Donnerstag, 28. März 2024

Archiv

Designierter UNO-Generalsekretär
Fürsprecher der Flüchtlinge

Die Vetomächte des UNO-Sicherheitsrats sind sich ungewohnt einig: Der frühere portugiesische Ministerpräsident Antonio Guterres soll neuer Generalsekretär der Vereinten Nationen werden. Dass erneut keine Frau das Amt bekommt, sorgt für Kritik.

06.10.2016
    Der frühere portugiesische Ministerpräsident Antonio Guterres sitzt in seiner Zeit als UNO-Hochkommissar für Flüchtlinge bei einer Pressekonferenz am 18. Dezember 2015 in Genf (Schweiz).
    Der frühere portugiesische Ministerpräsident Antonio Guterres soll neuer UNO-Generalsekretär werden. (dpa / picture-alliance / Salvatore Di Nolfi)
    "Es gibt einen klaren Favoriten und sein Name lautet Antonio Guterres", erklärte der russische UNO-Botschafter Witali Tschurkin nach der sechsten geheimen Umfrage im Sicherheitsrat. Der Russe sprach von einem historischen Moment, eine so schnelle Einigung war bei dem zerstrittenen Sicherheitsrat nicht zu erwarten gewesen.
    Am Mittwoch hatten für Guterres in einer Probeabstimmung offenbar 13 der 15 Ratsmitglieder gestimmt, wie Georg Schwarte für den Deutschlandfunk berichtet. Nun bestätigte der Sicherheitsrat die Entscheidung in New York offiziell mit einer entsprechenden Resolution, wie Diplomaten vor Ort mitteilten. Die Entscheidung muss noch von der aus allen 193 UN-Mitgliedstaaten bestehenden Vollversammlung bestätigt werden, was aber als sicher gilt.
    Guterres wäre der erste ehemalige Regierungschef, der UNO-Generalsekretär wird. Nach seiner Amtszeit als portugisischer Premierminister war er zehn Jahre lang UNO-Flüchtlingskommissar. In seiner Bewerbung hatte Guterres gesagt er wolle Führungsstärke zeigen und moralische Werte wieder stärken. Human Rights Watch unterstützt seine Wahl. Die Organisation sagte, er sei ein effektiver Fürsprecher für Flüchtlinge.
    Forderungen nach einer Frau bleiben ungehört
    Mehr als ein Dutzend Kandidaten hatten sich für den Posten beworben, davon waren ungefähr die Hälfte Frauen. Vor den Abstimmungen hatten sich viele Mitglieder der Vollversammlung für eine Frau als Generalsekretärin ausgesprochen, auch der bisherige Amtsinhaber Ban Ki-moon forderte eine Frau in dem Amt. In der Geschichte der Vereinten Nationen seit 1945 hatte noch nie eine Frau die Position inne. Es sei bitter, dass keine Frau das Rennen gemacht habe, twitterte die frühere Chefin des UNO-Klimasekretariats, Christiana Figueres, aber immerhin habe der beste Mann gewonnen.
    Eine der Kandidatinnen war die Bulgarin Kristalina Georgiewa, die zurzeit Vize-Präsidentin der EU-Kommission ist und sich erst vergangene Woche bewarb. Gegen sie hatten allerdings zwei der Vetomächte gestimmt. Sie gratulierte Guterres bei Twitter.
    Eine weitere Bewerberin aus Bulgarien war die Generalsekretärin der Unesco, Irina Bokowa. Zwei der ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats stimmten jedoch auch gegen sie.
    Russland hatte sich zuvor für einen Kandidaten aus Osteuropa ausgesprochen, diese Region hat bisher noch keinen Generalsekretär gestellt und wäre nach einem ungeschriebenen Verteilungsprinzip 2017 eigentlich an der Reihe gewesen. Ein neuer Generalsekretär soll in der Regel aus einem einem anderen Kontinent als sein Vorgänger kommen, die letzten beiden Generalsekretäre kamen aus Süd-Korea und Ghana.
    Viele Aufgaben für Bans Nachfolger
    Den UNO-Generalsekretär erwarten bei seinem Amtsantritt viele Baustellen wie der Bürgerkrieg in Syrien, die Friedensverhandlungen in Kolumbien oder die Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs gegen Blauhelmsoldaten.
    Über eine politische Macht verfügt der Generalsekretär nicht, er kann nur mahnen und appellieren. Der jetzige Generalsekretät Ban Ki-moon tritt nach zwei fünfjährigen Amtszeiten nicht mehr an.