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Des Vampirs dunkles Geheimnis

Biologie.- Draculin: Gefriert da Jemandem das Blut in den Adern, wenn er den Namen dieses Moleküls hört? Er ist absolut treffend gewählt. Draculin steckt im Speichel von Vampiren. Ohne das körpereigene Protein wären die Blutschlürfer ganz schön aufgeschmissen: Sie könnten sich nicht an ihren Opfern satt trinken.

Von Volker Mrasek | 23.02.2011
    Graf Dracula. Legendäre Sagenfigur aus Transsilvanien. Ein blutdürstiger Vampir in Menschengestalt, den alle fürchten. Fast alle ...

    "Sie unterschätzen die Wissenschaft, von Krolock. Ich werde Sie in Alkohol einlegen."

    Aber wohlgemerkt: eine Sagengestalt ...

    "Bald treiben Sie nur noch in Gruselromanen Ihr Unwesen!"

    Vampir-Fledermäuse dagegen gibt es wirklich. Sie leben in Mittelamerika. Auch in Venezuela, der Heimat des Biochemikers Rafael Apitz-Castro ...

    "Sie trinken hauptsächlich das Blut von Rindern, gehen aber auch auf Pferde und Hunde. Andere Arten wiederum bevorzugen Hühner."

    Apitz-Castro ließ sich nicht abschrecken. Zusammen mit Kollegen durchstreifte er dunkle Höhlen und nahm die blutrünstigen Flattertiere auch noch mit nach Hause:

    "Wir gründeten eine Labor-Kolonie, mit bis zu 25 Vampiren, und päppelten sie mit Rinderblut."

    So entlockten die Forscher den nachtaktiven Vampiren am Ende ihr Geheimnis. Der Speichel der Tiere enthält einen potenten Blutgerinnungshemmer. Nur dadurch können sich die kaum bierdeckelgroßen Winzlinge minutenlang an einem schlafenden Rind laben, das sie zuvor mit ihren messerscharfen Schneidezähnen angepiekt haben. Das Molekül hält das Blut flüssig, während die Vampire es auflecken.

    Mitte der 90er-Jahre berichteten Apitz-Castro und seine Kollegen der Fachwelt von ihrer Entdeckung:

    "Mücken und andere blutsaugende Insekten verfügen auch über Gerinnungshemmer. Aber Draculin ist etwas Besonderes. Im mehrstufigen Prozess der Blutgerinnung wirkt es an einer Stelle, an der keines der anderen Proteine angreift."

    Die Idee, das Molekül Draculin zu nennen, hatte Coenraad Hemker, Professor für Biochemie an der Universität Maastricht. Draculin habe geholfen, die Blutgerinnung im Detail besser zu verstehen, sagt der Niederländer. Von medizinischem Nutzen war das Vampir-Elixier aber nicht:

    "Die Pharmaindustrie sah in der Substanz ein mögliches Medikament zur Auflösung von Blutgerinnseln. Sie ließ Draculin aber wieder fallen. Das Molekül enthält enorm viele Zuckerketten. Und es war zu schwierig, ein solches Protein zu synthetisieren."

    Einmal gab es eine Sekunde des Schreckens im Labor. Als eine Fledermaus einen ihrer Betreuer plötzlich in den Nacken biss. Zum Vampir, das schwören die Forscher hochheilig, sei der Mann aber nicht mutiert ...

    Links zum Thema:

    Übersichtsseite "Molekül der Woche"

    Eine australische Studie zu weiteren Inhaltsstoffen von Vampirfledermaus-Speichel (PDF)

    Agenturmeldung zum Thema