Hamburg. Landungsbrücken. Der historische Klinkerbau des Bernhard-Nocht-Institutes gibt von seiner gesamten Front aus den Blick frei aufs Meer. Von dort, aus der großen weiten Welt, kamen und kommen noch heute, die Krankheiten, die in dem Tropeninstitut behandelt werden. Oft sind es schwere, ansteckende Infektionen.
Die dem Institut angeschlossene Klinik verfügt deshalb über eine Isolierstation mit zwei Betten. Der Klinkleiter Professor Gerd Burchard:
Wir sind hier bei den Isolierbetten. Isolierbetten heißt, hier kann man Patienten reinlegen die hochkontagiöse, also hochansteckende Erkrankungen haben – Beispiel wäre Lassafieber oder Ebolafieber, aber rein theoretisch sind diese Isolierbetten natürlich auch geeignet, um da Patienten mit Pocken rein zu legen.
Über jedes der Betten wölbt sich ein Zelt aus durchsichtigem Plastik. Wenn sie in Betrieb sind, herrscht darunter Unterdruck, damit alle Krankheitserreger nach innen gezogen werden.
Da gibt es eine Schleuse, da werden Sachen eingeschleust und entsprechend kann eben auch infektiöses Material ausgeschleust werden, d.h. das kommt in die Schleuse, wird dann dort desinfiziert und kommt dann raus.
Die Tropenklinik ist eines von fünf sogenannten Kompetenzzentren in Deutschland, die im Falle einer Wiederverbreitung der Pocken die ersten Kranken so versorgen könnten, dass sich niemand infiziert. Die anderen Zentren in Leipzig, Berlin, München und Frankfurt haben teilweise sogar ganze isolierte Räume, aus denen kein Keim entkommen kann. Hier in Hamburg soll so etwas auch gebaut werden. Außerdem besitzt das Institut ein Hochsicherheitslabor, in dem die Viren diagnostiziert werden könnten.
Wir sehen unsere Aufgabe erstens in der klinischen Versorgung, entweder von Patienten, gegebenenfalls von Leuten mit Impfkomplikationen und zweitens hier in der diagnostischen Abteilung eben in der Diagnose.
Das Tropeninstitut war einmal sehr erfahren im Umgang mit dem Pockenerreger Variola Vera. 20 bis 30 verschiedene Stämme des Virus lagen hier auf Eis, bevor die Weltgesundheitsorganisation 1980 ihre Vernichtung anordnete. Wer nach Afrika oder Indien reisen wollte, konnte sich hier bis in die späten 70er hinein impfen lassen. Auch beim letzten großen Pocken-Ausbruch in Deutschland, 1970 in Meschede, waren die Hamburger vor Ort, impften alle Kontaktpersonen und verhinderten so die Ausbreitung. Vielleicht gerade deshalb kann man die Angst vor einem Einsatz des Virus` als Biowaffe hier nicht so ganz nachvollziehen. Der Leiter der Virologie, Prof. Herbert Schmitz:
Für ganz ganz unwahrscheinlich halte ich eine kriegerische biologische Auseinandersetzung mit Pocken. Im Irak sind die Leute nicht geimpft und im Irak ist auch kein Pockenimpfstoff. Also die würden sich ja selbst umbringen, selbst wenn sie's hätten, würden sie's nicht tun. Davon bin ich vollkommen überzeugt. Was man machen kann ist, dass irgendein Terrorist Psychoterror stiften will und von mir aus irgendwo hingeht und sagt: Ich habe Pocken, ich bin infiziert – lass mich Dich anhusten. Dann wird man möglichst ein paar Schritte zurückgehen, wenn der anfängt zu husten. In der U-Bahn ist das vielleicht schwierig, dann ist es noch das gescheiteste, man gibt dem mit der Cola-Flasche übern Kopf und dann möglichst sich schnell impfen zu lassen. Aber alles in allem ist das nicht sehr wirkungsvoll. Da werden vielleicht zehn Leute sich infizieren, und wenn er nichts gesagt hat und nur gehustet, dann hat er ja hohes Fieber, das wird vielleicht auch auffallen, dann werden 10 Leute richtig Pusteln haben und dann muss man hinter deren Kontaktpersonen hergehen, das sind dann vielleicht auch nochmal wieder 10. Die kann man aber impfen und dann ist Schluss.
Der Pockenexperte Schmitz hält den Kauf von 100 Millionen Dosen Impfstoff, den die Bundesregierung beschlossen hat, denn auch nicht für das Eingeständnis einer hohen Gefährdungslage:
Also diesen Impfstoff jetzt anzuschaffen, das beruht einfach darauf, dass man unter einen psychologischen Druck gerät und ich verstehe alle Politiker, die sagen, gut, es kostet zwar 200 Millionen, aber dann herrsch auch Ruhe. Sonst würde doch jeder schreien, wir kriegen demnächst hier Pockenviren und sind nicht gerüstet und die Regierung tut nichts – also standen die schon in einem Zugzwang. Das versteh ich schon.
Der Impfstoffkauf beruht aber immerhin auf einer Empfehlung, die die Weltgesundheitsorganisation nach den Terroranschlägen im September 2001 herausgegeben hat. Nicht alle Experten sind so gelassen wie Herbert Schmitz. Zwar gibt es tiefgefrorene Pockenstämme offiziell nur noch in zwei hermetisch abgesicherten Labors - zum einen in den Centers of Disease Control in Atlanta und zum anderen in einer staatlichen Forschungseinrichtung im russischen Kolzowo nahe Novosibirsk. Doch wurden Pockenviren einem früheren Mitarbeiter des sowjetischen Biowaffenprogramms zufolge dort bis in die frühen 90er hinein im Tonnenmaßstab vermehrt und niemand weiß, ob wirklich alles vernichtet worden ist oder ob nicht doch kleine Mengen in die falschen Hände gelangt sind.
Es gab diesen und jenen Hinweis, der Verdacht auslöst, aber einen der Öffentlichkeit demonstrierten Beweis, der das wirklich nachvollziehbar demonstrierte, das gab es ja bisher nicht.
So Prof. Reinhard Burger, Vizepräsident des Robert-Koch-Institutes in Berlin, der die Katastrophenpläne für den Fall eines Anschlages koordiniert. Und auch der Pockenforscher Herbert Schmitz in Hamburg will nicht ausschließen, dass die Viren noch in weiteren Laboren schlummern.
Also was mir am plausibelsten erscheint ist, dass überall auf der Welt es Pockenstämme gegeben hat, weil die ja zum Beispiel in Indien wahnsinnig häufig vorgekommen sind noch bis zu diesen Impfkampagnen mitte des vergangenen Jahrhunderts und auch in Pakistan gab es viel Pocken. Und diese Leute haben unter Umständen zwar gemeldet, sie hätten alles vernichtet, aber vielleicht haben sie doch noch ein bisschen was aufbewahrt. Andererseits muss man sagen, die WHO hat seit vielen Jahren 20 000 Dollar ausgelobt, für jemanden, der noch lebende Pockenviren anschleppt oder einen Pockenfall und es hat sich niemand diese 20 000 Dollar abgeholt seit 20 Jahren. Also spricht vieles dafür, dass es nicht so einfach sein dürfte an lebende Pocken zu kommen.
Auf jeden Fall sind sich die Experten einig, dass die Wahrscheinlichkeit für einen Pockenanschlag zwar gering ist, die Folgen für eine ungeschützte Bevölkerung aber so verheerend wären, dass es Sinn macht, sich für diesen Fall zu wappnen.
Die Impfung verhindert den Ausbruch der Krankheit selbst dann noch, wenn sie erst vier Tage nach der Ansteckung mit dem Pockenvirus verabreicht wird. Der Plan des Robert-Koch-Institutes sieht daher in der ersten Phase, in der es keine akute Bedrohung gibt, nur vorbereitende Maßnahmen vor: Der Impfstoff wird an mehreren Orten in der Bundesrepublik gelagert. Die Bundesländer müssen sich überlegen, wo sie im Notfall insgesamt 3000 Impfstellen einrichten würden, an denen sich jeder immunisieren lassen kann. Ärzte lernen die Impfung und in welchen Fällen sie davon abraten müssen, weil sie zu gefährlich wäre und wie die Nebenwirkungen aussehen. Die Details der Umsetzung dieser Phase 1 obliegen den Ländern. Prof. Reinhard Burger Vizepräsident der Bundesbehörde:
Also die Vorgabe ist zum Beispiel: Was eine Impfstätte können muss – das fängt an von Anreisemöglichkeiten über Parkplatzmöglichkeiten, über Dokumentation der Patientenbefunde, über Auswahlgespräche, also: Was muss passieren, wenn die Leute sich hinten in der Schlange anstellen, was muss geregelt sein, um das alles sachgerecht durchzuführen. Aber wir sagen jetzt nicht: Das muss das eine Kreiskrankenhaus oder die Schulturnhalle sein - das ist Sache der Länder zu sagen: Was ist in meinem Bereich am besten dafür geeignet, um diese Vorgaben quasi zu erfüllen ?
Die Kosten für all das teilen sich Bund und Länder. Auf rund 200 Millionen Euro belaufen sich Schätzungen zufolge allein die Ausgaben für Impfstoff und Instrumente. Hinzu kommen die Kosten für die Lagerung und Schulungen. Die zweite Phase des Rahmenkonzeptes begänne, wenn irgendwo ein Pockenfall entdeckt werden würde. Damit stiege die Gefahr enorm.
Wenn also irgendwo in der Welt ein Fall auftreten würde, wäre das so eine Art Beleg, dass es in unberechtigten Händen sich befindet und auch woanders auftreten kann oder sich von diesem einen Fall aus weiter verbreiten kann. Und dann würden die ersten Impfungen wirklich durchgeführt und zwar für die Personenkreise, die, wie man so schön sagt, für die Aufrechterhaltung des öffentlichen Lebens gebraucht werden, also von medizinischem Personal über Feuerwehr, Polizei und so weiter. Das wäre Phase 2. Phase 3 wäre wenn jetzt auch wenn erste Fälle in Deutschland wären oder ein Fall in Deutschland, dann würde man übergehen zu großflächigen Riegelungsimpfungen.
Die Riegelungsimpfung ist eine Strategie, die die Weltgesundheitsorganisation im Laufe ihrer Pocken-Ausrottungs-Kampagne entwickelt hat. Dabei werden alle Kontaktpersonen, die in die Nähe eines Kranken gekommen sind, vorsorglich immunisiert.
Diese Strategie hat sich bewährt, wenn grundsätzlich ein hoher Anteil der Bevölkerung geimpft ist und man dann nach diesen einzelnen Ausbrüchen man sehr konsequent alle Kontaktpersonen impft. Inwieweit diese Riegelungsimpfung auch durchführbar ist in der jetzigen Situation ist eine andere Frage, jetzt ist etwa ein Drittel der Bevölkerung nicht geimpft. Die Altimpflinge haben wahrscheinlich nur noch geringen Impfschutz, wieweit man dort durch solche Impfungen das auch begrenzen kann und ausrotten kann, das ist eine andere Frage – wenn also mehrere Fälle auftreten, könnte es rasch zu einer solchen Ausbreitung kommen – überall treten neue Fälle auf, weil man Kontaktpersonen nicht rechtzeitig erwischt hat – dass dann auch ein Übergang notwendig werden könnte zu einer generellen Impfung der Bevölkerung.
Denn die Pocken machen zwei Dinge zur attraktiven Biowaffe: Ihr so oft tödlicher Krankheitsverlauf und die Tatsache, dass sie extrem ansteckend sind. Dennoch verzichtet man in Deutschland aus gutem Grund darauf, vorsorglich zu impfen. Der Impfstoff, der sich über 150 Jahre hinweg bewährt hat, bietet zwar sicheren Schutz, aber er hat auch schwere Nebenwirkungen. Das liegt daran, dass das Impfserum ein lebendes Virus enthält und zwar das Vaccinia-Virus, das der Impfung ihren lateinischen Namen gegeben hat. Dieses Vaccinia-Virus ähnelt dem Pockenvirus stark. Es vermehrt sich im Körper und an der Stelle, auf die es am Oberarm übertragen wurde, bildet sich eine einzelne Pustel, die Impfpocke. Nach dieser Vaccinia-Infektion ist man zwar gegen die richtigen Pocken immun. Nur überfordert relativ häufig die Vaccinia-Infektion besonders empfindliche Menschen oder solche mit einer Immunschwäche.
Das sind alles Gruppen, die sich dann nicht mehr gegen das Impfvirus zur Wehr setzen und die normale Immunantwort durchführen können, die man an sich anstrebt durch die Impfung, sondern dort kann es eben zu einer Ausbreitung des Impfvirus im Körper kommen und zu massiven Schäden.
Die Nebenwirkungen ähneln den Symptomen der echten Pocken: hohes Fieber, Hirnhautentzündungen,- wenn die Haut ohnehin durch ein Ekzem geschwächt ist, kann sich die Impfpocke über den ganzen Körper ausbreiten. Von den 100 000 amerikanischen Soldaten, die seit Jahresbeginn geimpft wurden, haben jetzt drei mit den Folgen einer Hirnhautentzündung zu kämpfen. Aus diesem Grund ist nicht nur in den USA sondern auch hier bei uns der Ruf nach einem besseren, moderneren Impfstoff laut geworden. Reinhard Burger, Robert-Koch-Institut:
Was ist ein besserer Impfstoff? Es gibt besser verträgliche Impfstoffe, die gibt es bereits – hier gibt es zum Beispiel den sogenannten MVA-Stamm – was aber die Krux ist, ist , dass man die bessere Verträglichkeit sehr gut durch Studien – durch Testung an einer ausreichenden Zahl von Probanden, von Freiwilligen testen kann, dass es aber keinen Weg gibt, aus Prinzip zu testen, ob der auch schützt. Wie wollen sie belegen, dass dieser gut verträgliche Impfstoff Sie im Falle eines Ausbruchs auch schützt gegen das Wildvirus? Das war nur machbar in Zeiten, als es den Krankheitserreger noch gab und wo man zeigen konnte – dieser Impfstoff, wenn ich die Bevölkerung damit durchimpfe, gibt es keine Pockenerkrankungen mehr – heutzutage ist das aber praktisch nicht mehr zu belegen – das ist also ein grundsätzliches Problem, was nicht zu lösen ist.
Man kann Versuche mit Affen machen, die zwar kein Wirt für die Menschenpocken sind, die aber davon krank werden können. Doch erlaubt auch dies keine sicheren Rückschlüsse. Bei der Impfung mit dem sogenannten MVA-Stamm kommt aber noch ein weiteres Problem dazu. Die Impfung damit ist nur Teil eines Immunisierungsverfahrens: MVA ist nur der Vorimpfstoff.
Das ist praktisch auch ein über längere Zeit adaptierter Stamm, Vakzinia-Stamm, der sich nicht mehr vermehrt. Der noch infiziert und eine Immunantwort auslöst, aber sich im Impfänger nicht mehr vermehrt wie es das normale Impfvirus tut.
Deshalb ist einige Wochen nach der Vorimpfung noch eine Hauptimpfung mit dem normalen Vaccinia-Impfstoff nötig, die dann im allgemeinen weniger schwere Nebenwirkungen haben soll.
Müsste die Bevölkerung in Deutschland nun auf einmal durchgeimpft werden, weil es einen oder mehrere Pockenfälle gibt, dann wäre für dieses Verfahren keine Zeit. Und in der allgemeinen Panik könnte man auch nicht davon ausgehen, dass die Menschen sich im erforderlichen 4-Wochenabstand noch einmal an ihrer Impfstelle einfinden. In den USA ist auch überlegt worden, ob sich nicht die virenhemmenden Medikamente für die Pockenbehandlung eignen würden, die es seit einigen Jahren auf dem Markt gibt. Doch da stehen die Forscher vor demselben Problem wie bei der Entwicklung verträglicherer Impfstoff: Ihre Wirksamkeit kann nur im Tierversuch geprüft werden:
Man kann es nicht besser beweisen. Und das gleiche gilt für die Medikamente, die auch nicht unter wirklichen Ausbruchsbedingungen getestet werden können und die eben auch nur im Tierversuch bisher Wirkung gezeigt haben. 35:42 Also Cidofovir gibt es als orale Modifikation und an Mäuse gefüttert hatte das eine deutliche Wirkung auf die Sterblichkeit dieser Mäusepopulation, die alle mit Mausepockenvirus gechallenged wurden.
Die also dem Mausepockenvirus ausgesetzt wurden. Deutschland setzt daher, wie auch der Rest der Welt auf den altbewährten Pockenimpfstoff, den es bei den Unternehmen Berna Biotech in der Schweiz und bei der deutsch-dänischen Firma Bavarian Nordic kauft. Teilweise stammt er aus neuer Produktion, bei der das Vaccinia-Virus in Zellkulturen gezüchtet wird. Teilweise ist es aber auch noch der alte, von Kühen gewonnene Impfstoff aus den 70er Jahren. Dasselbe Produkt also, das hierzulande nach Ausrottung der Pocken ohne Not vernichtet wurde:
Man hat noch vor 10 Jahren große Mengen Impfstoff vernichtet, weil man die Aufbewahrungskosten und die Lagerkosten reduzieren wollte, Stromkosten für die Tiefkühltruhe anfang der 90er Jahre. Wegen 20 000 Dollar oder 40 000 Dollar hat man große Mengen Impfstoff vernichtet. Man hat das bedauert diese Entscheidung.
Es ist vielleicht eine Ironie der Geschichte, dass zum Zeitpunkt, als dieser Impfstoff zerstört wurde, die Pockenvirenproduktion in Russland noch auf Hochtouren lief. Nur wusste man davon noch nichts. Es zeigt wie stark die tatsächliche Gefährdungslage und die empfundene auseinander klaffen können. Und noch etwas hat die Welt in den letzten Jahren über den Bioterrorismus gelernt: Terroristische Anschläge haben in der Regel nicht zum Ziel, möglichst viele Menschen, möglichst schnell umzubringen. Die Absicht von Terroristen ist es, mit möglichst geringem Aufwand möglichst viel Schrecken zu verbreiten und das öffentliche Leben lahm zu legen. Wie schnell das passieren kann, ließ sich in den USA beobachten - bei den Anthrax-Anschlägen. July Gerberding vom Centers of Disease Control in Atlanta:
Hunderte wurden untersucht, die Milzbrand gehabt haben könnten oder auch nicht. 30 000 Leute begannen damit, Antibiotika zu schlucken. 10 000en wurde empfohlen, sie 60 Tage lang weiter zu nehmen. Das bedeutet eine enorme finanzielle Last für die Öffentlichkeit. Außerdem haben wir gelernt, dass ein paar Gramm Puder in einigen Umschlägen das Postsystem verseuchen können. Eine kleine Zahl solcher Briefe, strategisch gut im Land verteilt könnte nicht nur die Regierung lahm legen, sondern die gesamte Post. Das ist Terrorismus. Diese ganze Episode mit der Untersuchung von Poststellen hat unser Labornetzwerk mit Arbeit überflutet, vor allem wegen der vielen Proben die zu testen waren, ganz zu schweigen von den vielen Briefen mit Puderzucker darin, die wir zur Prüfung bekommen haben.
Und so bleibt die gefährlichste Waffe der Terroristen nicht der Pockenvirus, sondern die Möglichkeit, ganze Gesellschaften in Angst und Schrecken zu versetzen. Gegen Viren gibt es Impfstoffe. Gegen eine Panik in der Bevölkerung nicht. Und ob es nun sachlich notwendig ist oder nicht, dass in Deutschland genügend Impfstoff gegen die Pocken bereit gestellt wird - auf jeden Fall hilft es eine mögliche Panik zu verhindern.
Die dem Institut angeschlossene Klinik verfügt deshalb über eine Isolierstation mit zwei Betten. Der Klinkleiter Professor Gerd Burchard:
Wir sind hier bei den Isolierbetten. Isolierbetten heißt, hier kann man Patienten reinlegen die hochkontagiöse, also hochansteckende Erkrankungen haben – Beispiel wäre Lassafieber oder Ebolafieber, aber rein theoretisch sind diese Isolierbetten natürlich auch geeignet, um da Patienten mit Pocken rein zu legen.
Über jedes der Betten wölbt sich ein Zelt aus durchsichtigem Plastik. Wenn sie in Betrieb sind, herrscht darunter Unterdruck, damit alle Krankheitserreger nach innen gezogen werden.
Da gibt es eine Schleuse, da werden Sachen eingeschleust und entsprechend kann eben auch infektiöses Material ausgeschleust werden, d.h. das kommt in die Schleuse, wird dann dort desinfiziert und kommt dann raus.
Die Tropenklinik ist eines von fünf sogenannten Kompetenzzentren in Deutschland, die im Falle einer Wiederverbreitung der Pocken die ersten Kranken so versorgen könnten, dass sich niemand infiziert. Die anderen Zentren in Leipzig, Berlin, München und Frankfurt haben teilweise sogar ganze isolierte Räume, aus denen kein Keim entkommen kann. Hier in Hamburg soll so etwas auch gebaut werden. Außerdem besitzt das Institut ein Hochsicherheitslabor, in dem die Viren diagnostiziert werden könnten.
Wir sehen unsere Aufgabe erstens in der klinischen Versorgung, entweder von Patienten, gegebenenfalls von Leuten mit Impfkomplikationen und zweitens hier in der diagnostischen Abteilung eben in der Diagnose.
Das Tropeninstitut war einmal sehr erfahren im Umgang mit dem Pockenerreger Variola Vera. 20 bis 30 verschiedene Stämme des Virus lagen hier auf Eis, bevor die Weltgesundheitsorganisation 1980 ihre Vernichtung anordnete. Wer nach Afrika oder Indien reisen wollte, konnte sich hier bis in die späten 70er hinein impfen lassen. Auch beim letzten großen Pocken-Ausbruch in Deutschland, 1970 in Meschede, waren die Hamburger vor Ort, impften alle Kontaktpersonen und verhinderten so die Ausbreitung. Vielleicht gerade deshalb kann man die Angst vor einem Einsatz des Virus` als Biowaffe hier nicht so ganz nachvollziehen. Der Leiter der Virologie, Prof. Herbert Schmitz:
Für ganz ganz unwahrscheinlich halte ich eine kriegerische biologische Auseinandersetzung mit Pocken. Im Irak sind die Leute nicht geimpft und im Irak ist auch kein Pockenimpfstoff. Also die würden sich ja selbst umbringen, selbst wenn sie's hätten, würden sie's nicht tun. Davon bin ich vollkommen überzeugt. Was man machen kann ist, dass irgendein Terrorist Psychoterror stiften will und von mir aus irgendwo hingeht und sagt: Ich habe Pocken, ich bin infiziert – lass mich Dich anhusten. Dann wird man möglichst ein paar Schritte zurückgehen, wenn der anfängt zu husten. In der U-Bahn ist das vielleicht schwierig, dann ist es noch das gescheiteste, man gibt dem mit der Cola-Flasche übern Kopf und dann möglichst sich schnell impfen zu lassen. Aber alles in allem ist das nicht sehr wirkungsvoll. Da werden vielleicht zehn Leute sich infizieren, und wenn er nichts gesagt hat und nur gehustet, dann hat er ja hohes Fieber, das wird vielleicht auch auffallen, dann werden 10 Leute richtig Pusteln haben und dann muss man hinter deren Kontaktpersonen hergehen, das sind dann vielleicht auch nochmal wieder 10. Die kann man aber impfen und dann ist Schluss.
Der Pockenexperte Schmitz hält den Kauf von 100 Millionen Dosen Impfstoff, den die Bundesregierung beschlossen hat, denn auch nicht für das Eingeständnis einer hohen Gefährdungslage:
Also diesen Impfstoff jetzt anzuschaffen, das beruht einfach darauf, dass man unter einen psychologischen Druck gerät und ich verstehe alle Politiker, die sagen, gut, es kostet zwar 200 Millionen, aber dann herrsch auch Ruhe. Sonst würde doch jeder schreien, wir kriegen demnächst hier Pockenviren und sind nicht gerüstet und die Regierung tut nichts – also standen die schon in einem Zugzwang. Das versteh ich schon.
Der Impfstoffkauf beruht aber immerhin auf einer Empfehlung, die die Weltgesundheitsorganisation nach den Terroranschlägen im September 2001 herausgegeben hat. Nicht alle Experten sind so gelassen wie Herbert Schmitz. Zwar gibt es tiefgefrorene Pockenstämme offiziell nur noch in zwei hermetisch abgesicherten Labors - zum einen in den Centers of Disease Control in Atlanta und zum anderen in einer staatlichen Forschungseinrichtung im russischen Kolzowo nahe Novosibirsk. Doch wurden Pockenviren einem früheren Mitarbeiter des sowjetischen Biowaffenprogramms zufolge dort bis in die frühen 90er hinein im Tonnenmaßstab vermehrt und niemand weiß, ob wirklich alles vernichtet worden ist oder ob nicht doch kleine Mengen in die falschen Hände gelangt sind.
Es gab diesen und jenen Hinweis, der Verdacht auslöst, aber einen der Öffentlichkeit demonstrierten Beweis, der das wirklich nachvollziehbar demonstrierte, das gab es ja bisher nicht.
So Prof. Reinhard Burger, Vizepräsident des Robert-Koch-Institutes in Berlin, der die Katastrophenpläne für den Fall eines Anschlages koordiniert. Und auch der Pockenforscher Herbert Schmitz in Hamburg will nicht ausschließen, dass die Viren noch in weiteren Laboren schlummern.
Also was mir am plausibelsten erscheint ist, dass überall auf der Welt es Pockenstämme gegeben hat, weil die ja zum Beispiel in Indien wahnsinnig häufig vorgekommen sind noch bis zu diesen Impfkampagnen mitte des vergangenen Jahrhunderts und auch in Pakistan gab es viel Pocken. Und diese Leute haben unter Umständen zwar gemeldet, sie hätten alles vernichtet, aber vielleicht haben sie doch noch ein bisschen was aufbewahrt. Andererseits muss man sagen, die WHO hat seit vielen Jahren 20 000 Dollar ausgelobt, für jemanden, der noch lebende Pockenviren anschleppt oder einen Pockenfall und es hat sich niemand diese 20 000 Dollar abgeholt seit 20 Jahren. Also spricht vieles dafür, dass es nicht so einfach sein dürfte an lebende Pocken zu kommen.
Auf jeden Fall sind sich die Experten einig, dass die Wahrscheinlichkeit für einen Pockenanschlag zwar gering ist, die Folgen für eine ungeschützte Bevölkerung aber so verheerend wären, dass es Sinn macht, sich für diesen Fall zu wappnen.
Die Impfung verhindert den Ausbruch der Krankheit selbst dann noch, wenn sie erst vier Tage nach der Ansteckung mit dem Pockenvirus verabreicht wird. Der Plan des Robert-Koch-Institutes sieht daher in der ersten Phase, in der es keine akute Bedrohung gibt, nur vorbereitende Maßnahmen vor: Der Impfstoff wird an mehreren Orten in der Bundesrepublik gelagert. Die Bundesländer müssen sich überlegen, wo sie im Notfall insgesamt 3000 Impfstellen einrichten würden, an denen sich jeder immunisieren lassen kann. Ärzte lernen die Impfung und in welchen Fällen sie davon abraten müssen, weil sie zu gefährlich wäre und wie die Nebenwirkungen aussehen. Die Details der Umsetzung dieser Phase 1 obliegen den Ländern. Prof. Reinhard Burger Vizepräsident der Bundesbehörde:
Also die Vorgabe ist zum Beispiel: Was eine Impfstätte können muss – das fängt an von Anreisemöglichkeiten über Parkplatzmöglichkeiten, über Dokumentation der Patientenbefunde, über Auswahlgespräche, also: Was muss passieren, wenn die Leute sich hinten in der Schlange anstellen, was muss geregelt sein, um das alles sachgerecht durchzuführen. Aber wir sagen jetzt nicht: Das muss das eine Kreiskrankenhaus oder die Schulturnhalle sein - das ist Sache der Länder zu sagen: Was ist in meinem Bereich am besten dafür geeignet, um diese Vorgaben quasi zu erfüllen ?
Die Kosten für all das teilen sich Bund und Länder. Auf rund 200 Millionen Euro belaufen sich Schätzungen zufolge allein die Ausgaben für Impfstoff und Instrumente. Hinzu kommen die Kosten für die Lagerung und Schulungen. Die zweite Phase des Rahmenkonzeptes begänne, wenn irgendwo ein Pockenfall entdeckt werden würde. Damit stiege die Gefahr enorm.
Wenn also irgendwo in der Welt ein Fall auftreten würde, wäre das so eine Art Beleg, dass es in unberechtigten Händen sich befindet und auch woanders auftreten kann oder sich von diesem einen Fall aus weiter verbreiten kann. Und dann würden die ersten Impfungen wirklich durchgeführt und zwar für die Personenkreise, die, wie man so schön sagt, für die Aufrechterhaltung des öffentlichen Lebens gebraucht werden, also von medizinischem Personal über Feuerwehr, Polizei und so weiter. Das wäre Phase 2. Phase 3 wäre wenn jetzt auch wenn erste Fälle in Deutschland wären oder ein Fall in Deutschland, dann würde man übergehen zu großflächigen Riegelungsimpfungen.
Die Riegelungsimpfung ist eine Strategie, die die Weltgesundheitsorganisation im Laufe ihrer Pocken-Ausrottungs-Kampagne entwickelt hat. Dabei werden alle Kontaktpersonen, die in die Nähe eines Kranken gekommen sind, vorsorglich immunisiert.
Diese Strategie hat sich bewährt, wenn grundsätzlich ein hoher Anteil der Bevölkerung geimpft ist und man dann nach diesen einzelnen Ausbrüchen man sehr konsequent alle Kontaktpersonen impft. Inwieweit diese Riegelungsimpfung auch durchführbar ist in der jetzigen Situation ist eine andere Frage, jetzt ist etwa ein Drittel der Bevölkerung nicht geimpft. Die Altimpflinge haben wahrscheinlich nur noch geringen Impfschutz, wieweit man dort durch solche Impfungen das auch begrenzen kann und ausrotten kann, das ist eine andere Frage – wenn also mehrere Fälle auftreten, könnte es rasch zu einer solchen Ausbreitung kommen – überall treten neue Fälle auf, weil man Kontaktpersonen nicht rechtzeitig erwischt hat – dass dann auch ein Übergang notwendig werden könnte zu einer generellen Impfung der Bevölkerung.
Denn die Pocken machen zwei Dinge zur attraktiven Biowaffe: Ihr so oft tödlicher Krankheitsverlauf und die Tatsache, dass sie extrem ansteckend sind. Dennoch verzichtet man in Deutschland aus gutem Grund darauf, vorsorglich zu impfen. Der Impfstoff, der sich über 150 Jahre hinweg bewährt hat, bietet zwar sicheren Schutz, aber er hat auch schwere Nebenwirkungen. Das liegt daran, dass das Impfserum ein lebendes Virus enthält und zwar das Vaccinia-Virus, das der Impfung ihren lateinischen Namen gegeben hat. Dieses Vaccinia-Virus ähnelt dem Pockenvirus stark. Es vermehrt sich im Körper und an der Stelle, auf die es am Oberarm übertragen wurde, bildet sich eine einzelne Pustel, die Impfpocke. Nach dieser Vaccinia-Infektion ist man zwar gegen die richtigen Pocken immun. Nur überfordert relativ häufig die Vaccinia-Infektion besonders empfindliche Menschen oder solche mit einer Immunschwäche.
Das sind alles Gruppen, die sich dann nicht mehr gegen das Impfvirus zur Wehr setzen und die normale Immunantwort durchführen können, die man an sich anstrebt durch die Impfung, sondern dort kann es eben zu einer Ausbreitung des Impfvirus im Körper kommen und zu massiven Schäden.
Die Nebenwirkungen ähneln den Symptomen der echten Pocken: hohes Fieber, Hirnhautentzündungen,- wenn die Haut ohnehin durch ein Ekzem geschwächt ist, kann sich die Impfpocke über den ganzen Körper ausbreiten. Von den 100 000 amerikanischen Soldaten, die seit Jahresbeginn geimpft wurden, haben jetzt drei mit den Folgen einer Hirnhautentzündung zu kämpfen. Aus diesem Grund ist nicht nur in den USA sondern auch hier bei uns der Ruf nach einem besseren, moderneren Impfstoff laut geworden. Reinhard Burger, Robert-Koch-Institut:
Was ist ein besserer Impfstoff? Es gibt besser verträgliche Impfstoffe, die gibt es bereits – hier gibt es zum Beispiel den sogenannten MVA-Stamm – was aber die Krux ist, ist , dass man die bessere Verträglichkeit sehr gut durch Studien – durch Testung an einer ausreichenden Zahl von Probanden, von Freiwilligen testen kann, dass es aber keinen Weg gibt, aus Prinzip zu testen, ob der auch schützt. Wie wollen sie belegen, dass dieser gut verträgliche Impfstoff Sie im Falle eines Ausbruchs auch schützt gegen das Wildvirus? Das war nur machbar in Zeiten, als es den Krankheitserreger noch gab und wo man zeigen konnte – dieser Impfstoff, wenn ich die Bevölkerung damit durchimpfe, gibt es keine Pockenerkrankungen mehr – heutzutage ist das aber praktisch nicht mehr zu belegen – das ist also ein grundsätzliches Problem, was nicht zu lösen ist.
Man kann Versuche mit Affen machen, die zwar kein Wirt für die Menschenpocken sind, die aber davon krank werden können. Doch erlaubt auch dies keine sicheren Rückschlüsse. Bei der Impfung mit dem sogenannten MVA-Stamm kommt aber noch ein weiteres Problem dazu. Die Impfung damit ist nur Teil eines Immunisierungsverfahrens: MVA ist nur der Vorimpfstoff.
Das ist praktisch auch ein über längere Zeit adaptierter Stamm, Vakzinia-Stamm, der sich nicht mehr vermehrt. Der noch infiziert und eine Immunantwort auslöst, aber sich im Impfänger nicht mehr vermehrt wie es das normale Impfvirus tut.
Deshalb ist einige Wochen nach der Vorimpfung noch eine Hauptimpfung mit dem normalen Vaccinia-Impfstoff nötig, die dann im allgemeinen weniger schwere Nebenwirkungen haben soll.
Müsste die Bevölkerung in Deutschland nun auf einmal durchgeimpft werden, weil es einen oder mehrere Pockenfälle gibt, dann wäre für dieses Verfahren keine Zeit. Und in der allgemeinen Panik könnte man auch nicht davon ausgehen, dass die Menschen sich im erforderlichen 4-Wochenabstand noch einmal an ihrer Impfstelle einfinden. In den USA ist auch überlegt worden, ob sich nicht die virenhemmenden Medikamente für die Pockenbehandlung eignen würden, die es seit einigen Jahren auf dem Markt gibt. Doch da stehen die Forscher vor demselben Problem wie bei der Entwicklung verträglicherer Impfstoff: Ihre Wirksamkeit kann nur im Tierversuch geprüft werden:
Man kann es nicht besser beweisen. Und das gleiche gilt für die Medikamente, die auch nicht unter wirklichen Ausbruchsbedingungen getestet werden können und die eben auch nur im Tierversuch bisher Wirkung gezeigt haben. 35:42 Also Cidofovir gibt es als orale Modifikation und an Mäuse gefüttert hatte das eine deutliche Wirkung auf die Sterblichkeit dieser Mäusepopulation, die alle mit Mausepockenvirus gechallenged wurden.
Die also dem Mausepockenvirus ausgesetzt wurden. Deutschland setzt daher, wie auch der Rest der Welt auf den altbewährten Pockenimpfstoff, den es bei den Unternehmen Berna Biotech in der Schweiz und bei der deutsch-dänischen Firma Bavarian Nordic kauft. Teilweise stammt er aus neuer Produktion, bei der das Vaccinia-Virus in Zellkulturen gezüchtet wird. Teilweise ist es aber auch noch der alte, von Kühen gewonnene Impfstoff aus den 70er Jahren. Dasselbe Produkt also, das hierzulande nach Ausrottung der Pocken ohne Not vernichtet wurde:
Man hat noch vor 10 Jahren große Mengen Impfstoff vernichtet, weil man die Aufbewahrungskosten und die Lagerkosten reduzieren wollte, Stromkosten für die Tiefkühltruhe anfang der 90er Jahre. Wegen 20 000 Dollar oder 40 000 Dollar hat man große Mengen Impfstoff vernichtet. Man hat das bedauert diese Entscheidung.
Es ist vielleicht eine Ironie der Geschichte, dass zum Zeitpunkt, als dieser Impfstoff zerstört wurde, die Pockenvirenproduktion in Russland noch auf Hochtouren lief. Nur wusste man davon noch nichts. Es zeigt wie stark die tatsächliche Gefährdungslage und die empfundene auseinander klaffen können. Und noch etwas hat die Welt in den letzten Jahren über den Bioterrorismus gelernt: Terroristische Anschläge haben in der Regel nicht zum Ziel, möglichst viele Menschen, möglichst schnell umzubringen. Die Absicht von Terroristen ist es, mit möglichst geringem Aufwand möglichst viel Schrecken zu verbreiten und das öffentliche Leben lahm zu legen. Wie schnell das passieren kann, ließ sich in den USA beobachten - bei den Anthrax-Anschlägen. July Gerberding vom Centers of Disease Control in Atlanta:
Hunderte wurden untersucht, die Milzbrand gehabt haben könnten oder auch nicht. 30 000 Leute begannen damit, Antibiotika zu schlucken. 10 000en wurde empfohlen, sie 60 Tage lang weiter zu nehmen. Das bedeutet eine enorme finanzielle Last für die Öffentlichkeit. Außerdem haben wir gelernt, dass ein paar Gramm Puder in einigen Umschlägen das Postsystem verseuchen können. Eine kleine Zahl solcher Briefe, strategisch gut im Land verteilt könnte nicht nur die Regierung lahm legen, sondern die gesamte Post. Das ist Terrorismus. Diese ganze Episode mit der Untersuchung von Poststellen hat unser Labornetzwerk mit Arbeit überflutet, vor allem wegen der vielen Proben die zu testen waren, ganz zu schweigen von den vielen Briefen mit Puderzucker darin, die wir zur Prüfung bekommen haben.
Und so bleibt die gefährlichste Waffe der Terroristen nicht der Pockenvirus, sondern die Möglichkeit, ganze Gesellschaften in Angst und Schrecken zu versetzen. Gegen Viren gibt es Impfstoffe. Gegen eine Panik in der Bevölkerung nicht. Und ob es nun sachlich notwendig ist oder nicht, dass in Deutschland genügend Impfstoff gegen die Pocken bereit gestellt wird - auf jeden Fall hilft es eine mögliche Panik zu verhindern.