Klemm: Sicher ist richtig: Der Pisa-Schock hat aufgerüttelt, hat auch die Frage der Finanzierung neu in den Mittelpunkt gerückt. Wenn wir allerdings die Entwicklung der gesamten Bildungshaushalte sehen, bewegt sich bisher allenfalls Marginales. Was der Bund im Augenblick tut, ist sicher löblich, aber das ist der kleine Teil. Der Bund bezahlt drei bis fünf Prozent des Bildungsbudget. Das Gros kommt aus den Bildungsbudgets der Länder und Kommunen.
Honecker: Also geben die Länder und die Kommunen zu wenig?
Klemm: Wir haben insgesamt zu wenig Bildungsausgaben, wenn wir die Summe dessen, was in Deutschland ausgegeben wird, betrachten. Ich will das mal an einem Beispiel deutlich machen. Deutschland gibt 4,3 Prozent seines Inlandsproduktes an öffentlichen Mitteln für Bildung aus, Schweden 6.3 Prozent. Wenn wir schwedisches Niveau hätten, würden wir nicht 95 Milliarden, sondern 135 Milliarden Euro jährlich für Bildung ausgeben. Die Schweden, auf unsere Bevölkerungszahl hochgerechnet, geben 40 Milliarden Euro mehr aus als wir.
Honecker: Wenn man sich die Bildungsbereiche in Deutschland anguckt, den vorschulischen, den schulischen und auch den hochschulischen Bereich, sind da die Bildungsdefizite, die Sie anprangern, überall gleich verteilt?
Klemm: Wenn ich zunächst mal den Schul- und den Hochschulbereich vergleiche, ist es aus meiner Sicht - nicht weil ich Professor bin, sondern auch mit Blick auf die Zahlen - im Hochschulbereich schlimmer, als im Schulbereich. Im Schulbereich sind stagnierende Mittel zum Teil über viele Jahre dadurch ausgeglichen worden, dass es immer weniger Schüler gab. Im Hochschulbereich haben wir bisher - und das bleibt auch noch lange so - kein Absinken der Studentenzahlen, sodass es im Hochschulbereich zu einer deutlichen Verschlechterung gekommen ist. Ich will das mal in den Preisen von 1975 sagen. 1975 hatten wir je Student 12.800 Euro Hochschulausgaben, im Jahre 2000 sind wir bei 9.600 Euro. Das ist eine Verschlechterung auf etwa 75 Prozent im Verlauf dieses Vierteljahrhunderts.
Honecker: Was ist denn Ihre Forderung? Muss man das Geld, das im Bundeshaushalt oder in den Länderhaushalten vorhanden ist, anders verteilen?
Klemm: Es gibt sicher Möglichkeiten, durch sinnvollere Verteilungen zu vernünftigeren Mittelnutzungen zu kommen. Das ist keine Frage. Aber da ist der Spielraum inzwischen sehr begrenzt. Wenn wir in unsere Schulen gehen und sehen, dass wir inzwischen in der Sekundarstufe eine Klassenstärke von weit über 30 Schülern haben, wenn wir sehen, dass im Kindergartenbereich immer noch nicht einmal alle, die einen Kindergartenplatz haben sollten, wirklich einen kriegen, wenn wir sehen, dass eine größere Zahl von Studenten tatsächlich jobben muss, um den Lebensunterhalt während des Studium zahlen zu können, wenn wir dies alles sehen, dann weiß ich nicht mehr, aus welchem Mangelbereich man noch Geld verschieben kann.
Honecker: Wenn wir über Sparmöglichkeiten sprechen - zum Beispiel sind Lehrergehälter im internationalen Vergleich in Deutschland sehr hoch - sollten wir da vielleicht bei den Personalkosten kürzen?
Klemm: Ich will jetzt nicht kontern, aber ich glaube, auch die Journalistengehälter sind im internationalen Vergleich ganz gut, auf jeden Fall gilt das für viele Gehälter. Wir müssen die Lehrergehälter im Vergleich zu dem betrachten, was ähnlich ausgebildete andere Gruppen kriegen. Das geschieht bei diesen Vergleichsdaten, die immer herangezogen werden, nicht. Aber selbst wenn Sie zu hoch wären, wir müssen sehen, wir laufen jetzt in eine Phase hinein, wo wir den Lehrerbedarf nur schwer werden decken können. Wir haben im Moment nicht genug Studenten, die Lehrer werden wollen. Wenn wir jetzt sagen, wir verschlechtern die Gehaltssituation für diese Gruppe, werden es weniger werden, nicht mehr. Da müssen die, die immer den Markt besingen, seine Vorteile lobpreisen und müssen sich sagen, da funktioniert jetzt der Markt.
Honecker: Können Sie denn konkrete Sparmöglichkeiten benennen?
Klemm: Ich meine, dass wir viel zu lange Studienzeiten haben. Ich glaube nicht, das die Bachelor-Master-Richtung da ran geht, dass das wirklich die Abhilfe schaffen würde. Ich denke, dass wir dann sparen könnten, wenn wir von den zum Teil unsinnig langen Studienzeiten runterkämen. Da sind wir schlecht. Da muss man aus dem Teufelskreis raus. Wenn man Maßnahmen personeller Art und in Bezug auf die Struktur des Studiums schaffen kann, dieses Studium zu verkürzen, dann kann man Gelder einsparen, die man wirklich sinnvoller ausgeben könnte, als dafür, Studenten zum dritten Mal auf einen Seminarplatz warten zu lassen.
Honecker: Also geben die Länder und die Kommunen zu wenig?
Klemm: Wir haben insgesamt zu wenig Bildungsausgaben, wenn wir die Summe dessen, was in Deutschland ausgegeben wird, betrachten. Ich will das mal an einem Beispiel deutlich machen. Deutschland gibt 4,3 Prozent seines Inlandsproduktes an öffentlichen Mitteln für Bildung aus, Schweden 6.3 Prozent. Wenn wir schwedisches Niveau hätten, würden wir nicht 95 Milliarden, sondern 135 Milliarden Euro jährlich für Bildung ausgeben. Die Schweden, auf unsere Bevölkerungszahl hochgerechnet, geben 40 Milliarden Euro mehr aus als wir.
Honecker: Wenn man sich die Bildungsbereiche in Deutschland anguckt, den vorschulischen, den schulischen und auch den hochschulischen Bereich, sind da die Bildungsdefizite, die Sie anprangern, überall gleich verteilt?
Klemm: Wenn ich zunächst mal den Schul- und den Hochschulbereich vergleiche, ist es aus meiner Sicht - nicht weil ich Professor bin, sondern auch mit Blick auf die Zahlen - im Hochschulbereich schlimmer, als im Schulbereich. Im Schulbereich sind stagnierende Mittel zum Teil über viele Jahre dadurch ausgeglichen worden, dass es immer weniger Schüler gab. Im Hochschulbereich haben wir bisher - und das bleibt auch noch lange so - kein Absinken der Studentenzahlen, sodass es im Hochschulbereich zu einer deutlichen Verschlechterung gekommen ist. Ich will das mal in den Preisen von 1975 sagen. 1975 hatten wir je Student 12.800 Euro Hochschulausgaben, im Jahre 2000 sind wir bei 9.600 Euro. Das ist eine Verschlechterung auf etwa 75 Prozent im Verlauf dieses Vierteljahrhunderts.
Honecker: Was ist denn Ihre Forderung? Muss man das Geld, das im Bundeshaushalt oder in den Länderhaushalten vorhanden ist, anders verteilen?
Klemm: Es gibt sicher Möglichkeiten, durch sinnvollere Verteilungen zu vernünftigeren Mittelnutzungen zu kommen. Das ist keine Frage. Aber da ist der Spielraum inzwischen sehr begrenzt. Wenn wir in unsere Schulen gehen und sehen, dass wir inzwischen in der Sekundarstufe eine Klassenstärke von weit über 30 Schülern haben, wenn wir sehen, dass im Kindergartenbereich immer noch nicht einmal alle, die einen Kindergartenplatz haben sollten, wirklich einen kriegen, wenn wir sehen, dass eine größere Zahl von Studenten tatsächlich jobben muss, um den Lebensunterhalt während des Studium zahlen zu können, wenn wir dies alles sehen, dann weiß ich nicht mehr, aus welchem Mangelbereich man noch Geld verschieben kann.
Honecker: Wenn wir über Sparmöglichkeiten sprechen - zum Beispiel sind Lehrergehälter im internationalen Vergleich in Deutschland sehr hoch - sollten wir da vielleicht bei den Personalkosten kürzen?
Klemm: Ich will jetzt nicht kontern, aber ich glaube, auch die Journalistengehälter sind im internationalen Vergleich ganz gut, auf jeden Fall gilt das für viele Gehälter. Wir müssen die Lehrergehälter im Vergleich zu dem betrachten, was ähnlich ausgebildete andere Gruppen kriegen. Das geschieht bei diesen Vergleichsdaten, die immer herangezogen werden, nicht. Aber selbst wenn Sie zu hoch wären, wir müssen sehen, wir laufen jetzt in eine Phase hinein, wo wir den Lehrerbedarf nur schwer werden decken können. Wir haben im Moment nicht genug Studenten, die Lehrer werden wollen. Wenn wir jetzt sagen, wir verschlechtern die Gehaltssituation für diese Gruppe, werden es weniger werden, nicht mehr. Da müssen die, die immer den Markt besingen, seine Vorteile lobpreisen und müssen sich sagen, da funktioniert jetzt der Markt.
Honecker: Können Sie denn konkrete Sparmöglichkeiten benennen?
Klemm: Ich meine, dass wir viel zu lange Studienzeiten haben. Ich glaube nicht, das die Bachelor-Master-Richtung da ran geht, dass das wirklich die Abhilfe schaffen würde. Ich denke, dass wir dann sparen könnten, wenn wir von den zum Teil unsinnig langen Studienzeiten runterkämen. Da sind wir schlecht. Da muss man aus dem Teufelskreis raus. Wenn man Maßnahmen personeller Art und in Bezug auf die Struktur des Studiums schaffen kann, dieses Studium zu verkürzen, dann kann man Gelder einsparen, die man wirklich sinnvoller ausgeben könnte, als dafür, Studenten zum dritten Mal auf einen Seminarplatz warten zu lassen.