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Nachfolge von Ban Ki Moon
Die UNO bittet zum Vorstellungsgespräch

Es ist ein Novum in der 70-jährigen Geschichte der Vereinten Nationen: Zum ersten Mal werden die Kandidaten für das Amt des Generalsekretärs öffentlich vorgestellt. In der UNO-Generalversammlung müssen sie sich den Fragen der Mitgliedsstaaten stellen. Zum ersten Mal könnte eine Frau das Amt antreten.

Von Georg Schwarte | 12.04.2016
    Die Kandidaten für das Amt des UNO-Generalsekretärs (v.l.n.r): Vesna Pusic, Irina Bokova, Natlais Gherman, Helen Clark. Untere Reihe (v.l.): Antonio Guterres, Srgjan Kerim, Igor Luksic, Danilo Türk.
    Die Kandidaten für das Amt des UNO-Generalsekretärs (obere Reihe v.l.): Vesna Pusic, Irina Bokova, Natalia Gherman, Helen Clark. Untere Reihe (v.l.): Antonio Guterres, Srgjan Kerim, Igor Luksic, Danilo Türk. (dpa/picture alliance/AFP/imago/Bildmontage Deutschlandradio)
    "Ja ich bin sicher optimistisch, weil ich glaube es ist höchste Zeit für eine Frau, erstmals Generalsekretärin der Vereinten Nationen zu werden."
    Da sitzt sie, die ehemalige Außenministerin von Moldawien, Natalia Gherman, im ARD Studio New York und macht, was es bisher nie gab: öffentlich Werbung für sich im Kampf um den wohl unmöglichsten Job der Welt: den des UN-Generalsekretärs. Spätestens Ende Dezember muss ein Name feststehen. Und die moldawische Karriere-Diplomatin wirbt für sich auf Deutsch, Rumänisch, Russisch und natürlich Englisch dafür, dass sie am Ende das Rennen macht:
    "Ich bin absolut überzeugt, wenn ich Generalsekretärin werden sollte, werde ich in der Lage sein, alle Mitglieder des Sicherheitsrates einzubinden."
    "Frauen sind von Natur aus Friedensstifter und Vermittler"
    So klingt öffentlicher Wahlkampf für die Nachfolge von Ban Ki Moon. Ein Novum in der 70-jährigen Geschichte der UN. Und nicht das einzige. Ab heute nämlich gibt’s öffentliche Bewerbungsgespräche. Alle acht bisher bekannten Kandidaten, darunter die Ex-Premierministerin von Neuseeland, Helen Clark, und der ehemalige Flüchtlingskommissar Antonio Guterres, stellen sich für jeweils zwei Stunden den Fragen der UN-Generalversammlung und den Fragen, die alle Bürger weltweit zuvor bei den Vereinten Nationen einreichen konnten. Der Frage beispielsweise, warum zum ersten Mal unbedingt eine Frau UN-Generalsekretär werden sollte?
    "Frauen sind von Natur aus Friedensstifter und Vermittler. Wir arbeiten und streben instinktiv nach Frieden", sagt Natalia Gherman. Acht Kandidaten bisher. Drei Tage Vorstellungsgespräche, die - sollten im Laufe der nächsten Monate noch weitere Kandidaten auftauchen, jederzeit wiederholt werden können. Geleitet wird das Ganze übrigens von dem Mann, der jetzt schon Geschichte geschrieben hat. Mogens Lykketoft, Präsident der UN-Generalversammlung. Der Däne hat die Tür der Hinterzimmer, in denen normalerweise der UN-Generalsekretär ausgekungelt wurde, einen Spalt breit geöffnet. Zum ersten Mal:
    "Wir haben es geschafft. Zum ersten Mal seit 70 Jahren wird das Ganze viel transparenter", so Lykketoft.
    Angela Merkels Name fällt gerüchtehalber auch
    Was bisher ablief wie die Papstwahl - Konklave, verschlossene Türen, dann weißer Rauch - soll diesmal ein echter Wahlkampf werden. Im Idealfall. Bisher gibt’s acht konkrete Namen. Darunter auch die Bulgarin Irina Bokowa, die bisherige UNESCO-Chefin. Und es gibt Namen gerüchtehalber. Einer davon der Name von Angela Merkel. Im ARD-Interview lächelt der Präsident der UN-Generalversammlung Mogens Lykketoft über diesen Namen noch still hinweg:
    "Es werden viele Namen genannt und geflüstert", sagt er diplomatisch. Auch Natalia Gherman, die offizielle Kandidatin aus Moldawien hört immer wieder den Namen Merkel als mögliche UN-Generalsekretärin:
    "Ich bewundere die Kanzlerin für ihre Führung, ihre Aufrichtigkeit, ihre werteorientierte Art Weltpolitik zu betreiben."
    Lob einer offiziellen Kandidatin für eine deutsche Kanzlerin, die bisher gar nicht antritt. Ab heute also öffentliche Vorstellungsrunden. Am Ende entscheiden dann zwar wie bisher die fünf Vetomächte im Sicherheitsrat. Die öffentlichen Bewerbungsrunden aber machen es China, Russland und den USA zum ersten Mal deutlich schwerer als bisher, den oder die qualifizierteste Kandidatin wie gelegentlich früher geschehen einfach zu übergehen.