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Desinfektion nur im Ausnahmefall

xMedizin. - Wer sich in Mexiko mit der neuen Grippe infiziert hat, geht möglicherweise ohne Symptome an Bord und ist bei der Landung in Deutschland schwer krank. Bei Flügen aus Mexiko oder den USA warten deshalb zurzeit nicht nur die Angehörigen, sondern auch Ärzte auf die Reisenden. Und wenn wirklich ein Infizierter an Bord sein sollte, rückt sogar die Feuerwehr aus und desinfiziert dessen Sitzplatz.

Von Hellmuth Nordwig |
    Der wöchentliche Direktflug aus Cancun – Puerto Plata wird bald in München landen. Bisher hat das Bordpersonal keinen plötzlich erkrankten Reisenden gemeldet. Doch Siegfried Ippisch vom zuständigen Gesundheitsamt geht auf Nummer sicher.

    "Ippisch, Gesundheitsamt Erding, hallo. Ich wollte nachfragen wegen der Cancun-Maschine heute: Haben wir da eine Abfrage oder eine Information vom Kapitän, ob irgendwelche Besonderheiten an Bord sind oder nicht? OK, gerade eben: Keine Anzeichen, also passt alles."

    Trotzdem macht sich eine Handvoll Fachleute bereit, die Passagiere nach der Landung zu empfangen. Sie legen auffällige blaue Westen mit der Aufschrift "Gesundheitsamt" um. Und sie kontrollieren ein letztes Mal den Inhalt ihrer Kiste mit Schutzausrüstung und Untersuchungsmaterial. Alles ist gepackt: Die Ärzte und Sanitäter könnten bei Bedarf bei den Passagieren Rachen- und Nasenabstriche nehmen, Fieber messen und ihnen eine erste Dosis Grippemittel geben. Dr. Wolfgang Hierl:

    "Das Charakteristikum dieser Influenza ist der akute, schlagartige Beginn mit den Zeichen eines Atemwegsinfekts. Insofern kann es bei dem langen Flug durchaus sein, dass während des Flugs Symptome auftreten."

    Darauf werden die Fachleute nach der Landung achten. Allerdings beträgt die Inkubationszeit drei bis fünf Tage, und alle Fälle, die in Deutschland bisher auftraten, sind nicht bei der Einreise aufgefallen. Darum werden die Reisenden in erster Linie informiert, was sie tun müssen, wenn sie erkranken. Und sie müssen Anmeldekarten ausfüllen, damit das Gesundheitsamt sie erreichen und untersuchen kann, wenn sich herausstellt, dass ein Infizierter in ihrer Maschine saß. Sollte aber doch ein Reisender an Bord erkranken, dann greifen ganz andere Maßnahmen, sagt Siegfried Ippisch:

    "Der Patient soll nach Möglichkeit in den hinteren Bereich des Flugzeugs gesetzt werden. Es soll ihm ein Mund-Nasen-Schutz aufgesetzt werden, so dass er nicht mehr direkt beim Niesen oder Husten die Erreger in größerem Umfang ausbringen kann."

    Zusätzlich verhindert die Klimaanlage im Flugzeug weitgehend, dass sich das Virus im Innenraum ausbreiten kann. Die Luft wird nach unten hin abgesaugt und gefiltert, bevor sie wieder in die Kabine strömt – und dieser Filter ist dafür ausgelegt, auch Viren zurück zu halten. Wenn ein Reisender akute Grippesymptome zeigt, würde dessen Sitzplatz zusätzlich desinfiziert. Ippisch:

    "Wir arbeiten hier zusammen mit der Flughafenfeuerwehr, die mit an Bord geht. Die reinigen und desinfizieren die Hand-Kontaktflächen, wo der Erkrankte gesessen hat. Das wird desinfiziert. Bei diesem Virus, H1N1, ist es insofern nicht problematisch, weil hier alle gängigen Hände- und Flächendesinfektionsmittel ausreichend und inaktivierend wirken, so dass von dem Virus nach der Desinfektion oder Reinigung keine Gefahr mehr ausgeht."

    Auch Polster oder Vorhänge können wirksam desinfiziert werden. Ohnehin überlebt das Virus außerhalb des Körpers nur kurze Zeit. Spätestens nach drei Stunden besteht keine Infektionsgefahr mehr. Am Flughafen Frankfurt halten die Fachleute deshalb eine Desinfektion für überflüssig: Die Wirkung der Klimaanlage und die normale Reinigung des Flugzeugs reichten aus, teilt das dortige Gesundheitsamt auf Anfrage mit. Die Infektionsschutzbehörde des Bundes, das Robert-Koch-Institut, empfiehlt jedoch eine Desinfektion – ausdrücklich allerdings bisher nur für Rettungswagen, in denen ein Influenzapatient befördert wurde. In München waren diesmal keine besonderen Maßnahmen nötig, sagt Wolfgang Hierl nach der Landung der Maschine aus Mexiko.

    "So wie angekündigt, war kein verdächtiger Passagier mit an Bord. Der Medizinische Dienst ist durch die Reihen gegangen und hat genau geguckt. Alle Passagiere hatten Merkblätter bekommen und sich informiert. Wir haben natürlich trotzdem noch einmal genau hingeschaut, die Passagiere alle gefragt, ob sie Beschwerden haben oder Informationsbedarf. Aber das ist jetzt ziemlich rasch abgelaufen."