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Der Mord an der Journalistin Anastasija Baburova

Traurig und geschockt, aber ruhig und ohne flammende Reden verabschiedeten sich in der Aussegnungshalle des Moskauer Zentralkrankenhauses Angehörige und Freunde von der 25-jährigen Anastasija Baburova. Sie war am vergangenen Montag zusammen mit dem Menschenrechtler und Rechtsanwalt Stanislav Markelov am helllichten Tag auf offener Straße von einem immer noch unbekannten Täter erschossen worden.

Von Robert Baag |
    Auch zum Motiv, das den flüchtigen Mörder oder dessen Auftraggeber zu dem hinterhältigen Anschlag auf den Anwalt und die Journalistin bewogen hat, sind einstweilen nur Spekulationen zu hören. Es spricht zwar einiges dafür, dass die junge Journalistikstudentin nur deshalb ums Leben kam, weil sie versucht hatte, ihren Begleiter zu schützen und vielleicht den Mörder erkannt hat. Nicht auszuschließen ist allerdings auch, dass ihr die Recherchen in der Neo-Nazi-Szene Russlands für das kreml-kritische Blatt "Novaja Gazeta" zum Verhängnis geworden sein könnten - dieselbe Zeitung übrigens, bei der die Anfang Oktober 2006 vor ihrer Moskauer Wohnung erschossene Anna Politkovskaja gearbeitet hatte.

    Die bislang einzige offizielle Reaktion seitens der politischen Führung Russlands auf diesen neuerlichen Mord an einer Journalistin kam bislang nur aus dem Außenministerium - die westlichen Staaten seien wieder dabei, eine Tragödie künstlich zu politisieren, um die angebliche Unterdrückung der Pressefreiheit in Russland anzuprangern. - Die bitter-wütende Reaktion von Dmitrij Muratov, Chefredakteur der "Novaja Gazeta":

    "Wenn das Außenministerium meiner Heimat verbreitet, man möge den Tod einer Journalistin nicht politisieren - dann reicht wohl der Hinweis auf die Websites der Nazi-Monster, wo sie ihren Tod als Festtag feiern. Wenn der Faschismus für meine Regierung und für mein Außenministerium keine politische Frage darstellt, tja, dann sollten die vielleicht ihren Arbeitsplatz wechseln ..."

    Und der Journalist Aleksandr Podrabinek fügt in einem Telefongespräch mit dem Radiosender "Echo Moskvy" hinzu:

    "Die Erklärung des Außenministeriums, die Situation nicht zu politisieren, beweist ganz einfach, dass denen da oben der Hut brennt! Weil die Morde an einem Rechtsanwalt und an einer Journalistin einen eindeutig politischen Charakter aufweisen. Mehr noch: Wenn das Außenministerium entsprechende Informationen genauer verfolgen würde, hätte es bemerkt, dass solch demonstrativen, dreisten Mordanschlägen Menschen aus den Reihen der Opposition zum Opfer fallen - nicht die Verteidiger der Macht im Lande."

    Seit Mitte Dezember 2008 habe es schon wieder drei Todesfälle unter russischen Journalisten gegeben, beklagt jetzt Miklos Haraszti, der OSZE-Beauftragte für Pressefreiheit. Im Verlauf der vergangenen vier Wochen habe die OSZE schon sechs schwere Übergriffe auf russische Medienangehörige registrieren müssen. Haraszti fordert die russische Regierung deshalb dringend auf zu handeln. Allein bei der "Novaja Gazeta", dem regierungskritischen Blatt von Anna Politkovskaja und Anastasija Baburova sind im Verlauf der vergangenen sechs Jahre insgesamt nun schon fünf Journalisten gewaltsam bzw. unter äußerst merkwürdigen Umständen ums Leben gekommen. Die Täter aber sind weiter auf freiem Fuß. Fast schon resigniert klingt daher die Erkenntnis der bekannten russischen Menschenrechtlerin Svetlana Ganuschkina:

    "Der übliche Eindruck drängt sich auf, dass der Staat nicht in der Lage zu sein scheint, eine strafrechtliche Verfolgung durchzusetzen. Diese Arbeit können zivilgesellschaftliche Organisationen nicht übernehmen. Das ist Sache des Staates! Der aber - tut nichts! Hoffnung habe ich deshalb auch diesmal nicht, dass der Mörder gefunden wird. Hier handelt es sich um einen dreisten, um einen demonstrativen Mord!"