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Der Rapper LGoony
Frischer Wind im deutschsprachigen Hip-Hop

LGoony kommt aus Köln, ist noch sehr jung und rappt. Seine Musik orientiert sich stark an amerikanischen Sounds. Sein aktuelles Mixtape "Goonyverse" ist voller ironischer Brechungen und witziger Selbstinszenierungen. Und damit steht er nicht alleine da.

Von Raphael Smarzoch | 04.07.2015
    LGoony scheint viel Geld zu haben. Immer wieder berichtet er von seinen Finanzen. Er zählt die Scheine, natürlich nur die lilafarbenen. In seinem aktuellen Video sieht man den 20-jährigen Kölner aus einem Geldhaufen Feuer machen. Um den Kopf trägt er ein Tuch einer luxuriösen Designermarke. Bescheidenheit ist nicht die Stärke des Rappers. Seine Texte sind Kampfansagen voller Überspitzungen und Karikaturen.
    "Warum ist Geld im Fokus? Ich finde es einfach eine coole Gedankenwelt, man kann da sehr viele kreative Lines verfassen, und das mache ich auch. Es geht vor allen Dingen auch um diese Übertreibung da drin. Ich habe diese Zeile mit dem iPhone, da sage ich auch, ich hab die Playstation 5, die gibt es ja gar nicht. Battlelines sind wichtig, finde ich."
    Seinen Battlerap hat LGoony, der mit bürgerlichen Namen Ludwig Langer heißt, genau studiert. Immer wieder glaubt man einen jungen Kool Savas zu hören und fühlt sich oftmals an den Wortwitz alter Westberlin Maskulin Aufnahmen erinnert. Jener Gruppe von Rappern, die mit ihren pubertären, übersexualisierten Texten und experimentellen Lo-Fi-Beats neue Maßstäbe im deutschen Hip-Hop setzte. Dabei tat sie eigentlich nichts Neues. Sie ließ sich vom amerikanischen Rap inspirieren, der auch hörbar in LGoonys Sound nachhallt.
    Der Sound von 2015
    Klapperschlangen-Hi-Hats, Trapdrums und wolkige Synthesizer sind ein wichtiger Bestandteil seiner Musik, die unter anderem von DJ Heroin produziert wird. LGoonys Triolen-Rap ruft Erinnerungen an den Horrorcore von Three 6 Mafia wach. Der vielfach eingesetzte Auto-Tune-Effekt lässt an Produktionen von Young Thug oder Future denken.
    "Das ist genau der Sound von 2015. Ich finde es ist so problematisch, wenn deutsche Produzenten versuchen, aktuelle Trends umzusetzen und das einfach komplett scheitert. Für mich kommt es immer so vor, als wäre Deutschland so, als würden die wirklich hinterher rennen und immer versuchen, so zu greifen, aber sie kriegen es nicht gefasst und kriegen es auch nicht umgesetzt, wie das funktioniert und wie es gut ist."
    LGoony bringt frischen Wind in den deutschsprachigen Hip-Hop. Damit steht er allerdings nicht alleine da. In den letzten Jahren hat sich eine kleine Szene von Rappern formiert, die ein eigenes musikalisches Pastiche amerikanischen Hip-Hops kultiviert. Da wäre zum Beispiel die Hamburger Rapperin Haiyty, das Chief Keef Imitat Hustensaft Jüngling und natürlich der Österreicher Sebastian Meisinger alias Moneyboy, mit dem alles angefangen hat.
    "Moneyboy bringt den Spaß zurück"
    2010 veröffentlicht Moneyboy den Song "Dreh den Swag auf". Eine dilettantische Tour de Force der guten Laune, die viele Hardliner verärgert und ihn immer wieder mit dem Vorwurf konfrontiert, das könne doch alles nur ironisch gemeint sein. Der diplomierte Kommunikationswissenschaftler meint es aber ernst. In seinen Texten rappt er über Chicken Wings, Shisha-Pfeifen und Cola mit Eis. Eine Ansammlung absurder Inhalte, die sich mittlerweile über sehr viele Mixtapes erstreckt und regelmäßig für ausverkaufte Clubs sorgt. Auch LGoony nahm einen Track mit Moneyboy auf.
    "Ich finde es sehr wichtig, was er macht für deutschen Rap insgesamt. Die ganzen Leute haben Moneyboy als Witzfigur gesehen, anstatt einfach als positives Statement. Moneyboy bringt da wirklich den Spaß zurück, und er macht es auf seine ganz eigene Art und Weise."
    Ein Spaß, der allerdings auch interessante Fragen aufwirft und die Idee der authentischen Musikerbiografie auf den Kopf stellt, die im Hip-Hop nach wie vor von Bedeutung ist. Schließlich geht es doch um Realness, um echte Geschichten und die Härte des Lebens.
    "Ich find jetzt Authentizität kann man auf verschiedene Weisen betrachten. Das muss nicht unbedingt bedeuten, dass man alles, was man sagt wirklich lebt."
    Hört man LGoony oder Moneboy zu, hat man das Gefühl, durch Netzwerke aus scheinbar unzusammenhängenden Assoziationen zu driften. Bunte Collagen aus Informationsfetzen, die Stimmungen und Gefühle vermitteln und nicht authentische Inhalte. Es geht um die Kunst der Selbstinszenierung. Das Spielen und Experimentieren mit Identitäten, Meinungen und Beobachtungen, wie es im digital vermittelten Alltag von heute praktiziert wird. Ihre Musik wird dadurch zu einem hochmodernen Kommentar der Gegenwart.