Zwei junge Leute, Jan und Jennifer, begegnen sich zufällig in New York. Er will eigentlich mit dem Schiff zurück nach Europa. Sie will nur bummeln, Sightseeing. Sie übernachten zusammen. Es wird eine amour fou. Ein Ordnungsfanatiker spürt sie auf, lässt sie hochgehen. Liebe ist tödlich, verkünden in einem eingelagerten Marionettenspiel zwei als blonde Polizistinnen drapierte Eichhörnchen, die die Bombe installieren.
" Wenn man alles, was hörspieltypisch ist, weglässt, kommt man zu einem anderen Kern. Es ist etwas anderes als bei Bachmann. "
So die Komponistin Adriana Hölszky. Ingeborg Bachmanns Hörspiel stammt aus dem Jahre 1958. "Der Gute Gott von Manhattan" ist dort angelegt als Gerichtsverhandlung mit Rückblenden aber ohne Urteil über den mörderischen Gott.
Hölszkys Oper nach einem Libretto von Yona Kim, uraufgeführt bei den Schwetzinger Festspielen 2004, konzentriert sich ganz auf das Geschehen zwischen dem Paar selbst. Die "Zweit-Uraufführung", wie die Premiere in der Semperoper jetzt etwas übertrieben bezeichnet wird, radikalisiert das Geschehen noch weiter.
Regisseur Stephan Kimmig und seine Ausstatterin Anja Rabes haben die Szene neu gestaltet. Zeigten sie das Stück im kleinen Schwetzinger Hoftheater in der drangvollen Enge einer eher realistischen Hotelabsteige, wird die Handlung hier auf eine Art Ringkampfpodest exponiert, das mit Schaumgummi-Matratzen ausgelegt ist.
Das Paar watet anfangs unsicher wie auf schwankendem Boden, robbt aneinander heran, mustert sich zum Ring-, zum Liebeskampf und entfernt sich allmählich wieder. Als gleichsam Kampfrichter und anfeuerndes Publikum sitzen zu beiden Seiten in einer Art Telefonkabinen acht Choristen mit ihren Notenkladden, trappeln gelegentlich zu ihren rhythmischen Gesängen und Schreien mit den Füßen.
Hinten sitzen die beiden in aberwitzig hohen Koloraturen geführten Polizistinnen, eine zum Weissagen unfähige Zigeunerin und der im Falsett kreischend, fistelnd, schreiend sich überschlagende "Gute Gott" mit ordensgeschmücktem himmelblauem Jackett, eine Art verkörpertes Gutes Gewissen einer moralinsauren "Neuen Welt". Die wie ein Käfer sich windende Jennifer lässt er schließlich unter einer Plastikplane ersticken.
Für das Protagonistenpaar hat Adriana Hölszky unterschiedliche Versionen geschrieben, eine "einfachere", die in Schwetzingen zur Aufführung kam, und eine "geschärfte", wie sie sagt: "Das ist eine Option. Man kann die Hauptfiguren verschärfen."
Und die Jennifer in der neuen Dresdner Inszenierung singt diese "geschärfte" Fassung. Die Amerikanerin Jennifer Arnold ist gleichsam eine Idealbesetzung für diese Jennifer. Stimmlich wie darstellerisch beherrscht sie über weite Strecken die Szene: Wie sie allmählich ihre Scheu abstreift, wie sie Jan herausreizt und ihn wieder abstößt – bis sie sich ihrem Schicksal, dem "Guten Gott" in Gestalt des phänomenalen Counter Daniel Gloger, unterwerfen muss.
Ungleich stärker wäre die Wirkung, würde auch das Geschehen wie in einer Arena – und wie Gottfried Semper ja ursprünglich dies Theater bauen wollte – in den Mittelpunkt gerückt sein. Hölszky, die ihre Partitur in Schichten angelegt und die Instrumente im Raum verteilt hat – einige Blechblas- und Schlaginstrumente in den beiden oberen Rängen, Hölszky denkt in musikalischen, nicht unbedingt theatralischen Kategorien.
Die Akustik des Hauses unterstützt die "Verräumlichung" der Klänge geradezu ideal und fast ganz ohne technische Krücken. Aber die Guckkastenbühne rückt die Szene zugleich wieder in die Ferne, was möglicherweise auch ein vorzeitiges und kontinuierliches Abwandern des teils wohl verirrten Publikums aus dieser etwa 80minütgen Aufführung beförderte - Zeitgenössisches Musiktheater und Semperoper sind eben nicht unbedingt eine eingeführte Trademark.
Die Buhfraktion konzentrierte sich merkwürdigerweise vorrangig auf das Regieteam. Gefeiert wurden die Sänger, der Minichor und der Dirigent Jun Märkl, der ganz traditionell vom Graben aus den im Raum verteilten vielgliedrigen musikalischen Apparat präzis steuerte.
" Wenn man alles, was hörspieltypisch ist, weglässt, kommt man zu einem anderen Kern. Es ist etwas anderes als bei Bachmann. "
So die Komponistin Adriana Hölszky. Ingeborg Bachmanns Hörspiel stammt aus dem Jahre 1958. "Der Gute Gott von Manhattan" ist dort angelegt als Gerichtsverhandlung mit Rückblenden aber ohne Urteil über den mörderischen Gott.
Hölszkys Oper nach einem Libretto von Yona Kim, uraufgeführt bei den Schwetzinger Festspielen 2004, konzentriert sich ganz auf das Geschehen zwischen dem Paar selbst. Die "Zweit-Uraufführung", wie die Premiere in der Semperoper jetzt etwas übertrieben bezeichnet wird, radikalisiert das Geschehen noch weiter.
Regisseur Stephan Kimmig und seine Ausstatterin Anja Rabes haben die Szene neu gestaltet. Zeigten sie das Stück im kleinen Schwetzinger Hoftheater in der drangvollen Enge einer eher realistischen Hotelabsteige, wird die Handlung hier auf eine Art Ringkampfpodest exponiert, das mit Schaumgummi-Matratzen ausgelegt ist.
Das Paar watet anfangs unsicher wie auf schwankendem Boden, robbt aneinander heran, mustert sich zum Ring-, zum Liebeskampf und entfernt sich allmählich wieder. Als gleichsam Kampfrichter und anfeuerndes Publikum sitzen zu beiden Seiten in einer Art Telefonkabinen acht Choristen mit ihren Notenkladden, trappeln gelegentlich zu ihren rhythmischen Gesängen und Schreien mit den Füßen.
Hinten sitzen die beiden in aberwitzig hohen Koloraturen geführten Polizistinnen, eine zum Weissagen unfähige Zigeunerin und der im Falsett kreischend, fistelnd, schreiend sich überschlagende "Gute Gott" mit ordensgeschmücktem himmelblauem Jackett, eine Art verkörpertes Gutes Gewissen einer moralinsauren "Neuen Welt". Die wie ein Käfer sich windende Jennifer lässt er schließlich unter einer Plastikplane ersticken.
Für das Protagonistenpaar hat Adriana Hölszky unterschiedliche Versionen geschrieben, eine "einfachere", die in Schwetzingen zur Aufführung kam, und eine "geschärfte", wie sie sagt: "Das ist eine Option. Man kann die Hauptfiguren verschärfen."
Und die Jennifer in der neuen Dresdner Inszenierung singt diese "geschärfte" Fassung. Die Amerikanerin Jennifer Arnold ist gleichsam eine Idealbesetzung für diese Jennifer. Stimmlich wie darstellerisch beherrscht sie über weite Strecken die Szene: Wie sie allmählich ihre Scheu abstreift, wie sie Jan herausreizt und ihn wieder abstößt – bis sie sich ihrem Schicksal, dem "Guten Gott" in Gestalt des phänomenalen Counter Daniel Gloger, unterwerfen muss.
Ungleich stärker wäre die Wirkung, würde auch das Geschehen wie in einer Arena – und wie Gottfried Semper ja ursprünglich dies Theater bauen wollte – in den Mittelpunkt gerückt sein. Hölszky, die ihre Partitur in Schichten angelegt und die Instrumente im Raum verteilt hat – einige Blechblas- und Schlaginstrumente in den beiden oberen Rängen, Hölszky denkt in musikalischen, nicht unbedingt theatralischen Kategorien.
Die Akustik des Hauses unterstützt die "Verräumlichung" der Klänge geradezu ideal und fast ganz ohne technische Krücken. Aber die Guckkastenbühne rückt die Szene zugleich wieder in die Ferne, was möglicherweise auch ein vorzeitiges und kontinuierliches Abwandern des teils wohl verirrten Publikums aus dieser etwa 80minütgen Aufführung beförderte - Zeitgenössisches Musiktheater und Semperoper sind eben nicht unbedingt eine eingeführte Trademark.
Die Buhfraktion konzentrierte sich merkwürdigerweise vorrangig auf das Regieteam. Gefeiert wurden die Sänger, der Minichor und der Dirigent Jun Märkl, der ganz traditionell vom Graben aus den im Raum verteilten vielgliedrigen musikalischen Apparat präzis steuerte.