Michael Köhler: Deshalb Frage an den Kollegen Stefan Koldehoff: Was hat es damit auf sich?
Stefan Koldehoff: Es geht um einen roten, einen grünen und einen beigefarbenen Pappkoffer. Und in diesen drei Koffern befinden sich wohl mehr als 3.500 Nitratnegative, sehr fragile Negative, die aber wohl in ausgezeichnetem Zustand noch sind. Diese Negative musste Robert Capa im damals schon vom Krieg betroffenen Paris Ende der 30er Jahre zurücklassen. Sein Assistent in der Dunkelkammer hat es dann wohl irgendwie geschafft, diese Negative nach Marseille zunächst mal zu bringen. Und in Marseille wurden sie dann einem mexikanischen General übergeben, der es schaffte, die Sachen außer Landes, außerhalb von Europa nach Mexiko zu bringen. Das ist eine dieser Geschichten, von denen man immer wieder hört und die man eigentlich gar nicht glauben mag. Man weiß, dass es irgendwo noch den verschwundenen Koffer gibt mit Hemingways Kurzgeschichtenmanuskripten. Man weiß, dass es irgendwo noch Vivaldi-Partituren geben muss, von denen er in Briefen berichtet, die aber nie gefunden worden sind. Man weiß, dass Vincent van Gogh seinem Bruder viel, viel mehr Bilder beschrieben hat, als sie tatsächlich heute in Museen, in Privatsammlungen hängen. Und man wusste eben auch, irgendwo musste es noch die Negative dieses legendären Fotografen geben. Und hier ist einmal der Traum der Forscher Wirklichkeit geworden. Hier hat man sie tatsächlich wieder gefunden.
Köhler: Die "New York Times" spricht von einem Fund, der zum verloren geglaubten, modernen, kulturellen Erbe des 20. Jahrhunderts zählt. Bevor Sie mir sagen, ob Sie zustimmen, wissen Sie denn, was drauf ist auf den Negativen?
Koldehoff: Es sind tatsächlich Negative aus allen Jahren, in denen Capa gearbeitet hat, von den frühen 20er Jahren bis Ende der 30er Jahre, bis er dann schließlich Paris verließ. Und jetzt kommt dann eben der Satz: Ja, ich glaube schon, dass es stimmt, dass das ein sensationeller Fund ist. Denn Robert Capa hat einfach die Fotografie und vor allem die Kriegsfotografie revolutioniert. Er war nicht mehr Beobachter, er war Teil dieses Krieges. Er war selbst im Feld, wie es damals pathetisch hieß. Er ist mit den Truppen vorgerückt und hat sensationelle Aufnahmen gemacht. Und von vielen kannte man nämlich bisher nur die gedruckten Fassungen, entweder in Form von Abzügen oder in Form von Publikationen in Magazinen, in Zeitungen. Jetzt ist es eigentlich zum ersten Mal möglich, das gesamte Oeuvre dieses Fotografiestars zu ermessen.
Köhler: "Wenn das Bild nicht gut ist, warst du nicht nah genug dran", soll einer seiner Leitsätze gewesen sein, im Sinne von du warst nicht nah genug am Thema dran. Du hast es nicht nah genug erfasst. Jetzt gibt es eine ganz wichtige Frage für uns, die immer wieder gestellt wird, wenn der Name auftaucht, nämlich die Frage nach der Authentizität. Waren alle Bilder von ihm? Waren sie von seiner deutsch-jüdischen Lebensgefährtin? Oder waren es Teilnehmer der Robert-Capa-Manufaktur? Wie authentisch mögen die sein?
Koldehoff: Man ist gerade erst dabei, diese ganzen Negative zu sichten. Es gibt vor allen Dingen die Frage, die Sie gerade beschrieben haben, zum wohl berühmtesten Capa-Foto, das eines sogenannten Falling Soldier, eines erschossenen republikanischen Kämpfers, den angeblich Capa im Moment des Todes aufgenommen hat. Man sieht ihn, wie er auf einer kleinen Anhöhe nach hinten überkippt, ihm gerade das Gewehr aus der Hand fällt. Und da gab es immer schon die Vermutung, dass das ein inszeniertes Foto gewesen sein könnte. Capa selbst war glühender Anhänger der Kommunistischen Partei. Es war damals, man weiß es von anderen seiner Motive, durchaus üblich, solche Szenen auch nachzustellen, um ein bestimmtes Mitleid beim Betrachter zu erzeugen. Von diesem wohl berühmtesten seiner Fotos gibt es kein Negativ. Das ist immer nur nach einem Abzug nachgedruckt worden. Und man hofft natürlich, jetzt eine Sequenz zu finden, die belegt, dass das Foto tatsächlich im Rahmen einer Serie von Aufnahmen entstanden und nicht inszeniert worden ist. Was aber durchaus auch möglich ist, so viel war aus New York schon zu hören, ist, dass Gerta Taro, seine Lebensgefährtin, die zeitgleich mit ihm am selben Ort gewesen ist, die Autorin dieses Bildes sein könnte. Das sind nach wie vor, trotz des Fundes, eine Menge Fragen offen.
Köhler: Sagt Stefan Koldehoff zum mexikanischen Koffer, zum Fund von Negativrollen des legendären Kriegsreporters Robert Capa.
Stefan Koldehoff: Es geht um einen roten, einen grünen und einen beigefarbenen Pappkoffer. Und in diesen drei Koffern befinden sich wohl mehr als 3.500 Nitratnegative, sehr fragile Negative, die aber wohl in ausgezeichnetem Zustand noch sind. Diese Negative musste Robert Capa im damals schon vom Krieg betroffenen Paris Ende der 30er Jahre zurücklassen. Sein Assistent in der Dunkelkammer hat es dann wohl irgendwie geschafft, diese Negative nach Marseille zunächst mal zu bringen. Und in Marseille wurden sie dann einem mexikanischen General übergeben, der es schaffte, die Sachen außer Landes, außerhalb von Europa nach Mexiko zu bringen. Das ist eine dieser Geschichten, von denen man immer wieder hört und die man eigentlich gar nicht glauben mag. Man weiß, dass es irgendwo noch den verschwundenen Koffer gibt mit Hemingways Kurzgeschichtenmanuskripten. Man weiß, dass es irgendwo noch Vivaldi-Partituren geben muss, von denen er in Briefen berichtet, die aber nie gefunden worden sind. Man weiß, dass Vincent van Gogh seinem Bruder viel, viel mehr Bilder beschrieben hat, als sie tatsächlich heute in Museen, in Privatsammlungen hängen. Und man wusste eben auch, irgendwo musste es noch die Negative dieses legendären Fotografen geben. Und hier ist einmal der Traum der Forscher Wirklichkeit geworden. Hier hat man sie tatsächlich wieder gefunden.
Köhler: Die "New York Times" spricht von einem Fund, der zum verloren geglaubten, modernen, kulturellen Erbe des 20. Jahrhunderts zählt. Bevor Sie mir sagen, ob Sie zustimmen, wissen Sie denn, was drauf ist auf den Negativen?
Koldehoff: Es sind tatsächlich Negative aus allen Jahren, in denen Capa gearbeitet hat, von den frühen 20er Jahren bis Ende der 30er Jahre, bis er dann schließlich Paris verließ. Und jetzt kommt dann eben der Satz: Ja, ich glaube schon, dass es stimmt, dass das ein sensationeller Fund ist. Denn Robert Capa hat einfach die Fotografie und vor allem die Kriegsfotografie revolutioniert. Er war nicht mehr Beobachter, er war Teil dieses Krieges. Er war selbst im Feld, wie es damals pathetisch hieß. Er ist mit den Truppen vorgerückt und hat sensationelle Aufnahmen gemacht. Und von vielen kannte man nämlich bisher nur die gedruckten Fassungen, entweder in Form von Abzügen oder in Form von Publikationen in Magazinen, in Zeitungen. Jetzt ist es eigentlich zum ersten Mal möglich, das gesamte Oeuvre dieses Fotografiestars zu ermessen.
Köhler: "Wenn das Bild nicht gut ist, warst du nicht nah genug dran", soll einer seiner Leitsätze gewesen sein, im Sinne von du warst nicht nah genug am Thema dran. Du hast es nicht nah genug erfasst. Jetzt gibt es eine ganz wichtige Frage für uns, die immer wieder gestellt wird, wenn der Name auftaucht, nämlich die Frage nach der Authentizität. Waren alle Bilder von ihm? Waren sie von seiner deutsch-jüdischen Lebensgefährtin? Oder waren es Teilnehmer der Robert-Capa-Manufaktur? Wie authentisch mögen die sein?
Koldehoff: Man ist gerade erst dabei, diese ganzen Negative zu sichten. Es gibt vor allen Dingen die Frage, die Sie gerade beschrieben haben, zum wohl berühmtesten Capa-Foto, das eines sogenannten Falling Soldier, eines erschossenen republikanischen Kämpfers, den angeblich Capa im Moment des Todes aufgenommen hat. Man sieht ihn, wie er auf einer kleinen Anhöhe nach hinten überkippt, ihm gerade das Gewehr aus der Hand fällt. Und da gab es immer schon die Vermutung, dass das ein inszeniertes Foto gewesen sein könnte. Capa selbst war glühender Anhänger der Kommunistischen Partei. Es war damals, man weiß es von anderen seiner Motive, durchaus üblich, solche Szenen auch nachzustellen, um ein bestimmtes Mitleid beim Betrachter zu erzeugen. Von diesem wohl berühmtesten seiner Fotos gibt es kein Negativ. Das ist immer nur nach einem Abzug nachgedruckt worden. Und man hofft natürlich, jetzt eine Sequenz zu finden, die belegt, dass das Foto tatsächlich im Rahmen einer Serie von Aufnahmen entstanden und nicht inszeniert worden ist. Was aber durchaus auch möglich ist, so viel war aus New York schon zu hören, ist, dass Gerta Taro, seine Lebensgefährtin, die zeitgleich mit ihm am selben Ort gewesen ist, die Autorin dieses Bildes sein könnte. Das sind nach wie vor, trotz des Fundes, eine Menge Fragen offen.
Köhler: Sagt Stefan Koldehoff zum mexikanischen Koffer, zum Fund von Negativrollen des legendären Kriegsreporters Robert Capa.