Ein roter Doppeldeckerbus, ein Straßenmarkt, eine Menschenmenge. Im Vordergrund des Bildes, ein junger Mann, aber nur im Schattenriss. Ein Somali vielleicht, oder ein Pakistani? Der Buchtitel: "The Islamist. Warum ich mich dem radikalen Islam in Großbritannien anschloss, was ich dort sah, und warum ich ausstieg". Das Bild spielt auf die Terroranschläge an, die am 7. Juli 2005 von britischen Muslimen in London begangen wurden. Der Verfasser ist Ed Husain, Mitte 30, in Großbritannien geboren und aufgewachsen. Ed, eigentlich heißt er Mohammed, war jahrelang Mitglied von Hizb ut-Tahrir, einer islamistischen Gruppe, die sich für die Einführung des Kalifats einsetzt und in vielen Ländern, nicht aber in Großbritannien, verboten ist:
"Ich wuchs in Ost London auf. Dort sind im Namen der Multikulti-Ideologie monokulturelle Ghettos geschaffen worden. Als 16 jähriger hatte ich keinen einzigen weißen Briten, keinen einzigen Nichtmuslimen zum Freund. Als ich mit Parolen wie: Muslime liegen im Krieg mit Großbritannien konfrontiert wurde, gab es - außer meinen Eltern- niemanden, der diese Ideen hinterfragte."
Ein aufgeweckter junger Mann auf der Suche nach einer Identität, ideologisch unsicher, nicht sonderlich koranfest - Ed Husain war der ideale Kandidat für muslimische Aktivisten, die sich in Schulen, Debattierklubs und Jugendgruppen nach neuen Mitstreitern umsahen. "Du bist weder Brite, noch Pakistani," lautete ihre Botschaft: "derlei Identitäten" seien von den westlichen Kolonialmächten geschaffen worden. Er sei einzig und allein Muslim und habe nur eine gottgegebene Pflicht :die vom Menschen geschaffenen politischen Systeme zu vernichten, und für ein weltweites Kalifat zu kämpfen. Mit allen Mitteln. Das Buch 'The Islamist' beschreibe einen typischen Werdegang, sagt Ishtiaq Hussein, eine junger britischer Muslim, der auf ähnliche Weise radikalisiert wurde, und sich heute - wie Ed Husain - vom Islamismus distanziert:
"Es gibt ein Klischee, wonach islamistische Rekruten ein bisschen verrückt sind, und aus Problemfamilien in sozialen Brennpunkten stammen - aber das stimmt nicht. Die meisten Leute, die ich bei Hizb ut-Tahrir kennenlernte, studierten an britischen Spitzenuniversitäten. Sie kamen aus guten Familien. Unter ihnen sind Ärzte, Ingenieure, Anwälte."
Ein Mord an einem christlichen Studenten, von einem Muslimen verübt, rüttelte Ed Husain auf. Heute sagt er, Islamisten hätten keine Religion. Sie missbrauchten den Islam, um ihre politische Ideologie durchzusetzen. Ed Husain arbeitet für die Quilliam Stiftung, ein Think Tank, von ehemaligen Islamisten gegründet, mit dem Ziel, Anti-Radikalisierungs-Strategien zu entwickeln:
"Ich habe mich geändert, und glaube, auch andere Leute haben das Potenzial, sich zu ändern, wenn man ihre Anschauungen offen zur Diskussion stellt und ihnen die Chance gibt, sich mit traditionellen muslimischen Schriftgelehrten auseinanderzusetzen. Gemäßigte Muslime müssen sich öffentlich zu Wort melden, wenn wir das versäumen, wird der radikale Islamismus immer mehr Anhänger gewinnen. Wir haben die Pflicht, unsere Religion und uralte muslimische Werte wie Spiritualität, Menschlichkeit, Mitgefühl, und Barmherzigkeit von den Extremisten einzufordern."
Lange war die Debatte über die Radikalisierung junger britischer Muslime von der Angst überschattet, als rassistisch oder anti-muslimisch beschimpft zu werden. Nun hat sich die Regierung offenbar zu einer härteren Linie entschieden: vor kurzem wurde die radikal-islamistische Gruppe Islam4you verboten. Unterdessen warnen Ex-Islamisten, der Radikalisierungsprozess gehe verstärkt weiter - an britischen Universitäten, in Gefängnissen, und in Moscheen. Dort hätten weiterhin Imame das Sagen, die kaum des Englischen mächtig seien und britische Werte nicht verstünden. Kaum zu fassen, aber das Buch 'The Islamist' ist noch immer nicht auf Deutsch erschienen, obwohl es in Großbritannien schnell zum Bestseller avancierte. Ein packender Enthüllungsroman, und eine Pflichtlektüre für all jene, die den Radikalisierungsprozess eines jungen, im Westen aufgewachsenen Muslimen besser verstehen wollen.
Ed Husain: The Islamist. Why I joined radical Islam in Britain, what I saw inside and why I left. Penguin Verlag, 287 Seiten, 13,95 Euro. ISBN: 978-0-141-03043-2.
"Ich wuchs in Ost London auf. Dort sind im Namen der Multikulti-Ideologie monokulturelle Ghettos geschaffen worden. Als 16 jähriger hatte ich keinen einzigen weißen Briten, keinen einzigen Nichtmuslimen zum Freund. Als ich mit Parolen wie: Muslime liegen im Krieg mit Großbritannien konfrontiert wurde, gab es - außer meinen Eltern- niemanden, der diese Ideen hinterfragte."
Ein aufgeweckter junger Mann auf der Suche nach einer Identität, ideologisch unsicher, nicht sonderlich koranfest - Ed Husain war der ideale Kandidat für muslimische Aktivisten, die sich in Schulen, Debattierklubs und Jugendgruppen nach neuen Mitstreitern umsahen. "Du bist weder Brite, noch Pakistani," lautete ihre Botschaft: "derlei Identitäten" seien von den westlichen Kolonialmächten geschaffen worden. Er sei einzig und allein Muslim und habe nur eine gottgegebene Pflicht :die vom Menschen geschaffenen politischen Systeme zu vernichten, und für ein weltweites Kalifat zu kämpfen. Mit allen Mitteln. Das Buch 'The Islamist' beschreibe einen typischen Werdegang, sagt Ishtiaq Hussein, eine junger britischer Muslim, der auf ähnliche Weise radikalisiert wurde, und sich heute - wie Ed Husain - vom Islamismus distanziert:
"Es gibt ein Klischee, wonach islamistische Rekruten ein bisschen verrückt sind, und aus Problemfamilien in sozialen Brennpunkten stammen - aber das stimmt nicht. Die meisten Leute, die ich bei Hizb ut-Tahrir kennenlernte, studierten an britischen Spitzenuniversitäten. Sie kamen aus guten Familien. Unter ihnen sind Ärzte, Ingenieure, Anwälte."
Ein Mord an einem christlichen Studenten, von einem Muslimen verübt, rüttelte Ed Husain auf. Heute sagt er, Islamisten hätten keine Religion. Sie missbrauchten den Islam, um ihre politische Ideologie durchzusetzen. Ed Husain arbeitet für die Quilliam Stiftung, ein Think Tank, von ehemaligen Islamisten gegründet, mit dem Ziel, Anti-Radikalisierungs-Strategien zu entwickeln:
"Ich habe mich geändert, und glaube, auch andere Leute haben das Potenzial, sich zu ändern, wenn man ihre Anschauungen offen zur Diskussion stellt und ihnen die Chance gibt, sich mit traditionellen muslimischen Schriftgelehrten auseinanderzusetzen. Gemäßigte Muslime müssen sich öffentlich zu Wort melden, wenn wir das versäumen, wird der radikale Islamismus immer mehr Anhänger gewinnen. Wir haben die Pflicht, unsere Religion und uralte muslimische Werte wie Spiritualität, Menschlichkeit, Mitgefühl, und Barmherzigkeit von den Extremisten einzufordern."
Lange war die Debatte über die Radikalisierung junger britischer Muslime von der Angst überschattet, als rassistisch oder anti-muslimisch beschimpft zu werden. Nun hat sich die Regierung offenbar zu einer härteren Linie entschieden: vor kurzem wurde die radikal-islamistische Gruppe Islam4you verboten. Unterdessen warnen Ex-Islamisten, der Radikalisierungsprozess gehe verstärkt weiter - an britischen Universitäten, in Gefängnissen, und in Moscheen. Dort hätten weiterhin Imame das Sagen, die kaum des Englischen mächtig seien und britische Werte nicht verstünden. Kaum zu fassen, aber das Buch 'The Islamist' ist noch immer nicht auf Deutsch erschienen, obwohl es in Großbritannien schnell zum Bestseller avancierte. Ein packender Enthüllungsroman, und eine Pflichtlektüre für all jene, die den Radikalisierungsprozess eines jungen, im Westen aufgewachsenen Muslimen besser verstehen wollen.
Ed Husain: The Islamist. Why I joined radical Islam in Britain, what I saw inside and why I left. Penguin Verlag, 287 Seiten, 13,95 Euro. ISBN: 978-0-141-03043-2.