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Deutsche Bahn
Kundenverbände fordern mehr Geld und bessere Verbindungen

Trassenpreise absenken, Anschlussverbindungen und Taktung verbessern, mehr Geld investieren: Das erwarten Kundenverbände jetzt von Bahnchef Richard Lutz. Dessen öffentlich gewordener Brandbrief sei auch ein Weckruf an die Politik und den Bund als Eigentümer der Bahn.

Von Dieter Nürnberger | 11.09.2018
    Menschen am Münchener Hauptbahnhof
    Da wird die Anschlussverbindung zum Lottospiel: Pünktlich sind nur noch rund dreiviertel aller Züge der Deutschen Bahn. (picture alliance / dpa / Sven Hoppe)
    Gleich acht Bahnverbände haben sich am Dienstag in Berlin zur Bahnpolitik geäußert. Und im Mittelpunkt steht dabei die Bahnpolitik der Bundesregierung. Besser gesagt, der Koalitionsvertrag und daraus bislang abgeleitete Veränderungen.
    Grundsätzlich machen die Verbände hier eine neue Ernsthaftigkeit aus. Das ist eine Aussage, die durchaus beachtlich ist, denn in der Vergangenheit musste man doch des Öfteren feststellen, dass es zwar durchaus Ankündigungen gab, wie beispielsweise mehr Verkehr auf die Schiene zu verlagern, doch dass die notwendigen Entscheidungen dafür ausblieben. Egal übrigens, welche parteipolitische Farbe sozusagen der zuständige Minister hatte. Nun also eher eine positive Einschätzung, beispielsweise von Matthias Stoffregen, er ist Geschäftsführer von Mofair, dem Bündnis für fairen Wettbewerb im Schienenpersonenverkehr:
    "Wir sind froh, dass sich die Große Koalition dazu bekennt: Indem sie beispielsweise gesagt hat, dass sich bis zum Jahr 2030 die Zahl der Kunden auf der Schiene verdoppeln soll - also eine Verlagerung im Güterverkehr und auch beim Personenverkehr. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung."
    Was wurde bisher konkret angeschoben, damit dieses Ziel einer Verlagerung auf die Schiene auch Realität werden kann? Da ist aus Sicht der Bahnverbände vor allem die Senkung der Trassenpreise im Schienengüterverkehr zu nennen. Auch schon vom Bundestag mit Mehrheit beschlossen. 175 Millionen Euro wird diese Maßnahme in diesem Jahr kosten.
    175 Millionen Euro für die Absenkung der Trassenpreise
    Die Schienenverkehrsunternehmen müssen somit künftig weniger für die Nutzung des Netzes zahlen. Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene:
    "Eigentlich sollte diese Maßnahme rückwirkend ab dem 1. Juli dieses Jahres greifen. Wir warten derzeit hier aber noch auf grünes Licht aus Europa und dann könnten die Güterbahnen zumindest bei den Wegekosten entlastet werden. Was quasi auf eine Halbierung dieser "Schienenmaut" hinausläuft."
    Hiermit wurde also eine alte Forderung der Bahnverbände erfüllt. Zweites wichtiges Kriterium bei der Bewertung der Bahnpolitik des Bundes ist der lange versprochene Deutschlandtakt: Auch dieser wird im Koalitionsvertrag erwähnt. Es gehe um eine neue Philosophie bei der Planung, bei der Taktung des Bahnverkehrs. Vorbild ist hier die Schweiz. Frank Zerban von der Bundesarbeitsgemeinschaft Schienenpersonennahverkehr:
    "Jetzt geht es darum, die regionalen Takte, die bisher nicht zwingend miteinander vereinbar sind, mit dem Deutschlandtakt, also mit dem Fernverkehr zu verknüpfen. So dass nicht nur innerhalb des Nahverkehrs ein Taktverkehr besteht, sondern, dass eben auch Nah- und Fernverkehr so miteinander verknüpft werden, dass es geschmeidige und auch sichere Übergangszeiten gibt."
    Dadurch soll Reisen mit der Bahn einfacher und schneller werden. Lange Umsteigezeiten soll es demnach weniger geben. Ziel ist auch hier, dass mehr Personen und auch Güter auf der Schiene transportiert werden sollen.
    Umsteigezeiten müssen kürzer werden
    Natürlich weiß man, dass all diese genannten Verbesserungen Geld kosten werden. Es wird auch mehr finanzielle Mittel für Infrastruktur und Innovationen geben müssen. Doch gerade in diesem Bereich bleiben derzeit noch einige Fragezeichen. Die Allianz pro Schiene hat sich beispielsweise die Etatzahlen für 2019 angeschaut, die Haushaltsberatungen im Bundestag stehen ja in Kürze an. Doch gerade hier zeige sich, dass der Ausbau des Straßenverkehrs weiterhin Priorität besitze. Geschäftsführer Dirk Flege:
    "Die Planzahlen für das Haushaltsjahr 2019 - Neu- und Ausbau der Bundesautobahnen - liegen um 162 Prozent über dem Ist-Wert 2017. Bei den Bundesschienenwegen ist der Etat für Neu- und Ausbau um ganze 19 Prozent im selben Zeitraum angehoben werden. Das gleicht die Baupreissteigerungen aus. Die Schiene wird hier also stiefmütterlich behandelt."
    Und natürlich kamen die Verbände auch nicht dran vorbei, den gestern bekannt geworden Brandbrief des Vorstandschefs der Deutschen Bahn, zu bewerten. Man sieht darin zweierlei: Einen Weckruf nach innen - gerichtet an die eigenen Manager im Konzern, besser und effizienter zusammenzuarbeiten. Aber auch einen Weckruf an die Bundesregierung, die Rahmenbedingungen für den Schienenverkehr zu verbessern.