Selbst den schärfsten Kritikern des Vatikans hat der Rückzug von Papst Benedikt XVI. einen gewissen Respekt abverlangt. Den langen öffentlichen Leidenskampf seines Amtsvorgängers Wojtila noch in Erinnerung, hat das Oberhaupt der katholischen Kirche nunmehr den entgegengesetzten Weg aus dem Amt gewählt und damit Schwäche und Ohnmacht eingestanden. Im liberal- konservativen Blog "Zettels Raum" kommentiert Anonymus Zettel:
"Mir scheint, dass es zu Ratzingers Größe gehört, sich dieser Rolle des bis zum bitteren Ende Leidenden zu verweigern. Sein Rücktritt wird ja vielleicht auch eine Diskussion darüber auslösen, was man Menschen eigentlich zumuten kann, die, am Ende ihres Lebens angekommen, nicht mehr die Kraft haben, den an sie gestellten Anforderungen gerecht zu werden."
In anderen Blogs fallen die Kommentare zu Joseph Ratzingers Demission nicht ganz so gnädig aus. Ein wenig Spott macht sich sogar breit, seit ein deutscher Kardinal sich zu dem hysterischen Urteil verstiegen hat, Katholiken seien hierzulande derzeit einer wahren "Pogromstimmung" ausgesetzt. So tritt Rainer Bonhorst den Gerüchten um Intrigen im Vatikan eher augenzwinkernd entgegen. Der frühere Chefredakteur der Augsburger Allgemeinen stichelt im konservativen Blog "Die Achse des Guten":
"Intrigen und Machtkämpfe im Vatikan? Ausgerechnet dort, wo das Herz der christlichen Nächstenliebe schlägt? Im Zentrum der göttlichen Eingebung? Da kann es sich nur um bösartige Verleumdungen handeln. So heißt es bis heute, dass geheime Gesprächsprotokolle mit verleumderischen Informationen über den Papst von missgünstigen Geistlichen gezielt an die Presse lanciert worden seien. Fromme Brüder sollen zu solchen Gemeinheiten fähig sein? Und dann wird sogar behauptet, es habe Unregelmäßigkeiten mit der Vatikanbank gegeben. Als ob die Kirche auch nur irgendein Interesse an weltlichen Dingen wie dem schnöden Mammon hätte! Und was nun die angeblichen Machtkämpfe im Vatikan angeht, so müssen diese Berichte ganz und gar aus der Luft gegriffen sein. Schließlich war das Reich Jesu nicht von dieser Welt."
Ernsthafter versucht sich dagegen der Wiener Essayist und Kirchenkritiker Robert Misik mit der gesellschaftspolitischen Relevanz des päpstlichen Rückzugs auseinanderzusetzen. Im linksliberalen Blog "Le Bohemien" resümiert er, Benedikt sei in dem Glauben gescheitert, den Bedeutungsverlust seiner Kirche aufhalten zu können. 2005 zu Beginn seines Pontifikats habe man noch vielsagend von einer "Rückkehr der Religionen" gesprochen.
"In den USA bestimmte ein zunehmend fundamentalistischer Protestantismus die Politik. Ein militanter Islam sorgte für globale Konflikte. Die großen weltpolitischen Kontroversen waren plötzlich religiös codiert. Im 'Kampf der Kulturen' schien die Rückbesinnung auf religiöse Identitäten der Trend der Stunde zu sein."
Von all dem ist nicht sehr viel übrig geblieben. Meint Robert Misik in "Le Bohemien". "Rückkehr der Religionen?" - die Sache sei erledigt. Was also bleibt dem Nachfolger Joseph Ratzingers auf dem Stuhle Petri:
"Es ist schlechterdings im Augenblick kein Thema vorstellbar, das sich der nächste Papst an die Soutane heften kann. Als mächtige autoritäre Institution ist sie heute zahnlos. Die Kirchgänger sind eine schrumpfende Minderheit. In der ausdifferenzierten Spaßgesellschaft sind den meisten Leuten Hunderte Dinge wichtiger als Kirche, Bischof oder Gott. Wer auf's Spirituelle steht, ist mit einer Mischung aus Dalai Lama und Yoga genauso gut bedient."
Dennoch: Auch der nächste Papst wird bei Auslandsbesuchen Messen wieder zu Megaveranstaltungen machen, nicht nur in der sogenannten Dritten Welt. Die Idee, dass dabei nur noch 2schrumpfende Minderheiten" in Erscheinung treten würden, ist wohl eher einer atheistischen Wunschvorstellung geschuldet. Umgekehrt scheinen auch die vielfach gehegten Reformerwartungen an den Nachfolger kaum der Realität zu entsprechen. Der Vatikan-Experte Paul Badde präsentiert auf Welt Online drei favorisierte Kandidaten. Da ist zunächst der 68-jährige kanadische Kardinal Marc Ouellet:
77"In Rom gilt er als ein 'Ratzingeriano di ferro'(d.h. als eiserner Ratzinger-Mann). Seine strikte Haltung zu ethischen Fragen und seine katholische Gegnerschaft jedweder Abtreibung oder etwa der Adoption von Kindern durch homosexuelle Paare haben schon mehrfach für Stürme der Entrüstung in seiner Heimat gesorgt."
Paul Badde hebt auch den 70-jährigen Gianfranco Ravasi hervor, der im Vatikan als kunstsinniger Kultusminister gilt und dem Benedikt das Privileg der letzten Exerzitien anvertraut hat. Last not least die exotische Lösung, Kardinal Peter Turkson aus Ghana:
"Wenn er zum Papst gewählt werden würde, sagte er in der vergangenen Woche, gelte es, einen eigenen Stil der Amtsführung zu finden. 'Man darf nicht versuchen, in die Fußstapfen von jemand anderem zu treten, sondern man muss seine eigenen hinterlassen.'"
"Mir scheint, dass es zu Ratzingers Größe gehört, sich dieser Rolle des bis zum bitteren Ende Leidenden zu verweigern. Sein Rücktritt wird ja vielleicht auch eine Diskussion darüber auslösen, was man Menschen eigentlich zumuten kann, die, am Ende ihres Lebens angekommen, nicht mehr die Kraft haben, den an sie gestellten Anforderungen gerecht zu werden."
In anderen Blogs fallen die Kommentare zu Joseph Ratzingers Demission nicht ganz so gnädig aus. Ein wenig Spott macht sich sogar breit, seit ein deutscher Kardinal sich zu dem hysterischen Urteil verstiegen hat, Katholiken seien hierzulande derzeit einer wahren "Pogromstimmung" ausgesetzt. So tritt Rainer Bonhorst den Gerüchten um Intrigen im Vatikan eher augenzwinkernd entgegen. Der frühere Chefredakteur der Augsburger Allgemeinen stichelt im konservativen Blog "Die Achse des Guten":
"Intrigen und Machtkämpfe im Vatikan? Ausgerechnet dort, wo das Herz der christlichen Nächstenliebe schlägt? Im Zentrum der göttlichen Eingebung? Da kann es sich nur um bösartige Verleumdungen handeln. So heißt es bis heute, dass geheime Gesprächsprotokolle mit verleumderischen Informationen über den Papst von missgünstigen Geistlichen gezielt an die Presse lanciert worden seien. Fromme Brüder sollen zu solchen Gemeinheiten fähig sein? Und dann wird sogar behauptet, es habe Unregelmäßigkeiten mit der Vatikanbank gegeben. Als ob die Kirche auch nur irgendein Interesse an weltlichen Dingen wie dem schnöden Mammon hätte! Und was nun die angeblichen Machtkämpfe im Vatikan angeht, so müssen diese Berichte ganz und gar aus der Luft gegriffen sein. Schließlich war das Reich Jesu nicht von dieser Welt."
Ernsthafter versucht sich dagegen der Wiener Essayist und Kirchenkritiker Robert Misik mit der gesellschaftspolitischen Relevanz des päpstlichen Rückzugs auseinanderzusetzen. Im linksliberalen Blog "Le Bohemien" resümiert er, Benedikt sei in dem Glauben gescheitert, den Bedeutungsverlust seiner Kirche aufhalten zu können. 2005 zu Beginn seines Pontifikats habe man noch vielsagend von einer "Rückkehr der Religionen" gesprochen.
"In den USA bestimmte ein zunehmend fundamentalistischer Protestantismus die Politik. Ein militanter Islam sorgte für globale Konflikte. Die großen weltpolitischen Kontroversen waren plötzlich religiös codiert. Im 'Kampf der Kulturen' schien die Rückbesinnung auf religiöse Identitäten der Trend der Stunde zu sein."
Von all dem ist nicht sehr viel übrig geblieben. Meint Robert Misik in "Le Bohemien". "Rückkehr der Religionen?" - die Sache sei erledigt. Was also bleibt dem Nachfolger Joseph Ratzingers auf dem Stuhle Petri:
"Es ist schlechterdings im Augenblick kein Thema vorstellbar, das sich der nächste Papst an die Soutane heften kann. Als mächtige autoritäre Institution ist sie heute zahnlos. Die Kirchgänger sind eine schrumpfende Minderheit. In der ausdifferenzierten Spaßgesellschaft sind den meisten Leuten Hunderte Dinge wichtiger als Kirche, Bischof oder Gott. Wer auf's Spirituelle steht, ist mit einer Mischung aus Dalai Lama und Yoga genauso gut bedient."
Dennoch: Auch der nächste Papst wird bei Auslandsbesuchen Messen wieder zu Megaveranstaltungen machen, nicht nur in der sogenannten Dritten Welt. Die Idee, dass dabei nur noch 2schrumpfende Minderheiten" in Erscheinung treten würden, ist wohl eher einer atheistischen Wunschvorstellung geschuldet. Umgekehrt scheinen auch die vielfach gehegten Reformerwartungen an den Nachfolger kaum der Realität zu entsprechen. Der Vatikan-Experte Paul Badde präsentiert auf Welt Online drei favorisierte Kandidaten. Da ist zunächst der 68-jährige kanadische Kardinal Marc Ouellet:
77"In Rom gilt er als ein 'Ratzingeriano di ferro'(d.h. als eiserner Ratzinger-Mann). Seine strikte Haltung zu ethischen Fragen und seine katholische Gegnerschaft jedweder Abtreibung oder etwa der Adoption von Kindern durch homosexuelle Paare haben schon mehrfach für Stürme der Entrüstung in seiner Heimat gesorgt."
Paul Badde hebt auch den 70-jährigen Gianfranco Ravasi hervor, der im Vatikan als kunstsinniger Kultusminister gilt und dem Benedikt das Privileg der letzten Exerzitien anvertraut hat. Last not least die exotische Lösung, Kardinal Peter Turkson aus Ghana:
"Wenn er zum Papst gewählt werden würde, sagte er in der vergangenen Woche, gelte es, einen eigenen Stil der Amtsführung zu finden. 'Man darf nicht versuchen, in die Fußstapfen von jemand anderem zu treten, sondern man muss seine eigenen hinterlassen.'"