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Der Wärmetauscher

Der kleine Edeka-Aktiv Markt Koch auf der schwäbischen Alb hatte gerade im Sommer ein Problem: Wohin mit der Abwärme aus den Kühltheken und -regalen in einer Zeit, in der Trend zur Tiefkühlkost nicht aufzuhalten ist? Die Gebrüder Koch entwickelten einen geothermischen Pendelspeicher, der diese Wärme ins Erdreich ableitet und sie im Winter zum Beheizen wieder zurückholt. Jetzt gab es für diese Idee den Umweltpreis des Landes Baden-Württemberg.

Von Uschi Götz |
    "Weil ich ganz schnell was für a Pizza brauch"
    "Also sísch halt überall wo ma guckt so sauber hier, also wirklich , lachen ….."

    Der Geothermische Pendelspeicher, den die Gebrüder Koch zusammen mit ihrem Klimaspezialisten ausgetüftelt haben, beeinflusst die Kaufentscheidung der Kunden wenig. Und selbst wenn man im Edeka-Markt in Schömberg hinter die sauberen Kulissen blickt und den Maschinenraum hinter dem Markt unter die Lupe nimmt – erstmal nichts besonderes, Leitungen, Kompressoren. Nur Gerd Koch, einer der beiden Marktleiter, bekommt glänzende Augen:

    "Wir haben hier sieben Bohrungen mit 140 m Tiefe die hier gebündelt in den Maschinenraum reingehen. Da sieht man den Anschluss das rechte isch warm, des linke isch kalt und der Einlass wo die Wärmepumpe gekoppelt wird mit der Kältetechnik."

    Was profan klingt ist tatsächlich ein Pilotversuch, der ein Problem löst, mit dem sich viele Supermärkte in jedem Sommer plagen: Dann laufen die Kühlregale auf Hochtouren und geben oft einen Teil der Abwärme nicht nach draußen, sondern in den Verkaufsraum ab. Ein Teufelskreis, durch den der Kältebedarf noch einmal ansteigt und der dazu führt, dass Kälteaggregate sich sogar zwangsabschalten, weil die Geschäfte wegen der hohen Umgebungstemperaturen selbst nachts nicht richtig auskühlen. Dieses Problem haben die Schömberger Supermarktbetreiber jetzt im Griff. Am grünen Tisch ist die Idee entstanden und klingt eigentlich ganz simpel. Klaus Koch

    "Bei den Häusern ist es meistens passiv Energie, man entzieht dem Boden Wärme. Wir lagern Wärme ein und holen die dann wieder, wir lagern Kälte ein und holen die dann wieder."

    Im Prinzip funktioniert der geothermische Pendelspeicher ganz einfach. Im Sommer fällt durch die riesigen Tiefkühlregale und –truhen jede Menge Abwärme an, die normalerweise ungenutzt an die Außenluft abgegeben wird, im Winter gibt es dagegen Kälte gratis, die der Supermarkt im Sommer wiederum zur Kühlung dringend brauchen könnte. Ein Kreislaufsystem, an das die wärmeproduzierenden Tiefkühltruhen im Supermarkt angeschlossen sind, nimmt im Sommer die überschüssige Wärme auf. In dem Kreislaufsystem befindet sich ein Wasser-Frostschutzmittel-Gemisch, das die aufgenommene Wärme 140 Meter tief ins Erdreich transportiert.

    Der Boden unter dem Supermarkt dient also als Wärmespeicher. Von dort wird die Wärme im Winter wieder entnommen und zur Beheizung des Supermarktes eingesetzt. Durch diesen Wärmeentzug im Winter kühlt das Erdreich um die Sonden ab und steht somit im nächsten Sommer als Kältequelle zur Kühlung des Verkaufsraumes und natürlich für die Wärmeaufnahme zur Verfügung. So pendelt die Wärme In den Erdspeicher und wieder zurück. Bis zum Start vor gut einem Jahr war nie ganz sicher: Würde die Anlage tatsächlich funktionieren? Viel Mut und Risikobereitschaft der beiden Mittelständler war gefordert. Aber genau darin sieht Gerd Koch die Innovationskraft der kleinen Unternehmen und Kooperationen:

    "Okay, wir gehen das unternehmerische Risiko ein wir sind davon überzeugt und es muss funktionieren, mit den Leuten mit denen wir das umgesetzt haben denen haben wir vertraut und einfach gemacht, denn es war gar nicht möglich diese Anlage papiermäßig zu erfassen Wenn das 2 Konzerne umsetzen wollten, die hätten keine Chance gehabt, weil die in einer Papierflut ertrunken wären. Aber bei uns isch halt vieles auf Handschlag und Vertrauen, so wies im Mittelstand seit Jahren Tradition isch."

    Tatsächlich hat das innovative System seine Bewährungsprobe bereits bestanden. Kurz nach der Markteröffnung im September 2005 der harte Winter in Schömberg auf der rauen schwäbischen Alb, ein Ausnahmezustand:

    "Mit Radladern mussten wir den Schneewegräumen, rund 20 Tage hatten wir minus 20 Grad, es war ein langer knackiger Winter und ich muss sagen es hat fantastisch funktioniert die Anlage läuft läuft läuft."

    30.000 Liter Heizöl und rund 56 Tonnen CO2 Emissionen spart der geothermische Pendelspeicher im Jahr. Nach Angaben der Geschäftsführer hat sich die Anlage bereits nach fünf, spätestens nach 10 Jahren amortisiert. Die Investitionskosten betrugen rund 100.000 Euro. Jährlich sollen mit der neuen Pendelanlage rund 10.000 Euro gespart werden.

    Gleichzeitig fallen einmalige Kosten in Höhe von 20. 000 Euro weg, die sonst für einen Heizöltank und einen Heizölkessel angefallen wären. Doch schon heute zeigt die Praxis: die Hälfte der Investitionskosten hätte locker ausgereicht, denn die Anlage in ihrer Form zu 100 Prozent überdimensioniert für den Markt mit 2300 qm Nutzfläche.

    Das ist Lehrgeld, das kalkulierten die Betriebswirte ein. Auch wenn Sie ansonsten Umweltbewusstsein durchaus mit schwäbischer Sparsamkeit zu kombinieren wissen:

    "Ich denke das eine schadet dem anderen nichts. Und dass es hier in dem Bereich Spaß macht Effizienz zu erhöhen und gleichzeitig was zu machen für den Umweltschutz ist einfach doppelte Freude."