Freitag, 03. Mai 2024

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Der Maschine gut zugeredet

Informationstechnik. – Vor nunmehr fünf Jahren initiierte die Bundesregierung sechs Leitprojekte in der IT-Forschung. Ein Zweig befasst sich mit der Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine. Ziel des Vorhabens ist, Computer an den Menschen anzupassen und ihm den Umgang mit den komplizierten Apparaten möglichst einfach zu gestalten. Eine internationale Statustagung, die noch bis morgen in Berlin stattfindet, informiert über den Stand der einzelnen Projekte.

03.06.2003
    Ständig wächst die Zahl an kleinen und großen digitalen Helfern, die unseren Alltag bereichern. Schön, wenn das Handy in die Hemdtasche passt, doch das Mäuseklavier nervt den Benutzer und erfordert meist höchste Konzentration. Noch sind Tastaturen und andere Steuereinrichtungen untrennbar mit vielen Geräten verbunden, doch in Zukunft soll das ganz anders aussehen. Ein Beispiel gibt Jörg Helbig, Projektleiter der Medieninterface Dresden GmbH: "Unser sprachgesteuerter Fotoapparat erkennt einen kleinen Wortschatz robust auch in geräuschbehafteter Umgebung. Auf den Befehl 'Aufnahme Jetzt!' schießt der Apparat ein Bild." Solche praktischen und vor allem zuverlässigen Sprachsteuerungen bilden ein Kernelement auf der Internationalen Statustagung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Vor fünf Jahren hatte die Bundesregierung sechs Leitprojekte zur IT-Forschung initiiert, deren Früchte auf der Berliner Tagung zu bestaunen sind. So gingen insgesamt 116 neue Patente daraus hervor und wurden 13 Spin-Off-Unternehmen neu gegründet.

    Doch zukünftige Apparate können mehr als nur geduldig auf ihren Herren und Meister zu lauschen – sie können ihm sogar jeden Wunsch quasi von den Lippen ablesen, erklärt Tagungsleiter Professor Wolfgang Wahlster vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz in Saarbrücken: "Zur Spracherkennung kommt auch eine Mimik-Erkennung neu dazu. Wenn Sprache, Gestik und Mimik verknüpft ausgewertet werden, dann funktioniert auch die Spracherkennung besser, weil die Mimik das Ausgedrückte noch verstärkt." So kann dann auch der störrischste PC sich nicht mehr unverständig geben, wenn sein Benutzer neben einem Befehl auch noch auf das Objekt der Begierde zeigt und dazu große Augen macht. So demonstriert das Institut für Neuroinformatik der Ruhr-Universität Bochum mit einem eigenen Projekt, dass das auch wirklich funktioniert: Auf den Befehl 'Lernen' ortet ein Roboter ein Objekt und akzeptiert es als Ziel. Und folgt dann das Kommando 'Greifen', apportiert das brave Gerät, was immer sein Benutzer wünscht. Allerdings droht dem treuesten Freund des Menschen nicht, von einer Maschine abgelöst zu werden, denn noch lässt die Technik bei der Erfüllung ihrer Aufträge viel Zeit und überfordert ungeduldige Zeitgenossen sicher schnell.

    Für letzteren Fall geht es auch umgekehrt: Die Maschine kann wiederum erkennen, wenn ihr Benutzer etwa Stress aufbaut. So zeigt Andreas Kynast aus der Bosch-Forschungsabteilung am Beispiel eines Autos, das in schneller Fahrt plötzlich abgebremst wird, wie ein Navigationssystem darauf reagieren sollte: "Schaltet der Fahrer etwa dann auch den Warnblinker ein, leitet der Computer daraus ab, dass möglicherweise ein Unfall stattgefunden hat. Aus mehreren solcher Parameter erhebt das System die Gesamtbelastung des Menschen und reagiert dann entsprechend angepasst." So stellt das Navigationssystem unter den gewonnenen Eindrücken eigenständig die Umgebung beispielsweise als Übersichtskarte dar oder orientiert den Fahrer über simple Pfeilsymbole. "Zwar sind die neuen Entwicklungen kein vollständiger Ersatz für Intelligenz, doch immerhin könnte uns die Synergie verschiedener Systeme schon in naher Zukunft das Leben mit der Technik erleichtern, glaubt Professor Wahlster: "Wir wollen die Technik viel mehr auf den Menschen einstellen." Statt über Studium von Anleitungen zum ausgewiesenen Experten für ein Gerät zu werden, soll er einfach zu dem Apparat sprechen, als sei es sein intelligenter Butler, Assistent oder Chauffeur.

    [Quelle: Wolfgang Noelke]