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Deutsch-mexikanisches Kulturjahr
Alle Register der Imagepflege gezogen

Unter dem Motto "Allianz für die Zukunft" wollen sich Deutschland und Mexiko ein Jahr lang kulturell im weitesten Sinn begegnen. Beide Länder pflegen beste wirtschaftliche Beziehungen. Nun sollen die beiderseitigen Beziehungen mit einer Fülle von Veranstaltungen weiter vertieft werden. Den Anfang macht eine große Ausstellung über die Kunst der Mayas im Berliner Martin-Gropius-Bau.

Von Peter B. Schumann | 11.04.2016
    Kalkstein-Säulenskulpturen aus der Zeit 900-1250 n. Chr. stehen in der Ausstellung "Die Maya - Sprache der Schönheit" im Martin-Gropius-Bau in Berlin.
    Kalkstein-Säulenskulpturen aus der Zeit 900-1250 n. Chr. stehen in der Ausstellung "Die Maya - Sprache der Schönheit" im Martin-Gropius-Bau in Berlin. (dpa / picture alliance / Bernd von Jutrczenka)
    Auf höchster politischer Ebene ist dieses Año Dual angesiedelt, dieses duale Jahr - wie es kurz gefasst heißt. Die Kanzlerin und Präsident Peña Nieto haben es eingefädelt, und der mexikanische Staatschef ist nach Berlin gekommen, um es mit einem Auftritt der Mayas, einer der ältesten Kulturen der Welt, zu eröffnen. Für Mexiko ist dieses "duale Jahr" besonders wichtig, denn es will endlich aus den Negativschlagzeilen herauskommen: der Gewalt und Korruption im Land und dem noch immer unaufgeklärten Massaker an 43 Studenten. Deshalb werden nicht nur die kulturellen, sondern alle Register der Imagepflege gezogen.
    "Wir haben das duale Jahr auf drei Pfeiler gestellt" - so Alejandro Larenas Martínez, der Koordinator des Ereignisses - "einen kulturellen, der Künste und des Kunstgewerbes, einen Pfeiler für Wirtschaft, Handel und Tourismus und als dritten Schwerpunkt Wissenschaft, Erziehung und Innovation. Wir wollen damit ein umfassendes Bild Mexikos bieten."
    Das Projekt leidet unter mangelnder Finanzierung
    Und zwar nicht nur in Berlin, sondern in insgesamt 19 deutschen Städten. Bisher ist das Programm allerdings erst in groben Zügen erkennbar, doch so viel ist klar: Es geht nicht um eine große kulturelle Leistungsshow wie 2002, als das Festival MexArtes die Berliner wochenlang erfreute. Diesmal will Mexiko mit vielen kleineren, lokalen Darbietungen vor allem für sich als "hervorragenden Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort" werben.
    Dabei leidet das gesamte Projekt unter mangelnder Finanzierung, denn die mexikanische Regierung hat das Budget infolge des Ölpreisverfalls drastisch gekürzt. Selbst die spektakuläre Maya-Ausstellung war erst Anfang dieses Jahres vertraglich abgesichert. Gereon Sievernich, der Direktor des Martin-Gropius-Baus:
    "Die Kollegen in Mexiko haben wahnsinnig gut und intensiv gearbeitet. 25 Museen aus Yucatán und auch das Museo Nacional sind an dieser Ausstellung beteiligt. Es sind fast alles Funde der letzten 30, 40 Jahre. Dass man jetzt mal sieht, was für ästhetische Hervorbringungen die Maya-Künstler geschaffen haben, darauf konzentriert sich die Ausstellung. Das passt auch in das Konzept des Gropius-Baus: Kunst aus allen Epochen der Menschheit."
    Überzeugend durch "Sprache der Schönheit"
    Berlin ist zwar das deutsche Zentrum der Lateinamerika-Forschung, und das Anthropologische Museum in Dahlem besitzt eine große Altamerika-Abteilung. Dennoch findet erst jetzt in der Hauptstadt eine Maya-Ausstellung statt. Sie hat längst nicht den Umfang der Hildesheimer Schau vor knapp zehn Jahren, für die Objekte aus vielen europäischen Museen zusammengetragen worden waren. In Berlin hat man aus dem Mangel an Mitteln eine Tugend gemacht und sich auf die Stücke aus mexikanischen Museen konzentriert: also auf den Blick der mexikanischen Wissenschaftler auf die Maya-Kultur.
    Sie wird nicht aufwendig multimedial inszeniert, sondern sie kann durch "die Sprache der Schönheit" - so der Titel der Ausstellung - überzeugen. Im Mittelpunkt von mehr als 300 Objekten steht der Kult um den Körper, der bei den Mayas besonders ausgeprägt war. Ihren Künstlern diente der Körper als Bildfläche, auf der sie virtuos mit zahlreichen Symbolen die Hingabe an die Götterwelt bekundeten oder ästhetische Ideale und nicht selten erotische Wünsche ausdrückten. Meisterhaft modellierte Skulpturen sind hier zu finden wie der "Schriftgelehrte der Götter": ein Affe als Schutzpatron der Künste, reich ornamentiert und koloriert und sogar mit Pinsel und Tintenfass versehen. Mexiko trumpft auf mit einem seiner schönsten Schätze: der großen Kultur der Mayas.