Simon: Seit 29 Jahren ist Zypern ein geteiltes Land. Hoffnungen auf eine gemeinsame friedliche Zukunft ist erst mit dem UNO-Friedensplan gekommen, der unter anderem die Schaffung einer Konföderation nach Schweizer Modell vorsieht. Doch der türkisch-zypriotische Präsident Rauf Denktash sperrt sich gegen den Willen der meisten Inseltürken gegen den UN-Plan. Gestern kam UNO-Generalsekretär Kofi Annan persönlich nach Zypern, denn morgen läuft die Frist ab, die Annan beiden Seiten für eine Einigung gesetzt hatte. Von einer Friedenslösung hängt die Zukunft der ganzen Insel ab. Die europäische Union wird ganz Zypern nur aufnehmen, wenn beide Seiten den Friedensplan akzeptieren. Andernfalls darf nur der international anerkannte griechische Teil der Insel in die EU. Die Inseltürken wären dann noch isolierter als schon bisher. Am Telefon bin ich nun mit Akis Tsohatsopoulos verbunden. Er ist Superminister für Wirtschaft, Forschung und Tourismus in der griechischen Regierung. Welche Chancen geben Sie der Vermittlung Kofi Annans? Wird er in letzter Minute noch etwas erreichen?
Tsohatsopoulos: Wir hoffen es. Sicher ist es natürlich nicht. Die Zustände haben sich geändert. Wir haben nicht die gleiche Situation wie vor einigen Monaten. Nachdem die kriegerische Auseinandersetzung mit dem Irak möglich erscheint und die Verhandlungen zwischen der Türkei und den USA so fortgeschritten sind, dass die amerikanischen Truppen durch die Türkei kommen dürfen, um in den Irak zu gehen, haben sich die Situation und die Prioritäten in der türkischen Politik geändert. Eine Lösung des Zypernproblems wird vielleicht erst nach der eventuellen kriegerischen Auseinandersetzung mit dem Irak vorgesehen. Das hat zur Folge, dass nach den Wahlen auf Zypern der neue Präsident auf konstruktive Vorschläge von der türkischen Seite wartet, damit überhaupt eine endgültige Auseinandersetzung und Verhandlung möglich ist. Kofi Annan wird auf eine endgültige politische Lösung drängen, er wird ein Datum festlegen. Die Zeit ist meiner Erachtens kurz. Wir hoffen, dass ein Erfolg zustande kommt. Aber wir sind nicht sicher.
Simon: Die Athener Regierung, der Sie angehören, hat ja viel bessere Beziehungen zur türkischen Regierung als das früher der Fall war. Man redet mit einander. Hat da Ihre Kommunikation in Sachen Zypern vielleicht nicht ausgereicht?
Tsohatsopoulos: Man kann über alles offen reden. Mit der neuen politischen Führung in der Türkei ist man bereit, viel offener mit einander zu reden. Vor allem sieht es so aus, dass der europäische Weg, die konstante Richtung Europas für die türkische Politik doch eine ernste Sache ist. Das hilft natürlich sehr dabei, über alles zu sprechen und bessere Vereinbarungen zu treffen, auch wenn es weiterhin Schwierigkeiten geben wird.
Simon: Aber für Zypern hat es nicht gereicht.
Tsohatsopoulos: Es wird weiterhin Schwierigkeiten für Zypern geben. Wir sind dennoch hoffnungsvoll, dass es zu einer Entscheidung kommt. Wenn es nicht innerhalb der Frist geschieht, bis die Beitrittsländer die Verträge unterzeichnen, das geschieht am 14. April in Athen, wie Sie wissen, dann haben wir immer noch Zeit, bevor eine endgültige Entscheidung von den Parlamenten bezüglich des Beitritts der Länder getroffen wird. Dann können wir noch eine Einigung, auch in der politischen Sache für Zypern erreichen. Sonst wird natürlich der griechische Teil, die zypriotische Demokratie, der europäischen Union beitreten können. Das ist dann so ähnlich, wie es mit der Bundesrepublik war. Da ist ja zuerst der westliche Teil in die europäische Union eingetreten, dann folgte später der Osten, als es die Umstände ermöglichten.
Simon: Da Sie das deutsche Beispiel nennen, ist mit einer Aufnahme nur des griechischen Teils Zyperns auf lange Sicht die endgültige Teilung der Insel vorweggenommen?
Tsohatsopoulos: Die Gefahr besteht natürlich. Deswegen hoffe ich, dass alles daran gesetzt wird, wenn vor dem 14. April die Einigung nicht erfolgt, doch in der Zeit, bis der endgültige Beitritt von den Parlamenten abgeschlossen wird, eine endgültige politische Lösung zu erreichen. Ich bin hoffnungsvoll, dass die neue politische Führung in Zypern und in der Türkei der Sache helfen werden. Voraussetzung ist natürlich, dass uns auch der türkische Teil Zyperns unter einer Führung, die nicht eine Politik verfolgt, die nicht der Mehrheit der Bevölkerung im Norden entspricht, entgegenkommt. Es gibt wieder eine Vielzahl von Demonstrationen im Norden von Zypern. Die Inseltürken wollen nämlich der EU beitreten. Die wollen eine Einigung. Die Führung im nördlichen Teil Zyperns ist allerdings nicht flexibel genug, um in der Sache weiterzukommen.
Simon: Jetzt ist es aber so, dass diese türkisch-zypriotische Führung vor allem wirtschaftlich vollkommen von Ankara abhängig ist. Warum hat die Türkei nicht mehr Druck gemacht? Glaubt man in der Türkei, dass man noch mehr für die Inseltürken herausholen kann, wenn man das Thema hinauszögert?
Tsohatsopoulos: In der Türkei haben wir eine Situation, dass der militärische Teil und die militärische Führung, die ja laut Verfassung konkrete politische Verantwortung mit trägt, nicht ganz genau die gleiche Linie wie die Regierung haben, obwohl durch demokratische Wahlen eine absolute Mehrheit für die Erdogan-Partei erreicht worden ist. Das hat zur Folge, dass Denktash nur eine Teilunterstützung und nicht die volle Unterstützung von der türkischen Seite bekommt. Wir hoffen aber, dass wir im Laufe der Zeit und nach den Ereignissen im Irak, auf die wir jetzt warten, vielleicht eine endgültige Lösung im Zypernstreit erzielen. Dies wird dennoch schwierig sein, weil die Verzögerung durch die türkisch-zypriotischen Führung zum Ziel haben wird, mehr zu verlangen. Das kann dann schwer von der griechischen Seite akzeptiert werden. Man hätte einige Monaten zuvor die Zeit nutzen sollen. Nun müssen wir eine kurzfristige Lösung erzielen.
Link: Interview als RealAudio
Tsohatsopoulos: Wir hoffen es. Sicher ist es natürlich nicht. Die Zustände haben sich geändert. Wir haben nicht die gleiche Situation wie vor einigen Monaten. Nachdem die kriegerische Auseinandersetzung mit dem Irak möglich erscheint und die Verhandlungen zwischen der Türkei und den USA so fortgeschritten sind, dass die amerikanischen Truppen durch die Türkei kommen dürfen, um in den Irak zu gehen, haben sich die Situation und die Prioritäten in der türkischen Politik geändert. Eine Lösung des Zypernproblems wird vielleicht erst nach der eventuellen kriegerischen Auseinandersetzung mit dem Irak vorgesehen. Das hat zur Folge, dass nach den Wahlen auf Zypern der neue Präsident auf konstruktive Vorschläge von der türkischen Seite wartet, damit überhaupt eine endgültige Auseinandersetzung und Verhandlung möglich ist. Kofi Annan wird auf eine endgültige politische Lösung drängen, er wird ein Datum festlegen. Die Zeit ist meiner Erachtens kurz. Wir hoffen, dass ein Erfolg zustande kommt. Aber wir sind nicht sicher.
Simon: Die Athener Regierung, der Sie angehören, hat ja viel bessere Beziehungen zur türkischen Regierung als das früher der Fall war. Man redet mit einander. Hat da Ihre Kommunikation in Sachen Zypern vielleicht nicht ausgereicht?
Tsohatsopoulos: Man kann über alles offen reden. Mit der neuen politischen Führung in der Türkei ist man bereit, viel offener mit einander zu reden. Vor allem sieht es so aus, dass der europäische Weg, die konstante Richtung Europas für die türkische Politik doch eine ernste Sache ist. Das hilft natürlich sehr dabei, über alles zu sprechen und bessere Vereinbarungen zu treffen, auch wenn es weiterhin Schwierigkeiten geben wird.
Simon: Aber für Zypern hat es nicht gereicht.
Tsohatsopoulos: Es wird weiterhin Schwierigkeiten für Zypern geben. Wir sind dennoch hoffnungsvoll, dass es zu einer Entscheidung kommt. Wenn es nicht innerhalb der Frist geschieht, bis die Beitrittsländer die Verträge unterzeichnen, das geschieht am 14. April in Athen, wie Sie wissen, dann haben wir immer noch Zeit, bevor eine endgültige Entscheidung von den Parlamenten bezüglich des Beitritts der Länder getroffen wird. Dann können wir noch eine Einigung, auch in der politischen Sache für Zypern erreichen. Sonst wird natürlich der griechische Teil, die zypriotische Demokratie, der europäischen Union beitreten können. Das ist dann so ähnlich, wie es mit der Bundesrepublik war. Da ist ja zuerst der westliche Teil in die europäische Union eingetreten, dann folgte später der Osten, als es die Umstände ermöglichten.
Simon: Da Sie das deutsche Beispiel nennen, ist mit einer Aufnahme nur des griechischen Teils Zyperns auf lange Sicht die endgültige Teilung der Insel vorweggenommen?
Tsohatsopoulos: Die Gefahr besteht natürlich. Deswegen hoffe ich, dass alles daran gesetzt wird, wenn vor dem 14. April die Einigung nicht erfolgt, doch in der Zeit, bis der endgültige Beitritt von den Parlamenten abgeschlossen wird, eine endgültige politische Lösung zu erreichen. Ich bin hoffnungsvoll, dass die neue politische Führung in Zypern und in der Türkei der Sache helfen werden. Voraussetzung ist natürlich, dass uns auch der türkische Teil Zyperns unter einer Führung, die nicht eine Politik verfolgt, die nicht der Mehrheit der Bevölkerung im Norden entspricht, entgegenkommt. Es gibt wieder eine Vielzahl von Demonstrationen im Norden von Zypern. Die Inseltürken wollen nämlich der EU beitreten. Die wollen eine Einigung. Die Führung im nördlichen Teil Zyperns ist allerdings nicht flexibel genug, um in der Sache weiterzukommen.
Simon: Jetzt ist es aber so, dass diese türkisch-zypriotische Führung vor allem wirtschaftlich vollkommen von Ankara abhängig ist. Warum hat die Türkei nicht mehr Druck gemacht? Glaubt man in der Türkei, dass man noch mehr für die Inseltürken herausholen kann, wenn man das Thema hinauszögert?
Tsohatsopoulos: In der Türkei haben wir eine Situation, dass der militärische Teil und die militärische Führung, die ja laut Verfassung konkrete politische Verantwortung mit trägt, nicht ganz genau die gleiche Linie wie die Regierung haben, obwohl durch demokratische Wahlen eine absolute Mehrheit für die Erdogan-Partei erreicht worden ist. Das hat zur Folge, dass Denktash nur eine Teilunterstützung und nicht die volle Unterstützung von der türkischen Seite bekommt. Wir hoffen aber, dass wir im Laufe der Zeit und nach den Ereignissen im Irak, auf die wir jetzt warten, vielleicht eine endgültige Lösung im Zypernstreit erzielen. Dies wird dennoch schwierig sein, weil die Verzögerung durch die türkisch-zypriotischen Führung zum Ziel haben wird, mehr zu verlangen. Das kann dann schwer von der griechischen Seite akzeptiert werden. Man hätte einige Monaten zuvor die Zeit nutzen sollen. Nun müssen wir eine kurzfristige Lösung erzielen.
Link: Interview als RealAudio
