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Der Spion, der aus dem Handy kam

Mobiles Telefonieren ist fast überall möglich, aber es ist nicht überall auch erlaubt. Der Trend, moderne Handys überdies mit Kameras auszustatten, bereitet Unternehmen und Behörden immer größere Sorgen um Datenschutz und Werksspionage. Denn schnell ist unbemerkt fotografiert, was eigentlich geheim bleiben soll. Ein neues Ortungssystem der Fachhochschule Gelsenkirchen spürt jetzt Handys punktgenau auf, sobald sie aktiv werden.

Von Mirko Smiljanic | 22.01.2005
    Handy-Scout heißt das kleine Gerät und es macht, was der Name verspricht: es sucht Mobiltelefone. Was genau genommen ziemlich einfach ist. Eine Antenne empfängt elektromagnetische Strahlung und stellt deren Frequenz fest. Liegt sie zwischen 900 und 1800 Megahertz, blinkt eine Lampe oder trötet eine Hupe – das war’s! Handy-Scouts auf diesem Niveau kosten ein paar Euro. Kompliziert wird es, wenn der Ort des Handys lokalisiert werden soll. Die Methode der Wahl heißt Kreuzpeilung.

    Man hat zwei Empfänger, der eine sagt, es kommt aus der Richtung, der andere sagt, es steht etwas weiter weg, und dann guckt man sich den Schnittpunkt an und sagt, aha, von dort muss gefunkt worden sein.

    Nun arbeitet Detlef Mansel, Professor für Informatik an der Fachhochschule Gelsenkirchen, aber nur mit einem Gerät, mehrere Scouts zu installieren, wäre umständlich und zu teuer. Damit die Kreuzpeilung trotzdem funktioniert, haben Ingenieure in den einen Kasten gleich bis zu 20 Antennen eingebaut, mit denen sie die Richtung der Funkquelle – das Handy – bestimmen.

    Also, bei 900 MHz haben wir eine Wellenlänge von 30 Zentimetern, das wären also zwei Antennenelemente im Abstand von 30, 60, 90 Zentimeter dort eingebaut. Dann wird geguckt, wie die Phasenverschiebung ist, also die Laufzeitunterschiede, und dann kann ich anhand dessen die Richtung erkennen.

    Zumindest im Labor. Im wirklichen Leben, in weiten Werkshallen oder hohen Verwaltungsgebäuden, sieht die Situation ganz anders aus. Funkwellen durchdringen zwar Böden und Trennwände, Möbel und Maschinen, werden aber auch abhängig vom Material mehr oder weniger stark reflektiert. Diese Reflektionen stören die Messergebnisse, weshalb Informatiker die Mobilfunkstrahlung zunächst analysieren lassen.

    Wenn es eine "gute" gemessene Richtung ist, dann hat die bestimmte Eigenschaften. Zum Beispiel ist das dann konsistent, wenn bei doppeltem Abstand der beiden Antennenelemente auch die Phasenverschiebung doppelt so groß ist. Es ist jetzt eben möglich, konsistente von nicht-konsistenten Ergebnissen zu vergleichen, zu sagen, 30 Prozent der Messwerte geben uns jetzt die richtige Richtung und die anderen 70 Prozent schmeißen wir weg.

    Ein weiteres Problem ist elektromagnetische Strahlung anderer Quellen, die vor allem in Industriebetrieben gang und gäbe sind. Stören sie nicht die Messresultate? Nein, sagt Professor Detlef Mansel von der Fachhochschule Gelsenkirchen.

    Wir können uns das leisten, weil wir nur einen Empfänger haben, und den mit teureren Komponenten auszurüsten. Wir verwenden dort Filter, wie sie auch in Basisstationen der Netzbetreiber benutzt werden und die machen wirklich alles dicht, nur die Mobilfunkfrequenzen kommen durch. Und Mobilfunkfrequenzen sind sehr gut geschützt, bei denen die Betreiber gut drauf achten - das heißt, da ist nix anderes, wenn da in dem Bereich etwas funkt, dann ist es ein Handy!

    Mit dieser Methode lässt sich die Richtung der Funkquelle vergleichsweise gut orten, trotzdem gibt es eine Reihe ungelöster Fragen. So ist es etwa noch nicht möglich, bei hintereinander liegenden Handys – etwa in hintereinander liegenden Räumen – zu sagen, welches gerade funkt. Immerhin muss im Ernstfall binnen weniger Minuten eine Reaktion erfolgen. Probleme bereitet den Handy-Scout-Entwicklern zudem die neue UMTS-Technologie.

    Das Problem liegt darin, dass dort die Leistung auf einen größeren Zeitraum verteilt wird, das gute alte GSM macht das eben in Pulsen und UMTS sendet ständig und entsprechend kann es mit einer etwas geringeren Leistung senden.

    Außerdem ist der Frequenzbereich breiter. Auf breiter Basis wird das System übrigens noch nicht eingesetzt. Erstens leidet es noch unter Kinderkrankheiten und zweitens ist das System einfach noch zu teuer.