"Unser Land befindet sich in einer schwierigen Lage, ökonomisch und sozial."
Frankreichs Premierminister Ayrault sagt, was die Statistiken belegen: Mehr als drei Millionen Menschen sind arbeitslos gemeldet, knapp neun Millionen Franzosen leben unter-halb der Armutsgrenze, es reiht sich Sozialplan an Sozialplan, die Unternehmen ächzen unter hohen Lohnkosten.
Die wirtschaftspolitische Rhetorik ist seit den Wahlen links verankert, aber die Linie ist in der Praxis weniger klar, als es Hollande im Wahlkampf Glauben machen wollte.
Der wahre Feind sitze für ihn dort, wo das Geld sei, hatte Hollande im Wahlkampf gegen die Finanzwelt und gegen liberale Wirtschaftspolitik gewettert. Viele seiner Anhänger, nicht zuletzt Teile der Gewerkschaften, sehen sich heute getäuscht. Während konservative Kräfte Hollandes Kurs als "weit links" bezeichnen, halten ihm andere vor, er sei weniger sozialistisch als "sozialdemokratisch", zuweilen heißt es, Hollande sei der Gerhard Schröder Frankreichs, was in puncto Reformeifer nicht stimmt, was aber die äußerste Linke in Alarmbereitschaft versetzt.
Zunächst hat Hollande Wahlversprechen abarbeiten lassen, deren Gegenfinanzierung teils unklar ist: Darunter die Rente mit 60 für lange Beitragszeiten; ein Generationenvertrag mit staatlichen Subventionen für die Beschäftigung von jungen und älteren Arbeitnehmern; Anhebung der Sozialhilfe; Ausweitung der Krankenversicherung.
Ein Gesetz der Vorgängerregierung zur Senkung der Lohnnebenkosten wurde kassiert, um wenig später durch ein ähnliches Instrument ersetzt zu werden: Mit einem sogenannten "Wettbewerbspaket" sollen die Betriebe über drei Jahre um 20 Milliarden Euro entlasten werden - zur Gegenfinanzierung wird die Mehrwertsteuer angehoben, wie es schon Sarkozy geplant hatte. Die Linke ruft Verrat.
Das gleiche Verfahren beim Europäischen Fiskalpakt. Im Wahlkampf hatte Hollande versprochen, er werde den Text "nachverhandeln", denn der sei "nur unterzeichnet, noch nicht ratifiziert".
In Brüssel setzte Hollande durch, dass der Fiskalpakt durch einen Wettbewerbspakt ergänzt wurde. Bislang steht dieser nur auf dem Papier, die ökonomische Wirkung ist nicht belegt, aber Frankreichs Sozialisten sagen, sie hätten die Politik in Europa neu justiert - weg vom reinen Sparkurs Angela Merkels, hin zur Wettbewerbsförderung. Daheim, in Paris, wurde der alte Fiskalpakt mit den alten Defizitregeln zur Abstimmung gestellt. Der linke Flügel der Sozialisten, die Linksfront und die Grünen, die immerhin zwei Minister stellen, verweigerten die Zustimmung. Auch hier sahen sich die eigenen Leute getäuscht.
Ein ähnliches Muster des "sowohl als auch", beim Schuldenabbau. Hollande betont, die Defizitgrenze von drei Prozent im kommenden Jahr werde eingehalten, es gehe beim Schuldenabbau um Frankreichs Souveränität. Andererseits fußen alle Berechnungen auf der Annahme eines Wachstums von 0,8 Prozent - das ist nicht in Sicht. Die Sparanstrengungen der öffentlichen Hand fallen mehr als bescheiden aus, Hollande setzt vorzugsweise auf Steuererhöhungen, darunter die werbewirksame Reichensteuer, höhere Erbschaftssteuern, was ihm eine Debatte über prominente Steuerflüchtlinge eingebracht hat. Wie die geplante Anhebung der Sozialhilfe, die versprochene Ausweitung der Krankenkassenleistungen, der Generationenvertrag finanziert werden sollen, auch das ist unklar.
Enttäuschte Gesichter, ja Wut im Gewerkschaftslager auch in einem anderen Fall zweideutiger Wirtschaftspolitik: Francois Hollande schickt mit seinem Minister für den produktiven Wiederaufbau des Landes, Arnaud Montebourg, stets einen Heißsporn in die Arena. Im Sommer hatte sich Montebourg mit den Spitzen der Automobilbranche öffentlich angelegt, an den Werkschließungen änderte das nichts. Im Winter warf er dem indischen Stahlunternehmer Mittal an den Kopf, einer wie er, sei in Frankreich unerwünscht, drohte mit Verstaatlichung von Arcelor Mittal Lothringen, sollten zwei Hochöfen stillgelegt werden:
"Und auch der Präsident sagte, Verstaatlichung stehe zur Debatte."
Um wenig später einen faulen Kompromiss mit der Konzernführung abzunicken. Zum Ärger des Ministers Montebourg und zum Ärger der kampfbereiten Gewerkschaften, die sich von ihrem sozialistischen Präsidenten einmal mehr getäuscht sahen.
Frankreichs Premierminister Ayrault sagt, was die Statistiken belegen: Mehr als drei Millionen Menschen sind arbeitslos gemeldet, knapp neun Millionen Franzosen leben unter-halb der Armutsgrenze, es reiht sich Sozialplan an Sozialplan, die Unternehmen ächzen unter hohen Lohnkosten.
Die wirtschaftspolitische Rhetorik ist seit den Wahlen links verankert, aber die Linie ist in der Praxis weniger klar, als es Hollande im Wahlkampf Glauben machen wollte.
Der wahre Feind sitze für ihn dort, wo das Geld sei, hatte Hollande im Wahlkampf gegen die Finanzwelt und gegen liberale Wirtschaftspolitik gewettert. Viele seiner Anhänger, nicht zuletzt Teile der Gewerkschaften, sehen sich heute getäuscht. Während konservative Kräfte Hollandes Kurs als "weit links" bezeichnen, halten ihm andere vor, er sei weniger sozialistisch als "sozialdemokratisch", zuweilen heißt es, Hollande sei der Gerhard Schröder Frankreichs, was in puncto Reformeifer nicht stimmt, was aber die äußerste Linke in Alarmbereitschaft versetzt.
Zunächst hat Hollande Wahlversprechen abarbeiten lassen, deren Gegenfinanzierung teils unklar ist: Darunter die Rente mit 60 für lange Beitragszeiten; ein Generationenvertrag mit staatlichen Subventionen für die Beschäftigung von jungen und älteren Arbeitnehmern; Anhebung der Sozialhilfe; Ausweitung der Krankenversicherung.
Ein Gesetz der Vorgängerregierung zur Senkung der Lohnnebenkosten wurde kassiert, um wenig später durch ein ähnliches Instrument ersetzt zu werden: Mit einem sogenannten "Wettbewerbspaket" sollen die Betriebe über drei Jahre um 20 Milliarden Euro entlasten werden - zur Gegenfinanzierung wird die Mehrwertsteuer angehoben, wie es schon Sarkozy geplant hatte. Die Linke ruft Verrat.
Das gleiche Verfahren beim Europäischen Fiskalpakt. Im Wahlkampf hatte Hollande versprochen, er werde den Text "nachverhandeln", denn der sei "nur unterzeichnet, noch nicht ratifiziert".
In Brüssel setzte Hollande durch, dass der Fiskalpakt durch einen Wettbewerbspakt ergänzt wurde. Bislang steht dieser nur auf dem Papier, die ökonomische Wirkung ist nicht belegt, aber Frankreichs Sozialisten sagen, sie hätten die Politik in Europa neu justiert - weg vom reinen Sparkurs Angela Merkels, hin zur Wettbewerbsförderung. Daheim, in Paris, wurde der alte Fiskalpakt mit den alten Defizitregeln zur Abstimmung gestellt. Der linke Flügel der Sozialisten, die Linksfront und die Grünen, die immerhin zwei Minister stellen, verweigerten die Zustimmung. Auch hier sahen sich die eigenen Leute getäuscht.
Ein ähnliches Muster des "sowohl als auch", beim Schuldenabbau. Hollande betont, die Defizitgrenze von drei Prozent im kommenden Jahr werde eingehalten, es gehe beim Schuldenabbau um Frankreichs Souveränität. Andererseits fußen alle Berechnungen auf der Annahme eines Wachstums von 0,8 Prozent - das ist nicht in Sicht. Die Sparanstrengungen der öffentlichen Hand fallen mehr als bescheiden aus, Hollande setzt vorzugsweise auf Steuererhöhungen, darunter die werbewirksame Reichensteuer, höhere Erbschaftssteuern, was ihm eine Debatte über prominente Steuerflüchtlinge eingebracht hat. Wie die geplante Anhebung der Sozialhilfe, die versprochene Ausweitung der Krankenkassenleistungen, der Generationenvertrag finanziert werden sollen, auch das ist unklar.
Enttäuschte Gesichter, ja Wut im Gewerkschaftslager auch in einem anderen Fall zweideutiger Wirtschaftspolitik: Francois Hollande schickt mit seinem Minister für den produktiven Wiederaufbau des Landes, Arnaud Montebourg, stets einen Heißsporn in die Arena. Im Sommer hatte sich Montebourg mit den Spitzen der Automobilbranche öffentlich angelegt, an den Werkschließungen änderte das nichts. Im Winter warf er dem indischen Stahlunternehmer Mittal an den Kopf, einer wie er, sei in Frankreich unerwünscht, drohte mit Verstaatlichung von Arcelor Mittal Lothringen, sollten zwei Hochöfen stillgelegt werden:
"Und auch der Präsident sagte, Verstaatlichung stehe zur Debatte."
Um wenig später einen faulen Kompromiss mit der Konzernführung abzunicken. Zum Ärger des Ministers Montebourg und zum Ärger der kampfbereiten Gewerkschaften, die sich von ihrem sozialistischen Präsidenten einmal mehr getäuscht sahen.