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Deutsch am Arbeitsplatz

Der Auslandsgermanist der Universität Jena, Hermann Funk, ist Koordinator des gemeinsamen Projektes der Uni Jena und des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung zur Sprachförderung am Arbeitsplatz. Migranten hätten insbesondere Schwierigkeiten beim Erlernen der jeweiligen Fachsprache. Auch blieben ihnen bei mangelnden Sprachkenntnissen Qualifikationsmaßnahmen und Aufstiegschancen verwehrt, sagte der Wissenschaftler.

Moderation: Kate Maleike | 18.12.2007
    Kate Maleike: Sprache als wichtiges Element von Integration, darauf setzt auch ein Projekt, das die Uni Jena jetzt zusammen mit dem Deutschen Institut für Erwachsenenbildung in Bonn durchführt. Gefördert von der Volkswagen-Stiftung soll die Integration von Einwanderern in die Arbeitswelt unterstützt werden, und zwar auf der Basis von Sprachförderung - von einem besseren Deutsch, wenn man so will, am Arbeitsplatz. Professor Hermann Funk betreut das Projekt für die Universität Jena. Guten Tag, Herr Funk!

    Hermann Funk: Guten Tag!

    Maleike: Heute ist ja der internationale Tag der Migranten. Was ist die Ausgangslage für Ihr Projekt? Haben Sie festgestellt, dass Migranten in der deutschen Arbeitswelt nicht so gut zurechtkommen?

    Funk: Ja, in mehrfacher Hinsicht. Zum einen haben wir konstant seit vielen, vielen Jahren hohe Abbruchquoten in der Berufsausbildung, das ist das eine. Dort sind es vor allem die fach- und berufssprachlichen Anforderungen, sprich etwa die Fähigkeit, Fachtexte zu lesen, die zu wünschen übrig lässt. Sie kennen die viel diskutierten Ergebnisse der PISA-Studie, die ja in diese Richtung deuten. Das ist das eine Problem. Das andere Problem ist, dass Aufstieg und Qualifikation in Betrieben über Sprache laufen, ganz zentral. Und wer über die entsprechenden Sprachkenntnisse nicht verfügt, kann eben auch im Betrieb nicht teilhaben an Qualifikationsmaßnahmen und hat auch keine Aufstiegschancen. Das ist das Problem, und an der Stelle setzt unser Projekt an.

    Maleike: Wo und wie setzen Sie denn an?

    Funk: Zunächst geht es darum, im Bereich der mündlichen Kommunikation in den Betrieben herauszufinden, worin genau die Sprachanforderungen der Berufe bestehen, also welche Tätigkeitsmerkmale mit welchen genauen Anforderungen an Sprachkompetenz verbunden sind. Das kann man herausfinden, indem man mit Menschen spricht, indem man das aufzeichnet, indem man versucht festzustellen, welche Schwierigkeiten denn möglicherweise auf Menschen nicht-deutscher Muttersprache zukommen, wenn sie im Betrieb Kommunikation betreiben, wenn sie dort sprachlich agieren.

    Maleike: Eigentlich, so ehrenwert Ihr Projekt auch klingt, fragt man sich natürlich, warum machen das die Unternehmen nicht selbst? Die müssten doch das größte Interesse daran haben, dass ihre Mitarbeiter sich untereinander verstehen und dass man sich auch austauschen kann.

    Funk: Das ist richtig, und die Unternehmen sind auch nicht untätig. Zum einen sind wir ja über die ERFA Wirtschaft, also den Erfahrungskreis der Sprachlehrenden in den Betrieben am Projekt beteiligt. Der ERFA Wirtschaft beteiligt sich beratend und durch die Gewährung von Zugang in die Betriebe an diesem Projekt. Die Betriebe tun natürlich eine Menge auch für die Förderung der innerbetrieblichen Fremdsprachenkenntnisse. Man kann also nicht sagen, dass die Industrie nichts tut, aber es ist sicher so, dass auch in der Forschung vieles in den letzten Jahren unternommen worden ist und wir jetzt auch Anstrengungen brauchen, vielleicht um das ein bisschen genauer hier herauszukriegen, was die sprachlichen Anforderungen sind.

    Maleike: Gibt es denn schon Unternehmen, in denen Sie aktiv sind?

    Funk: Wir haben mit dem Projekt angefangen im Oktober, und die Federführung liegt - Sie haben es erwähnt - beim Deutschen Institut für Erwachsenenbildung in Bonn. Wir haben in der Kick-off-Konferenz uns das Vorgehen zurechtgelegt, das heißt, wir werden im Laufe des ersten Halbjahres 2008 die Datenerhebung durchführen.

    Maleike: Herr Funk, was ist denn Ihr Langzeitziel? Ist das die Schaffung von Sprachkursen, die Sie dann den Unternehmen anbieten wollen, um ihnen zu zeigen, hier könntet ihr möglicherweise noch was verbessern?

    Funk: Ja, also all denjenigen, die Sprachkurse oder sagen wir, es ist ja vielfältiger, sprachliche Weiterbildungsmaßnahmen, es gibt ja auch viel Individualtraining, anbieten, denen wollen wir genaue Möglichkeiten, genaue Informationen an die Hand geben, wie sie diese Bildungsangebote strukturieren können. Je mehr wir über die konkreten Anforderungen wissen, desto besser können wir die Menschen darauf vorbereiten. Darum geht es, das ist das eigentliche Ziel des Projektes. Zunächst müssen wir herausfinden, wie sieht die Kommunikation in Betrieben genau aus. Es gibt eine Menge Forschung dazu, wie gesagt, aber es gibt auch Bedarf, Daten zu erheben. Auf der Grundlage werden wir dann versuchen, eben Hilfen für die unterschiedlichen Interventionen im Sprachbereich, Sprachkursbereich dann zur Verfügung zu stellen, also exemplarisch aufzuarbeiten und ihnen zu sagen, so kann man vorgehen, das wären die Ziele, die sie verfolgen können, und so sehen die Materialien aus.

    Maleike: Die Uni Jena und das Deutsche Institut für Erwachsenenbildung wollen mit einem neuen Projekt die Sprachförderung von Migranten am Arbeitsplatz verbessern. In "Campus & Karriere" war das dazu Professor Hermann Funk. Herzlichen Dank!