platte mit einem gewürfelten Wachstuch bedeckt ist, dessen typischen Geruch vielleicht nur noch die Generation der fünfziger und sechziger aus den Wohnungen ihrer Eltern oder Großeltern kennt. Der aus Epoxydharz nachgebildete Junge ist, wie man so sagt, "ordentlich angezogen und gescheitelt", aber völlig allein blickt er den Betrachter so unverwandt an, dass es einem ans Herz geht. Wiederum ist aber die Rührung nicht der primäre Effekt, um den es Honert geht, sondern das Festhalten eines winzigen, verlöschenden Moments. Diese Installation von 1993 heißt "Foto", weil die Jungenfigur aus einem Familienfoto herausgelöst wurde, auf dem der kleine Martin der einzige war, der den Fotografen direkt angeschaut hat. Alle anderen sind indes verschwunden wie das Feuer oder die Spuren im Sand.
Es passt zu diesem Werk, dass es insgesamt, darin vergleichbar demjenigen eines Balthus, schmal ist. Siebzehn Installationen aus zweiundzwanzig Jahren sind in der Galerie Neuer Meister an den Brühlschen Terrassen ausgestellt, und sehr viel mehr gibt es von diesem Mann auch nicht. Jedes Werk durchläuft einen langen, intensiven Produktionsprozess. Und es passt auch, dass jede einzelne Arbeit Honerts schon in ihrem materiellen Habitus als extrem empfindlich gilt und keinesfalls berührt werden darf. Und in gewissem, durchaus positiven Sinn passt es auch zu diesem Werk, dass es im lauten Kunstbetrieb immer noch recht unbekannt ist, trotz Martin Honerts vielbeachteter Teilnahme an der Biennale in Venedig 1995. Der gebürtige Bottroper ist alles andere als ein Selbstvermarkter. Als Professor an der Dresdner Kunsthochschule hat er sich seit 1998 auf die Lehre gestürzt und wesentlich zur Profilierung der Hochschule in den Kämpfen zwischen Ost- und Westtradition beigetragen. Er tut das gern, wie er sagt, und man glaubt es ihm sofort.