Norman Rockwells Glück war seine beschränkte Vorstellungskraft. Amerikas berühmtester und einflussreichster Illustrator konnte nicht aus dem Kopf oder Bauch heraus malen. Er brauchte dazu eine präzise Vorlage. Während zwanzig seiner beinahe sechzig Jahre währenden Karriere arbeitete er deshalb mit professionellen Modellen. Doch erst als Rockwell Mitte der 1930er-Jahre dazu überging, seine Sujets zu fotografieren, kam sein Talent wirklich zum Tragen:
Erst die Fotografie habe den Realismus, den Charakter und die Detailgenauigkeit ermöglicht, die den Kern von Rockwells Werk ausmache, sagt Ron Schick, der Kurator der Ausstellung "Norman Rockwell: Behind the Camera”.
Rockwell fing an, Freunde und Nachbarn zu rekrutieren und mit ihnen jene unverwechselbaren Szenen zu inszenieren, die später die Seiten und Titelblätter von populären Magazinen wie der Saturday Evening Post zieren sollten. Die Familie beim Thanksgiving-Essen etwa. Oder der kleine Ausreißer, dem der wohlwollende Polizist in einer Soda-Bar noch eine Limonade spendiert, bevor er ihn nach Hause zurückbringt. Meistens montierte Norman Rockwell Teile verschiedener Aufnahmen zusammen. Von dieser Collage fertigte er eine Kohlezeichnung an, die dann als Muster für das Ölbild am Schluss diente.
Nie jedoch drückte Rockwell selber auf den Auslöser. Er arbeitete vielmehr mit Fotografen zusammen, die seinen Anweisungen genauso folgten wie ein Kameramann jenen eines Regisseurs. Er habe genug zu tun mit der Zeichnerei und der Malerei, meinte er, und vor allem mit dem Erfinden des Plots. Denn Norman Rockwell war ein Geschichtenerzähler:
"Er konnte eine ganze Kurzgeschichte in einem einzigen Bild erzählen. Wer sich eines seiner Bilder anschaut, kann sich genau vorstellen, was kurz davor geschah und was gleich darauf geschehen würde. Meistens zeigt uns Rockwell kleine Momente aus dem Leben, wichtige, aber keine dramatischen Augenblicke."
Norman Rockwell schilderte den Alltag des amerikanischen Kleinbürgertums, wie dieses ihn sich erträumte. Rockwells Geschäft war die stilisierte Realität, die Beschwörung ur-amerikanischer Mythen und Wertsysteme.
Diese Ausstellung gewährt erstmals Einblick in Norman Rockwells Studio und zeigt überdies, wie penibel die Rockwell’sche Wirklichkeit konstruiert war. So existieren unzählige fotografische Versionen von dem pausbäckigen Papa, der mit seiner gesamten Sippschaft in den Urlaub fährt. Nur dass Papa auf den meisten Abzügen Luft statt ein Steuerrad zwischen den Händen hält und in Rockwells Wohnzimmer sitzt, nicht in einem überladenen Ford. Dem Mädchen, das für dasselbe Bild einen Nachmittag lang großäugig Kaugummiblasen platzen lassen durfte, ist der Spaß an der Sache deutlich anzumerken.
Dem Kurator Ron Schick zufolge malte Norman Rockwell nicht für die Ewigkeit. Er habe sich stets als kommerziellen Künstler verstanden und sei stolz auf seinen Beruf gewesen. Kaum jemand wäre daher wohl mehr überrascht als Rockwell selber, nun nicht nur seine Bilder, sondern sogar die Fotografien in einem Museum hängen zu sehen.
Mehr zum Thema:
Die Ausstellung "Norman Rockwell: Behind the Camera” ist im Brooklyn Museum, New York, noch bis 10. April 2011 zu sehen. Unter demselben Titel ist ein 225-seitiger Katalog erschienen. Er kostet 40 Dollar.
Erst die Fotografie habe den Realismus, den Charakter und die Detailgenauigkeit ermöglicht, die den Kern von Rockwells Werk ausmache, sagt Ron Schick, der Kurator der Ausstellung "Norman Rockwell: Behind the Camera”.
Rockwell fing an, Freunde und Nachbarn zu rekrutieren und mit ihnen jene unverwechselbaren Szenen zu inszenieren, die später die Seiten und Titelblätter von populären Magazinen wie der Saturday Evening Post zieren sollten. Die Familie beim Thanksgiving-Essen etwa. Oder der kleine Ausreißer, dem der wohlwollende Polizist in einer Soda-Bar noch eine Limonade spendiert, bevor er ihn nach Hause zurückbringt. Meistens montierte Norman Rockwell Teile verschiedener Aufnahmen zusammen. Von dieser Collage fertigte er eine Kohlezeichnung an, die dann als Muster für das Ölbild am Schluss diente.
Nie jedoch drückte Rockwell selber auf den Auslöser. Er arbeitete vielmehr mit Fotografen zusammen, die seinen Anweisungen genauso folgten wie ein Kameramann jenen eines Regisseurs. Er habe genug zu tun mit der Zeichnerei und der Malerei, meinte er, und vor allem mit dem Erfinden des Plots. Denn Norman Rockwell war ein Geschichtenerzähler:
"Er konnte eine ganze Kurzgeschichte in einem einzigen Bild erzählen. Wer sich eines seiner Bilder anschaut, kann sich genau vorstellen, was kurz davor geschah und was gleich darauf geschehen würde. Meistens zeigt uns Rockwell kleine Momente aus dem Leben, wichtige, aber keine dramatischen Augenblicke."
Norman Rockwell schilderte den Alltag des amerikanischen Kleinbürgertums, wie dieses ihn sich erträumte. Rockwells Geschäft war die stilisierte Realität, die Beschwörung ur-amerikanischer Mythen und Wertsysteme.
Diese Ausstellung gewährt erstmals Einblick in Norman Rockwells Studio und zeigt überdies, wie penibel die Rockwell’sche Wirklichkeit konstruiert war. So existieren unzählige fotografische Versionen von dem pausbäckigen Papa, der mit seiner gesamten Sippschaft in den Urlaub fährt. Nur dass Papa auf den meisten Abzügen Luft statt ein Steuerrad zwischen den Händen hält und in Rockwells Wohnzimmer sitzt, nicht in einem überladenen Ford. Dem Mädchen, das für dasselbe Bild einen Nachmittag lang großäugig Kaugummiblasen platzen lassen durfte, ist der Spaß an der Sache deutlich anzumerken.
Dem Kurator Ron Schick zufolge malte Norman Rockwell nicht für die Ewigkeit. Er habe sich stets als kommerziellen Künstler verstanden und sei stolz auf seinen Beruf gewesen. Kaum jemand wäre daher wohl mehr überrascht als Rockwell selber, nun nicht nur seine Bilder, sondern sogar die Fotografien in einem Museum hängen zu sehen.
Die Ausstellung "Norman Rockwell: Behind the Camera” ist im Brooklyn Museum, New York, noch bis 10. April 2011 zu sehen. Unter demselben Titel ist ein 225-seitiger Katalog erschienen. Er kostet 40 Dollar.