Archiv


Detailreich - aber unpersönlich

Sechs Grammys, zwei BRIT Awards und zweimal den ECHO: Zehn Preise allein in diesem Jahr, und das Jahr ist noch jung. Genauso wie die Preisträgerin Adele, die im Mai erst 24 wird. Jetzt erschien die erste deutschsprachige Biografie über die junge Sängerin - doch die Quellenlage ist diffus.

Von Veronika Bock |
    "And the winner for the British album of the year, without a doubt, Adele."

    Adele, so wie sie, singt keine. Und kaum eine ist so präsent auf der Bühne: so lebendig, so wenig verbogen, so direkt. So echt.

    "I'm so, so proud to be british, to let fly the Union Jack."

    Stolz Britin zu sein, stolz den Union Jack fliegen zu lassen und ansonsten auf dem Boden zu bleiben.

    "When I was 16 I was in London and I wrote some songs and I put them on my space."

    Ihre Karriere beginnt mit "Hometown glory", dem Lied, das sie mit 16 Jahren geschrieben hat. Die Biografie setzt natürlich früher an mit der Kindheit, der alleinerziehenden Mutter, dem fernen Vater, dem liebevollen Großvater und der frühen Liebe zur Musik. Wir lesen, dass Adele mit fünf anfing zu singen, lernen ihre musikalischen Helden kennen und erfahren auch, dass sie als kleines Mädchen Modejournalistin oder Herzchirurgin werden wollte. Alles der Reihe nach erzählt, vieles als wörtliches Zitat gekennzeichnet. Adele sagt, erklärt, betont, schwärmt, berichtet, bemerkt, flüstert, meint, fügt hinzu, erinnert sich.

    "I'm not good in talking, to my self obviously, but people..."

    Adele erzählt gerne und viel und immer wie ihr der Schnabel gewachsen ist. Es gibt unzählige Interviews von ihr im Netz und noch mal so viele Artikel in Zeitschriften und vor allem in der Britischen Yellow Press. Und aus diesem Fundus schöpft das Buch, ob es um ihre beiden Erfolgsalben geht, den amerikanischen Traum, die vielen Gesichter des Ruhms oder ihre Jahre in der berühmten BRIT School for Performing Arts & Technology.

    Das "willensstarke" Mädchen, das "großartig talentierte Mädchen", auf dem Weg zum "glamourösen Star". Genauso und mit solchen Beschreibungen erzählt die Biografie Adeles Leben. Natürlich erfahren wir auch Persönliches, dass sie Lieder aus Liebeskummer geschrieben hat, sich nicht sagen lassen will, wie sie auszusehen hat, wie dick sie sein darf. Sie liebt ihre alte Gegend, ihre alten Freunde, hat angefangen zu kochen und aufgehört zu rauchen.

    "I gave up smoking, cause I am a singer. If I wasn't a singer I would be still smoking 25 a day..."

    Das Buch ist detailreich, erzählt viel und anscheinend auch alles ganz genau, schließlich wird Adele ja ständig zitiert. Doch woher diese Zitate stammen? Autorisiert ist die Biografie nicht, und die Quellenangaben sind mehr als dürftig. Wir erfahren auch nicht, ob der Autor, Chas Newkey-Burden, überhaupt jemals mit ihr persönlich gesprochen hat, ihr auch nur eine einzige Frage selbst stellte, sich für sie interessierte, ihr nahe kam, sich von ihrem unbändigen Lachen anstecken ließ?

    Ein "Highlight für Musikliebhaber" nennt der Verlag die Biografie. Und Adele zumindest ist ein Highlight, auch die Fotos in dem Buch von ihr sind schön und glänzend. Doch einfangen lässt sich die lebendige Adele in einem derart zusammengeklaubtem Buch nicht. Es ist das, was Adele selbst nicht sein will: ein reines Produkt der Medienwelt. Etwas Gutes hat es allerdings, es weckt den dringenden Wunsch, sich eines der unzähligen Interviews mit ihr im Internet anzuhören oder sie einfach singen zu lassen.


    Chas Newkey-Burden: "Adele - Die Biografie"
    Übersetzt von Madeleine Lampe. Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag, Berlin 2012, 14,95 Euro, ISBN 978-3-86265-131-3