Ein aktueller Volltreffer hätte das werden können, dieser betagte Song aus Brecht-Weills Dreigroschenoper. Doch der für die Eröffnungsveranstaltung des Weill-Fests in Dessau gebetene Regisseur Milan Sladek wollte es gerade umgekehrt. Puppen agieren bei ihm auf der Bühne und Spatzen schießen bei ihm auf Kanonen.
Der 75.Geburtstag des Erfolgsstücks Dreigroschenoper, den man mit dieser Einrichtung des Werks feierte, wurde so zu einer Art Muppet-Show, ganz und gar nicht bitterböse sondern handzahm verkleidet bis ins Skurrile. Die Darsteller saßen auf der Bühnengalerie und trugen Texte und Songs vor, als wär’s ein Märchen aus uralten Zeiten.
Dessaus Weill-Fest im zehnten Jahr. Über Publikumszuspruch kann man bei den zehn Tagen rund um des einstigen Dessauer Kantorensohns Geburtstag nicht klagen. Für die Region ist das Festival zum kulturellen Fixpunkt geworden neben dem Bauhaus. Gut die Hälfte der Kosten kann man mittlerweile erwirtschaften aus Sponsoren- und Eintrittsgeldern.
Angewiesen wird man bei der Programmierung weiterhin sein auf Kooperationen mit ad-hoc-Ensembles zumal für kleinere Musiktheater-Produktionen, wie der neue Präsident der als Veranstalter fungierenden Kurt-Weill-Gesellschaft, Hubert Ernst, betont. Das örtliche Theater steht nur fallweise bei den größeren Werken zur Verfügung:
Gerade über Musikhochschulen kommen wir weiter und auch über Wettbewerbe in Bezug auf Kompositionen, auf Gesang, die ja schon bestehen.
So kann man in diesem Jahr auch mit zwei Raritäten aufwarten, der Tanzpantomime Die Zaubernacht, 1922 uraufgeführt, deren Notenmaterial erst jüngst rekonstruiert wurde. Es war das Werk, durch das Weill seine spätere Frau Lotte Lenya kennen lernte.
Und Studierende der Weimarer Musikhochschule erarbeiteten eine szenische Einstudierung der ersten Oper Weills, die er noch unter Aufsicht seines Lehrers Busoni als Auftragswerk der Dresdner Staatsoper schrieb, und deren Uraufführung 1926 ihn schlagartig bekannt macht: Der Protagonist.
Es handelt sich um das Psychodrama eines Schauspielers, dem es aufgrund einer privaten Krise, einer Schaffenskrise, einer emotionalen Krise nicht mehr gelingt, die verschiedenen Aspekte seiner sehr multiplen Persönlichkeit, einer Berufskrankheit, auseinander zu halten. Und die Ebenen von Schein und Sein vermischen sich und enden in einem tödlichen Konflikt.
So der Regisseur Hermann Schneider. Betrachtet wird Theater hier aus der Perspektive der Seiten- und Hinterbühne.
Das eigentliche Stück findet gar nicht statt als gesprochener oder gesungener Text sondern in Form von Pantomimen. Das ist ein dramaturgischer Kunstgriff. Und es geht eher darum, wie, unter welchen Voraussetzungen oder welchen Bedingungen eine künstlerische Aussage getroffen werden kann. Wie sich eine Figur verwandelt, wie eine Figur in eine bestimmte Emotionalität, eine bestimmte Ausrichtung, in eine bestimmte Charakterisierung einer anderen Rolle hineinschlüpfen kann.
Zwar versucht Regisseur Schneider durch Verdoppelungen per Video dem Stück eine zweite Ebene einzuziehen. Die kraftvolle Gestik der Musik umzusetzen gelingt ihm und seinen jungen Sängerdarstellern allerdings kaum. Am überzeugendsten noch Frieder Aurich in der Titelpartie.
Die Aufführung allerdings stand auch unter keinem glücklichen Stern. Der eigentlich vorgesehene Dirigent hatte sich verletzt und musste kurzfristig ersetzt werden. Auch erwies sich die Akustik in der als Konzertsaal dienenden Marienkirche als zu hallig für das eher intime Stück.
So muss man wohl noch weiter warten auf eine angemessene Aufführung, die den perspektivreichen Einakter ins Bühnenleben zurückholt.
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Der 75.Geburtstag des Erfolgsstücks Dreigroschenoper, den man mit dieser Einrichtung des Werks feierte, wurde so zu einer Art Muppet-Show, ganz und gar nicht bitterböse sondern handzahm verkleidet bis ins Skurrile. Die Darsteller saßen auf der Bühnengalerie und trugen Texte und Songs vor, als wär’s ein Märchen aus uralten Zeiten.
Dessaus Weill-Fest im zehnten Jahr. Über Publikumszuspruch kann man bei den zehn Tagen rund um des einstigen Dessauer Kantorensohns Geburtstag nicht klagen. Für die Region ist das Festival zum kulturellen Fixpunkt geworden neben dem Bauhaus. Gut die Hälfte der Kosten kann man mittlerweile erwirtschaften aus Sponsoren- und Eintrittsgeldern.
Angewiesen wird man bei der Programmierung weiterhin sein auf Kooperationen mit ad-hoc-Ensembles zumal für kleinere Musiktheater-Produktionen, wie der neue Präsident der als Veranstalter fungierenden Kurt-Weill-Gesellschaft, Hubert Ernst, betont. Das örtliche Theater steht nur fallweise bei den größeren Werken zur Verfügung:
Gerade über Musikhochschulen kommen wir weiter und auch über Wettbewerbe in Bezug auf Kompositionen, auf Gesang, die ja schon bestehen.
So kann man in diesem Jahr auch mit zwei Raritäten aufwarten, der Tanzpantomime Die Zaubernacht, 1922 uraufgeführt, deren Notenmaterial erst jüngst rekonstruiert wurde. Es war das Werk, durch das Weill seine spätere Frau Lotte Lenya kennen lernte.
Und Studierende der Weimarer Musikhochschule erarbeiteten eine szenische Einstudierung der ersten Oper Weills, die er noch unter Aufsicht seines Lehrers Busoni als Auftragswerk der Dresdner Staatsoper schrieb, und deren Uraufführung 1926 ihn schlagartig bekannt macht: Der Protagonist.
Es handelt sich um das Psychodrama eines Schauspielers, dem es aufgrund einer privaten Krise, einer Schaffenskrise, einer emotionalen Krise nicht mehr gelingt, die verschiedenen Aspekte seiner sehr multiplen Persönlichkeit, einer Berufskrankheit, auseinander zu halten. Und die Ebenen von Schein und Sein vermischen sich und enden in einem tödlichen Konflikt.
So der Regisseur Hermann Schneider. Betrachtet wird Theater hier aus der Perspektive der Seiten- und Hinterbühne.
Das eigentliche Stück findet gar nicht statt als gesprochener oder gesungener Text sondern in Form von Pantomimen. Das ist ein dramaturgischer Kunstgriff. Und es geht eher darum, wie, unter welchen Voraussetzungen oder welchen Bedingungen eine künstlerische Aussage getroffen werden kann. Wie sich eine Figur verwandelt, wie eine Figur in eine bestimmte Emotionalität, eine bestimmte Ausrichtung, in eine bestimmte Charakterisierung einer anderen Rolle hineinschlüpfen kann.
Zwar versucht Regisseur Schneider durch Verdoppelungen per Video dem Stück eine zweite Ebene einzuziehen. Die kraftvolle Gestik der Musik umzusetzen gelingt ihm und seinen jungen Sängerdarstellern allerdings kaum. Am überzeugendsten noch Frieder Aurich in der Titelpartie.
Die Aufführung allerdings stand auch unter keinem glücklichen Stern. Der eigentlich vorgesehene Dirigent hatte sich verletzt und musste kurzfristig ersetzt werden. Auch erwies sich die Akustik in der als Konzertsaal dienenden Marienkirche als zu hallig für das eher intime Stück.
So muss man wohl noch weiter warten auf eine angemessene Aufführung, die den perspektivreichen Einakter ins Bühnenleben zurückholt.
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