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Der Sommer ohne Fußbodenkühlung

Der Jahrhundertsommer 2003 war nach den Daten des Deutschen Wetterdienstes der wärmste seit 1901. Das lässt sich mit Sicherheit sagen, denn seit diesem Jahr bestimmt der Wetterdienst das Flächenmittel, also die durchschnittliche Temperatur im Land. Am Meteorologischen Observatorium Hohenpeißenberg in Bayern geht eine Temperatur-Messreihe bis 1781, also genau 222 Jahre. Auch in dieser über 200jährigen Messreihe schlägt der Sommer 2003 nicht alle, aber fast alle Rekorde.

Volker Mrasek |

    Heinrich Heine hat niemals einen solchen Sommer erlebt. Karl Marx nicht, Friedrich Nietzsche nicht. Und auch niemand, der im 20. Jahrhundert in deutschen Landen lebte.

    Der Sommer 2003 war ein wirklich außergewöhnlicher Sommer.


    So sehen ihn selbst Meteorologen wie Wolfgang Fricke vom Deutschen Wetterdienst. Fricke arbeitet auf dem Hohenpeißenberg im bayerischen Alpenvorland, nicht weit vom Starnberger See. Dort unterhält der Wetterdienst ein meteorologisches Observatorium, knapp 1000 Meter über Meereshöhe ...

    Das Observatorium auf dem Hohenpeißenberg führt bereits seit 1781 meteorologische Beobachtungen durch. Und damit sind wir die älteste Bergwetterstation der Welt sogar. Und was jetzt den Sommer 2003 betrifft, so war er 1,8 Grad wärmer als der bisher wärmste Sommer. Der war im Jahr 1807, also vor knapp 200 Jahren. Und auch das ist ungewöhnlich, dass man ein bisheriges Maximum noch mal um fast zwei Grad überschreitet.


    Ein Rekordsommer für die letzten 222 Jahre also! Mindestens!
    Der August 2003 war der wärmste jemals registrierte Monat seit 222 Jahren am Hohenpeißenberg, mit im Schnitt fast 21 Grad Celsius. Noch nie zuvor hat es in der Stations-Messreihe einen Monat gegeben, der im Temperatur-Mittel die 20-Grad-Marke übertraf. Doch nicht erst der knallheiße August ließ die Meteorologen im Alpenvorland aufhorchen. Schon der Juni hatte sich als der wärmste seit über 200 Jahren erwiesen.
    Aus dem Rahmen fielen aber nicht nur die Temperaturen, sondern auch die Niederschlagsmengen, wie Wolfgang Fricke resümiert:

    Sie waren absolut extrem im gesamten ersten Halbjahr 2003, weil die Trockenheit bereits im Februar anfing. Und der April war ein Monat in diesem Jahr, der nur ein Viertel des üblichen Niederschlags brachte, also sehr, sehr trocken. Und dann schloss sich ein sehr trockener Juni an. Und anschließend noch mal ein sehr trockener August.

    Der fehlende Regen, glaubt Fricke, hatte großen Anteil an der extremen Sommerhitze. Dadurch trockneten die Böden aus, ihre Wärmekapazität ging zurück. Feuchter Untergrund wirkt im Grunde wie eine Fußboden-Kühlung: Das Wasser in der Krume ist ein thermischer Puffer. Eingestrahlte Energie wird von ihm zwischengespeichert. Ein trockener Boden dagegen gibt die Energie schnell wieder an die Atmosphäre ab. Er ist nicht imstande, große Wärmemengen aufzunehmen.
    Das dürfte die Sommerhitze verstärkt haben, vermuten die Meteorologen am Hohenpeißenberg. Hinzu kommt die ungewöhnliche Wetterlage:
    Wir hatten eine Abfolge von Hochdruck-Wetterlagen, wie wir sie nur selten beobachten. Es kam immer wieder ein Hochdruckgebiet nach dem anderen, besonders im Juno und auch im August. Dadurch war die Einstrahlung sehr stark. Die hat die Böden ausgetrocknet. Und dadurch konnten sich dann in Rückwirkung auch wieder weniger Wolken bilden, so dass es letztlich dadurch wärmer geworden ist, als es in anderen Jahren geworden wäre, wo wir mehr Niederschlag im Frühjahr schon oder auch während des Sommers gehabt hätten.

    War dieser Sommer nun ein Einzelfall? Oder muss man in Zukunft öfter mit einer solchen Hitzeperiode rechnen? Zumal die allgemeine Klimaerwärmung ja vermutlich weiter fortschreitet?

    Wir werden auch in Zukunft kalte und warme Sommer haben, nasse und trockene. Aber nach den Erfahrungen der letzten zehn bis 20 Jahre sieht es so aus, als würden wir weniger kühle Sommer erleben.