Samstag, 20. April 2024

Archiv

Deutsche Bahn
Pilotprogramm soll ältere Mitarbeiter fit halten

"Clara", "Clever und Aktiv in Richtung Alter" - so heißt ein neues Pilotprojekt der Deutschen Bahn. Es soll helfen, möglichst viele Mitarbeiter möglichst lange im Konzern zu behalten. In kleinen Gruppen lernen sie, sich ausreichend zu bewegen, sich gesund zu ernähren und ihr Gehirn zu trainieren.

Von Verena Kemna | 01.02.2014
    Andreas Lojewski, 42 Jahre alt, steht in seiner dunkelblauen Zugbegleiteruniform am Berliner Ostbahnhof. Noch 20 Minuten bis der ICE nach Köln einfährt. Der stämmige Mann mit dem freundlichen runden Gesicht zupft an seinem Hemdkragen. Passt wieder, sagt er und strahlt. Der Familienvater erinnert sich, dass er sich nach Schichtende oft müde gefühlt hat. Heute weiß Lojewski, das Projekt "Clara", Clever und Aktiv in Richtung Alter, kam genau zur richtigen Zeit. In kleinen Gruppen haben sich 250 Bahnmitarbeiter freiwillig einem ganzheitlichen Fitnesstest unterzogen. Sie haben gelernt, sich ausreichend zu bewegen, gesund zu ernähren und ihr Gehirn wach zu halten. Seit dem kognitiven Training kann Lojewski sich auch lange Zahlenreihen gut merken.
    "Man muss immer dran bleiben. Ich übe das zum Beispiel, das macht glaube ich jeder, mit der Tan Liste von der Bank. Also nicht jede einzelne Zahl abtippen, sondern sich die sechsstellige Zahl merken und dann in den Computer eingeben. Bei Clara habe ich auch gelernt, wie man sich eine 16-stellige Zahl merken kann, also mehrere Telefonnummern. Das hat mir auch sehr geholfen."
    Vor der Schicht packt der Zugbegleiter Vollkornbrot ein, unterwegs im Zug trinkt er vor allem Tee, nur noch selten süße Getränke. Der 42-Jährige hat nicht nur gelernt, anders zu essen - er bewegt sich auch mehr als früher. Rolltreppen sind für ihn tabu, sobald das Wetter es zulässt, holt er das Fahrrad aus dem Keller und radelt zum Bahnhof.
    "Es war schon eine tolle Erfahrung, das hätte ich nie gedacht. Wie so ne Kur, das wünscht sich ja jeder mal, zu sagen, ich will mal was lernen, wie kann ich mit meinem Leben umgehen. Wir haben ja nicht unbegrenzt Energiereserven und das war der richtige Punkt für mich."
    Er möchte auf jeden Fall durchhalten und weitermachen, er liebt seine Arbeit als Zugbegleiter und möchte erst in Rente gehen, wenn es das Gesetz vorschreibt.
    Der ICE nach Köln ist eingefahren. Lojewski lacht und springt in den Zug.
    Während für ihn die Schicht beginnt, sitzt Sigrid Heudorf im 9. Stock des Bahntowers am Potsdamer Platz. Sie ist im DB-Konzern zuständig für Sozialpolitik und möchte möglichst viele Mitarbeiter möglichst lange im Konzern behalten. Dabei hilft nicht nur Clara, sondern auch besondere Teilzeitmodelle für Mitarbeiter über 60. Ältere Mitarbeiter, die im Schichtdienst arbeiten, können sich zum Beispiel für eine Vier-Tage Woche entscheiden. Sie können aber auch die 45 zusätzlichen freien Tage im Jahr wie Urlaube am Stück organisieren.
    "Dafür bekommen sie 87,5 Prozent Entgelt, das heißt, wir stocken das Entgelt entsprechend auf, damit das auch finanziell leistbar ist für die Kollegen. Und wir haben jetzt inzwischen 200 Kolleginnen und Kollegen, die das schon in Anspruch nehmen."
    Die Resonanz auf die neuen Teilzeitmodelle ist gut, sie sollen wie Clara bei der Deutschen Bahn schon bald vom Modell zur Regel werden.