Das Türen-Konzert von Timm Ulrichs ist zweifellos die markanteste unter den vielen Installationen dieser Doppelausstellung. Der Besucher betritt eine große, aus Holzbalken gezimmerte Raumstruktur und durchläuft in ihr acht alte Türen, die sich durch einen automatischen Mechanismus von selbst öffnen und schließen, mit jeweils einem stattlichen Knarren und Quietschen, das sich dann zu einer vielstimmigen Geräuschkulisse verdichtet.
Nicht immer treibt Timm Ulrichs soviel Aufwand mit seinen Ideen, die jetzt in seiner Wahlheimatstadt Hannover zum ersten Mal so umfassend für die fünfzig Jahre seines Schaffens zusammengefasst sind. Das Wiedererkennbare an all diesen höchst unterschiedlichen Arbeiten ist das Spiel mit Sinn und Worten, ein Humor, den, ähnlich wie bei dem Plakatkünstler Klaus Staeck, nicht alle Kritiker immer geteilt haben. Timm Ulrichs, der selbsternannte "Totalkünstler", der so gar nichts auf die Geschmacksurteile des Kunstbetriebes gab, hat früh und ganz bewusst und lange vor Beginn der Postmoderne mit dem heroischen Künstlertypus der Hochmoderne gebrochen. Und nicht nur das, er hat diesen Künstlertypus Zeit seines Lebens mit allen Mitteln bekämpft. Und während das Sprengelmuseum einen Einblick in die Ideenwerkstatt des Siebzigjährigen gibt, konzentriert sich der "Kunstverein Hannover" auf den abgründigen Aspekt in seinem Werk, auf das Spiel mit dem eigenen Leben und Tod. Gleich am Anfang findet sich der vom Künstler schon Ende der sechziger Jahre in Auftrag gegebene eigene Grabstein mit der fröhlichen Aufschrift:
"Denken Sie immer daran, mich zu vergessen!"
Und gleich dahinter eine fotografische Dokumentation seiner mittlerweile schon berühmten Selbstausstellung als "erstes lebendes Kunstwerk" von 1961, mit der der damals 21-Jährige erstmals breitere Aufmerksamkeit und Schmähungen auf sich zog. Die Provokationen, die solche Aktionen zu ihrer Zeit ausgelöst haben und auslösen sollten, sind heute natürlich längst verpufft. Stattdessen stellt sich bei den Rundgängen durch die beiden Ausstellungen eine völlig andere Aktualität von Ulrichs Oeuvre ein: Es beschert einem ein immer wiederkehrendes, beinahe unheimliches Déjà Vu-Erlebnis. Etliche dieser Arbeiten glaubt man von anderen Künstlern zu kennen. Ein Blick auf das Entstehungsjahr zeigt aber, das Timm Ulrichs nicht selten ein oder zwei Jahrzehnte vorher die Idee hatte.
Der eigene Grabstein von 1969 findet sich mehr als zwanzig Jahre später ähnlich in einer Installation des vergleichsweise jungen Künstlers Jonathan Monk. Ein ähnliches Prinzip verfolgt Ulrichs' Idee, einen Hundertmarkschein solange durch alle möglichen Währungen zu tauschen, bis von seinem Gegenwert nur noch gerade einmal zehn D-Mark übrig waren, im Vergleich mit einem Projekt von Monk. Dieser ließ ein Portraitfoto von sich von etlichen Fotostudios in aller Welt entwickeln, so dass er am Ende fünfzig völlig verschiedene ein und desselben Fotos enthielt. Die Idee für die Arbeit "Durchsicht durchs Ich" von 1971, bei der der Künstler mittels einer Magensonde eine Reise in sein Körperinneres veranstaltet, wurde in den neunziger Jahren von Pipilotti Rist fast identisch durchgeführt. Sein "Detektivisches Tagebuch" von 1970/71 erinnert an das spätere Werk der Französin Sophie Calle, und eine Serie mit Szenen aus Pornoheften von 1978, die sich vor Gemälden berühmter Künstler abspielen, nimmt eine Serie des in Los Angeles lebenden Künstlers Jeff Burton vom Ende der neunziger Jahre vorweg.
Die Aufzählung ließe sich mühelos mit weiteren Künstlern fortsetzen. Wurde Timm Ulrichs also fortlaufend hinter seinem Rücken plagiiert, ohne dafür einen entsprechenden Weltruhm als gerechten Ausgleich zu erhalten? Unwahrscheinlich, dass seine oft nur in kleineren Galerien ausgestellten Werke je solche Bekanntheit erreicht haben. Es kann also ein kurioser Zufall sein und Timm Ulrichs hat mit seinem unerschöpflichen Einfallsreichtum tatsächlich zahlreiche Arbeiten jüngerer Künstler antizipiert. Wenn es noch eines Nachweises bedurft hätte, dass Timm Ulrichs eigentlich Weltruhm gebührt – dann findet er sich auf dieser Ausstellung.
Nicht immer treibt Timm Ulrichs soviel Aufwand mit seinen Ideen, die jetzt in seiner Wahlheimatstadt Hannover zum ersten Mal so umfassend für die fünfzig Jahre seines Schaffens zusammengefasst sind. Das Wiedererkennbare an all diesen höchst unterschiedlichen Arbeiten ist das Spiel mit Sinn und Worten, ein Humor, den, ähnlich wie bei dem Plakatkünstler Klaus Staeck, nicht alle Kritiker immer geteilt haben. Timm Ulrichs, der selbsternannte "Totalkünstler", der so gar nichts auf die Geschmacksurteile des Kunstbetriebes gab, hat früh und ganz bewusst und lange vor Beginn der Postmoderne mit dem heroischen Künstlertypus der Hochmoderne gebrochen. Und nicht nur das, er hat diesen Künstlertypus Zeit seines Lebens mit allen Mitteln bekämpft. Und während das Sprengelmuseum einen Einblick in die Ideenwerkstatt des Siebzigjährigen gibt, konzentriert sich der "Kunstverein Hannover" auf den abgründigen Aspekt in seinem Werk, auf das Spiel mit dem eigenen Leben und Tod. Gleich am Anfang findet sich der vom Künstler schon Ende der sechziger Jahre in Auftrag gegebene eigene Grabstein mit der fröhlichen Aufschrift:
"Denken Sie immer daran, mich zu vergessen!"
Und gleich dahinter eine fotografische Dokumentation seiner mittlerweile schon berühmten Selbstausstellung als "erstes lebendes Kunstwerk" von 1961, mit der der damals 21-Jährige erstmals breitere Aufmerksamkeit und Schmähungen auf sich zog. Die Provokationen, die solche Aktionen zu ihrer Zeit ausgelöst haben und auslösen sollten, sind heute natürlich längst verpufft. Stattdessen stellt sich bei den Rundgängen durch die beiden Ausstellungen eine völlig andere Aktualität von Ulrichs Oeuvre ein: Es beschert einem ein immer wiederkehrendes, beinahe unheimliches Déjà Vu-Erlebnis. Etliche dieser Arbeiten glaubt man von anderen Künstlern zu kennen. Ein Blick auf das Entstehungsjahr zeigt aber, das Timm Ulrichs nicht selten ein oder zwei Jahrzehnte vorher die Idee hatte.
Der eigene Grabstein von 1969 findet sich mehr als zwanzig Jahre später ähnlich in einer Installation des vergleichsweise jungen Künstlers Jonathan Monk. Ein ähnliches Prinzip verfolgt Ulrichs' Idee, einen Hundertmarkschein solange durch alle möglichen Währungen zu tauschen, bis von seinem Gegenwert nur noch gerade einmal zehn D-Mark übrig waren, im Vergleich mit einem Projekt von Monk. Dieser ließ ein Portraitfoto von sich von etlichen Fotostudios in aller Welt entwickeln, so dass er am Ende fünfzig völlig verschiedene ein und desselben Fotos enthielt. Die Idee für die Arbeit "Durchsicht durchs Ich" von 1971, bei der der Künstler mittels einer Magensonde eine Reise in sein Körperinneres veranstaltet, wurde in den neunziger Jahren von Pipilotti Rist fast identisch durchgeführt. Sein "Detektivisches Tagebuch" von 1970/71 erinnert an das spätere Werk der Französin Sophie Calle, und eine Serie mit Szenen aus Pornoheften von 1978, die sich vor Gemälden berühmter Künstler abspielen, nimmt eine Serie des in Los Angeles lebenden Künstlers Jeff Burton vom Ende der neunziger Jahre vorweg.
Die Aufzählung ließe sich mühelos mit weiteren Künstlern fortsetzen. Wurde Timm Ulrichs also fortlaufend hinter seinem Rücken plagiiert, ohne dafür einen entsprechenden Weltruhm als gerechten Ausgleich zu erhalten? Unwahrscheinlich, dass seine oft nur in kleineren Galerien ausgestellten Werke je solche Bekanntheit erreicht haben. Es kann also ein kurioser Zufall sein und Timm Ulrichs hat mit seinem unerschöpflichen Einfallsreichtum tatsächlich zahlreiche Arbeiten jüngerer Künstler antizipiert. Wenn es noch eines Nachweises bedurft hätte, dass Timm Ulrichs eigentlich Weltruhm gebührt – dann findet er sich auf dieser Ausstellung.