Wer im Pfauen, Zürichs traditionsreichem Schauspielhaus, zur Vordertür herein will, kommt nur bis zum Kassen-Vorraum. Dort trifft er auf Hinweisschilder und Wegweiserinnen: wieder raus, zweimal rechts rum, denn diesmal geht's nach dem Willen des für die Raumgestaltung zuständigen Architekten Peter Zumthor durch die Hintertür.
Stimmung ist das Zauberwort. Eine morbide, dämmrig-hermetische Atmosphäre hat er wohl schaffen wollen. Und bekennt im Programmheftgespräch, den Roman "Oblomov" werde er erst jetzt lesen, für seinen Raumentwurf habe er sich "eine gewisse Naivität des Zugangs" erhalten wollen. So hat er, in aller Naivität, das Gebäude von einer neuen Seite her aufgeschlüsselt, die Seitenbühne zur Orangerie umgestylt, weitflächig knirschend-gelackte Kiesbeläge ausgelegt, das Zuschauerpodest auf die Bühne versetzt mit Blick in ein mit Vorhängen abgeschlossenes, eingeengtes Halbrund, das von sechs wuchtigen Säulenfüßen und einem ebenso gigantomanischen Kronleuchter beherrscht wird, die noch in jedem Palast imposant wären und diese Nische hinreichend als Nicht-Lebensraum markieren. Stimmungen also, irgendwo zwischen Kirschgarten und Luxushotel.
Von Oblomov schaut längere Zeit nur ein Fuß unter dem Vorhang hervor und weckt Hoffnungen auf absurde Bilder und Konstellationen, bevor er sich, von seinem Diener herbeigerufen und -gezerrt, entschließt, sich vorübergehend als 7. Säule dazuzustellen. Doch der szenische Aufwand für das Experiment, Goncarovs großen und groß angelegten Erzähltext auf das schmale Format eines Theaterabends zu schrumpfen, und das dramatische Resultat stehen in einem drastischen Mißverhältnis. Nachdem sich die rund 200 Zuschauer tastend durchs Geröll und endlich auf die Plätze gestockert hatten, stellte sich im weiteren Verlauf beklemmend heraus, dass man offenbar Hermetik mit Sterilität und Oblomovs gespenstisch weltschmerzgetränkte Verweigerungshaltung mit Öde oder - im Resultat - mit Langeweile verwechselt hatte. Zu empfehlen ist der Besuch dieses Abends nur als Anschauungs-Schulung, als Lehrstück dafür, was geschieht, wenn man Stagnation im Leben durch Stagnation auf der Bühne darstellt, unbeteiligtes Reden durch die Reproduktion unbeteiligten Geredes, emotionale Leere und Lähmung der Figuren durch blasierte Statuarik und plumpe Aussagen der Betroffenen - wenn man also Situationen und Konstellationen nicht in szenische Ausdrucksformen "übersetzt", sondern im Verhältnis 1:1 umsetzt und auf das bloße Aufsagen des Textes vertraut.
Ansonsten sind die eindreiviertel Stunden Herumgestehe und melancholisches Posieren vor allem der Titelfigur eine Qual. Das hat einen Grund sicher darin, dass Robert Hunger-Bühler nicht nur die Hauptrolle spielt, sondern bei "seinem Projekt" auch Regie führt. Das geht ganz selten gut. Wer wie er für seine ihm naturgemäß sehr nahe Rolle als Schauspieler einen nur imaginierten Regisseur befragen kann, hat zu wenig Distanz von sich und verläßt sich dabei zwangsläufig zu oft auf Erfahrungen mit verschiedenen anderen Regisseuren, anderen Stücken und auf seine Erinnerungen. Und Peter Zumthor, nach eigenem Bekunden kein großer Theatergänger, trägt ein Ideal mit sich herum: einen "Oblomov" ohne Regisseur, "so dass sich alles aus der Figur heraus ordnen und ergeben würde" und, fügt er hinzu "kein Regisseur spürbar wäre".
Über ein ohne Architekt gebautes Haus würde er das so kaum sagen, denn eben das verbindet wirklich gelungene Architektur mit einer guten Theateraufführung: dass sich der regieführende Architekt im Endprodukt nicht vordrängt, sondern dass alles ganz einfach, also nicht "gemacht", nicht "inszeniert" erscheint! Das aber wäre so ziemlich das krasseste Gegenteil von Hunger-Bühlers Nicht-Regie, der nicht mal die seltenen slapstickartigen Aufhellungs-Einlagen wirklich gelingen: die junge Olga muss durch zwei Minuten schrilles "Casta-Diva"-Arien-Genudel, burschikos kokettes Getrippel und drei Handstandüberschläge so was wie jugendliche Unbefangenheit zeigen.
Und da helfen auch noch so lange kiesknirschende Gänge nichts: keine der anderen Figuren ist auch nur ansatzweise Impulsträger der ja doch irgendwie vorhandenen und überlebensnotwendigen Außenwelt. Ohne die Spannung aber von Außen und Innen, von Anforderung und Rückzug, von sozialer Schrillheit und abgedämpftem Höhlendasein verliert das Stück über den Verlust der Lebendigkeit sein theatralisches Leben.
Stimmung ist das Zauberwort. Eine morbide, dämmrig-hermetische Atmosphäre hat er wohl schaffen wollen. Und bekennt im Programmheftgespräch, den Roman "Oblomov" werde er erst jetzt lesen, für seinen Raumentwurf habe er sich "eine gewisse Naivität des Zugangs" erhalten wollen. So hat er, in aller Naivität, das Gebäude von einer neuen Seite her aufgeschlüsselt, die Seitenbühne zur Orangerie umgestylt, weitflächig knirschend-gelackte Kiesbeläge ausgelegt, das Zuschauerpodest auf die Bühne versetzt mit Blick in ein mit Vorhängen abgeschlossenes, eingeengtes Halbrund, das von sechs wuchtigen Säulenfüßen und einem ebenso gigantomanischen Kronleuchter beherrscht wird, die noch in jedem Palast imposant wären und diese Nische hinreichend als Nicht-Lebensraum markieren. Stimmungen also, irgendwo zwischen Kirschgarten und Luxushotel.
Von Oblomov schaut längere Zeit nur ein Fuß unter dem Vorhang hervor und weckt Hoffnungen auf absurde Bilder und Konstellationen, bevor er sich, von seinem Diener herbeigerufen und -gezerrt, entschließt, sich vorübergehend als 7. Säule dazuzustellen. Doch der szenische Aufwand für das Experiment, Goncarovs großen und groß angelegten Erzähltext auf das schmale Format eines Theaterabends zu schrumpfen, und das dramatische Resultat stehen in einem drastischen Mißverhältnis. Nachdem sich die rund 200 Zuschauer tastend durchs Geröll und endlich auf die Plätze gestockert hatten, stellte sich im weiteren Verlauf beklemmend heraus, dass man offenbar Hermetik mit Sterilität und Oblomovs gespenstisch weltschmerzgetränkte Verweigerungshaltung mit Öde oder - im Resultat - mit Langeweile verwechselt hatte. Zu empfehlen ist der Besuch dieses Abends nur als Anschauungs-Schulung, als Lehrstück dafür, was geschieht, wenn man Stagnation im Leben durch Stagnation auf der Bühne darstellt, unbeteiligtes Reden durch die Reproduktion unbeteiligten Geredes, emotionale Leere und Lähmung der Figuren durch blasierte Statuarik und plumpe Aussagen der Betroffenen - wenn man also Situationen und Konstellationen nicht in szenische Ausdrucksformen "übersetzt", sondern im Verhältnis 1:1 umsetzt und auf das bloße Aufsagen des Textes vertraut.
Ansonsten sind die eindreiviertel Stunden Herumgestehe und melancholisches Posieren vor allem der Titelfigur eine Qual. Das hat einen Grund sicher darin, dass Robert Hunger-Bühler nicht nur die Hauptrolle spielt, sondern bei "seinem Projekt" auch Regie führt. Das geht ganz selten gut. Wer wie er für seine ihm naturgemäß sehr nahe Rolle als Schauspieler einen nur imaginierten Regisseur befragen kann, hat zu wenig Distanz von sich und verläßt sich dabei zwangsläufig zu oft auf Erfahrungen mit verschiedenen anderen Regisseuren, anderen Stücken und auf seine Erinnerungen. Und Peter Zumthor, nach eigenem Bekunden kein großer Theatergänger, trägt ein Ideal mit sich herum: einen "Oblomov" ohne Regisseur, "so dass sich alles aus der Figur heraus ordnen und ergeben würde" und, fügt er hinzu "kein Regisseur spürbar wäre".
Über ein ohne Architekt gebautes Haus würde er das so kaum sagen, denn eben das verbindet wirklich gelungene Architektur mit einer guten Theateraufführung: dass sich der regieführende Architekt im Endprodukt nicht vordrängt, sondern dass alles ganz einfach, also nicht "gemacht", nicht "inszeniert" erscheint! Das aber wäre so ziemlich das krasseste Gegenteil von Hunger-Bühlers Nicht-Regie, der nicht mal die seltenen slapstickartigen Aufhellungs-Einlagen wirklich gelingen: die junge Olga muss durch zwei Minuten schrilles "Casta-Diva"-Arien-Genudel, burschikos kokettes Getrippel und drei Handstandüberschläge so was wie jugendliche Unbefangenheit zeigen.
Und da helfen auch noch so lange kiesknirschende Gänge nichts: keine der anderen Figuren ist auch nur ansatzweise Impulsträger der ja doch irgendwie vorhandenen und überlebensnotwendigen Außenwelt. Ohne die Spannung aber von Außen und Innen, von Anforderung und Rückzug, von sozialer Schrillheit und abgedämpftem Höhlendasein verliert das Stück über den Verlust der Lebendigkeit sein theatralisches Leben.