Die Chaconne von Johann Sebastian Bach. Vor Andrés Segovia hatte niemand gewagt, das für Violine komponierte Stück auf der Gitarre zu interpretieren.
Andrés Segovia, geboren 1893 im andalusischen Industrie- und Handelsstädtchen Linares, hat dem Instrument den Weg in die großen Konzertsäle der Welt geebnet. Ende des 19. Jahrhunderts galt die Gitarre in Spanien als Spielzeug von Volkstroubadouren und Flamencomusikern, einfach und ohne jede Kunstfertigkeit zu beherrschen. So hieß es zumindest in einem Kinderlied, das ein Onkel dem gerade mal zweijährigen Andrés vorsang – und das zu dessen Erweckungserlebnis werden sollte:
Andrés Segovia: "Mein Onkel wiederholte das Lied, bis ich aufhörte zu weinen und ihn anlächelte. Dann summte er weiter und nahm mein rechtes Ärmchen in die Hand und schlug mit ihm auf seinem Knie den Rhythmus des 'jum'. Dieses rhythmische Schlagen in Verbindung mit der Melodie des Liedes verzückten mich so sehr, dass ich mich immer noch mit wohligem Schauder an diese Szene erinnere. Es war das erste Samenkorn, das mir die Muse Euterpe einpflanzte und das im Lauf der Zeit Wurzeln schlug und Früchte trug."
Die Familie, die für den Sohn eine Karriere als Jurist vorgesehen hatte, erkannte zwar früh Andrés' Talent, schickte das Kind aber in einen konventionellen Musikunterricht, so wie es sich für einen Spross aus gutbürgerlichem Haus gehörte. Doch der hatte längst seine Leidenschaft für die als Zigeunerinstrument geschmähte Gitarre entdeckt:
"Wer Geige, Cello oder Klavier spielte, war oft ein armseliger Musiker. Wenn ich mich einer Geige näherte, hörte ich Katzengejammer, beim Cello noch viel schlimmere Geräusche, das Klavier lärmte bloß – alle diese Instrumente führten mich weg von der Musik. Aber die Gitarre besaß sogar in den Händen des Volkes diesen melancholischen Klang, der sie so poetisch macht."
Segovia übte heimlich, brachte sich in durchwachten Nächten selbst das Partiturenlesen bei. Er begeisterte sich für die Werke von Fernando Sor und Francisco Tàrrega, begann mangels passendem Repertoire bald selbst klassische Musik zu transkribieren und aufzuführen: zuerst in Granada, dann 1913, mit knapp 20 Jahren, in der Hauptstadt Madrid. Ein Erfolg wurde das Konzert nicht:
"Dieser junge Mann will die dionysische Natur des Instrumentes in eine apollinische verwandeln. Die Gitarre gehört zur leidenschaftlichen Exaltiertheit der andalusischen Folklore, nicht aber zur musikalischen Ordnung, Präzision, Logik. Nur ein Verrückter überschreitet diese Grenzen."
Schrieb ein empörter Besucher. In Barcelona, am Pariser Konservatorium und in der New Yorker Carnegie Hall war man dem Musiker aufgeschlossener gegenüber. Seine eigenwilligen Interpretationen von Bach, Haydn und Vertretern der spanischen Romantik wie Isaac Albéniz und Enrique Granados beeindruckten. Segovia spielte mit Tempi und Betonungen, entlockte der Gitarre durch das Spiel mit Fingerkuppen und Fingernägeln eine beeindruckende Klangbreite und verhalf nach dem Zweiten Weltkrieg den Nylonsaiten zum Durchbruch. Die halblangen, schwarzen Haare und die markante Hornbrille wurden zu seinem Markenzeichen.
Auf seinen Tourneen durch Europa, die USA und Lateinamerika, wo Andrés Segovia von 1935 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs lebte, lernte er zeitgenössische Komponisten wie Heitor Villa-Lobos, Federico Moreno Torroba und Manuel Ponce kennen. Die Stücke, die sie für ihn schrieben, gehören längst zum klassischen Gitarrenrepertoire: Mit dem Ruf des Virtuosen wuchs auch das Renommée des Instruments. Am 2. Juni 1987 starb Andrés Segovia im Alter von 94 Jahren in Madrid. Was als sein Erbe in die Musikgeschichte eingehen sollte, hatte er selbst vorausgesagt:
"Bei aller Bescheidenheit glaube ich, dass ich derjenige war, der die Gitarre jeder Art von Publikum nahe gebracht und ihr Ansehen bei Philharmonikern, Kritikern und Komponisten erhöht hat."
Andrés Segovia, geboren 1893 im andalusischen Industrie- und Handelsstädtchen Linares, hat dem Instrument den Weg in die großen Konzertsäle der Welt geebnet. Ende des 19. Jahrhunderts galt die Gitarre in Spanien als Spielzeug von Volkstroubadouren und Flamencomusikern, einfach und ohne jede Kunstfertigkeit zu beherrschen. So hieß es zumindest in einem Kinderlied, das ein Onkel dem gerade mal zweijährigen Andrés vorsang – und das zu dessen Erweckungserlebnis werden sollte:
Andrés Segovia: "Mein Onkel wiederholte das Lied, bis ich aufhörte zu weinen und ihn anlächelte. Dann summte er weiter und nahm mein rechtes Ärmchen in die Hand und schlug mit ihm auf seinem Knie den Rhythmus des 'jum'. Dieses rhythmische Schlagen in Verbindung mit der Melodie des Liedes verzückten mich so sehr, dass ich mich immer noch mit wohligem Schauder an diese Szene erinnere. Es war das erste Samenkorn, das mir die Muse Euterpe einpflanzte und das im Lauf der Zeit Wurzeln schlug und Früchte trug."
Die Familie, die für den Sohn eine Karriere als Jurist vorgesehen hatte, erkannte zwar früh Andrés' Talent, schickte das Kind aber in einen konventionellen Musikunterricht, so wie es sich für einen Spross aus gutbürgerlichem Haus gehörte. Doch der hatte längst seine Leidenschaft für die als Zigeunerinstrument geschmähte Gitarre entdeckt:
"Wer Geige, Cello oder Klavier spielte, war oft ein armseliger Musiker. Wenn ich mich einer Geige näherte, hörte ich Katzengejammer, beim Cello noch viel schlimmere Geräusche, das Klavier lärmte bloß – alle diese Instrumente führten mich weg von der Musik. Aber die Gitarre besaß sogar in den Händen des Volkes diesen melancholischen Klang, der sie so poetisch macht."
Segovia übte heimlich, brachte sich in durchwachten Nächten selbst das Partiturenlesen bei. Er begeisterte sich für die Werke von Fernando Sor und Francisco Tàrrega, begann mangels passendem Repertoire bald selbst klassische Musik zu transkribieren und aufzuführen: zuerst in Granada, dann 1913, mit knapp 20 Jahren, in der Hauptstadt Madrid. Ein Erfolg wurde das Konzert nicht:
"Dieser junge Mann will die dionysische Natur des Instrumentes in eine apollinische verwandeln. Die Gitarre gehört zur leidenschaftlichen Exaltiertheit der andalusischen Folklore, nicht aber zur musikalischen Ordnung, Präzision, Logik. Nur ein Verrückter überschreitet diese Grenzen."
Schrieb ein empörter Besucher. In Barcelona, am Pariser Konservatorium und in der New Yorker Carnegie Hall war man dem Musiker aufgeschlossener gegenüber. Seine eigenwilligen Interpretationen von Bach, Haydn und Vertretern der spanischen Romantik wie Isaac Albéniz und Enrique Granados beeindruckten. Segovia spielte mit Tempi und Betonungen, entlockte der Gitarre durch das Spiel mit Fingerkuppen und Fingernägeln eine beeindruckende Klangbreite und verhalf nach dem Zweiten Weltkrieg den Nylonsaiten zum Durchbruch. Die halblangen, schwarzen Haare und die markante Hornbrille wurden zu seinem Markenzeichen.
Auf seinen Tourneen durch Europa, die USA und Lateinamerika, wo Andrés Segovia von 1935 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs lebte, lernte er zeitgenössische Komponisten wie Heitor Villa-Lobos, Federico Moreno Torroba und Manuel Ponce kennen. Die Stücke, die sie für ihn schrieben, gehören längst zum klassischen Gitarrenrepertoire: Mit dem Ruf des Virtuosen wuchs auch das Renommée des Instruments. Am 2. Juni 1987 starb Andrés Segovia im Alter von 94 Jahren in Madrid. Was als sein Erbe in die Musikgeschichte eingehen sollte, hatte er selbst vorausgesagt:
"Bei aller Bescheidenheit glaube ich, dass ich derjenige war, der die Gitarre jeder Art von Publikum nahe gebracht und ihr Ansehen bei Philharmonikern, Kritikern und Komponisten erhöht hat."