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Deutsche Banken unter Zugzwang

Die Zeiten, an denen der Kunde zum Bankschalter kam und nur sein Sparbuch wollte, sind längst vorbei. Die Konkurrenz unter den Banken ist stärker geworden und die Globalisierung macht sich auf dem Kapitalmarkt besonders deutlich bemerkbar: Um auch gegenüber der ausländischen Konkurrenz bestehen zu bleiben, müssen die deutschen Banken nicht nur das Kreditgeschäft und die Beziehung zu den Firmenkunden neu überdenken.

Von Thomas Weinert |
    Für viele ältere Mitbürger sind die Sparkassen die Kreditinstitute, bei denen sie ihre ersten Sparkonten in den 50er Jahren eröffnet haben und in den 60er Jahren dann auch die ersten Girokonten. Die Sparkassen wurden und werden bis heute meist durch Kommunen, Städte oder Kreise getragen, sie sind also öffentlich-rechtliche Institute. Ziel der Sparkassen war es, den Sparsinn der Bevölkerung zu fördern, um einen Notgroschen für finanziell schwierige Zeiten zu haben. Darüber hinaus sollten die Sparkassen die Unternehmer in ihrer Region mit Krediten versorgen.

    Um den Zahlungsverkehr der Sparkassen abwickeln zu können, sind bis heute auch die Landesbanken, wie die Norddeutsche Landesbank oder auch die die WestLB – ehemals Westdeutsche Landesbank - von großer Bedeutung. Besonders die WestLB hat sich in den 70er Jahren zu einer international tätigen Bank entwickelt – und stieg vor allem aufgrund ihrer Bilanzsumme bald auf zu Deutschlands fünftgrößter Bank!

    Die Privatbanken, wie die Deutsche Bank, Dresdner Bank oder auch die Commerzbank, beobachteten die Geschäfte der Landesbanken immer skeptischer. Vor allem die WestLB in Düsseldorf entwickelte sich zu einer Universalbank und machte den Privatbanken Konkurrenz. Ein Streit entzündete sich 1992, als die WestLB Eigenkapital durch die Eingliederung der Wohnungsbauförderungsanstalt des Landes Nordrhein-Westfalen erhalten hatte. Stephan Paul, Professor für Finanzierung und Kreditwirtschaft an der Ruhruniversität Bochum:

    " Hier hat nämlich das Land Sachvermögen, die Wohnungsbauförderungsanstalt, in die Westdeutsche Landesbank als Kapital eingebracht, also Eigenkapital zur Verfügung gestellt, ohne dafür eine entsprechende Verzinsung von der WestLB zu erwarten, insofern also: günstiges Eigenkapital, mit dem die WestLB entsprechend Kreditgeschäft betreiben konnte. Dieses ist einer normalen Aktienbank nicht möglich. "

    Rund 2 Milliarden Euro bekam die WestLB durch die Eingliederung der Wohnungsbauförderungsanstalt. Diese Summe war ein wesentlicher Faktor des Wachstums der Bank in den 90er Jahren. Die privaten Banken legten 1994 bei der EU-Kommission Beschwerde ein, da sie das Kapital als unerlaubte Beihilfe bewerteten - Beihilfen an sich werden von der Europäischen Union erlaubt, um zum Beispiel strukturschwache Gebiete zu fördern.

    Der Streit um die Hilfen für die WestLB wurde erst in diesem Jahr geschlichtet. Rund 1,4 Milliarden Euro zahlte die WestLB im Januar an das Land Nordrhein-Westfalen zurück. Insgesamt mussten die Landesbanken, unter anderem die Norddeutsche Landesbank und die Landesbank Hessen-Thüringen, 4,3 Milliarden Euro an Beihilfe zurückerstatten.

    Damit war aber die Auseinandersetzung der privaten Banken mit den öffentlich-rechtlichen Instituten noch nicht beendet. Der stärker werdende internationale Wettbewerb setzte besonders die deutschen Banken immer mehr unter Druck. Die privaten Banken sahen vor allem in der so genannten Anstaltslast und Gewährträgerhaftung einen großen Wettbewerbsvorteil der Sparkassen und Landesbanken, weshalb sie gegen diese rechtliche Grundlage klagten.

    Hintergrund der Anstaltslast ist, dass die Träger, also die Städte oder auch Länder, verpflichtet sind, die öffentlich-rechtlichen Banken mit den nötigen Kapitalmitteln auszustatten. Dadurch sollte gewährleistet sein, dass die Bürger und Unternehmen einer Region ausreichenden Zugang zu Finanzdienstleistungen haben. Diese gesetzliche Grundlage ist geschichtlich bedingt in Deutschland, als es noch wenige Banken gab und staatliche Institutionen auch für das Sparen und für Kredite vor Ort sorgen wollten.

    Entscheidender Kritikpunkt der privaten Banken war aber die Gewährträgerhaftung. Städte oder Länder sind verpflichtet, für die Verbindlichkeiten ihrer Sparkasse oder Landesbank zu haften. Da der Staat nicht Bankrott gehen kann, galt das auch für die Sparkassen und Landesbanken. Sie haben dadurch einen großen Wettbewerbsvorteil gegenüber den anderen Banken, weshalb die private Europäische Bankenvereinigung im Dezember 1999 eine Beschwerde bei der Europäischen Kommission in Brüssel einreichte.

    In den Blickpunkt der privaten Banken war gegen Ende der 90er Jahre die Stadtsparkasse in Köln geraten, die mittlerweile mit der Bonner Sparkasse fusionierte. Ausgewählt wurde die Kölner Sparkasse wahrscheinlich deshalb, weil sie eine der größten Sparkassen in Deutschland war und ist. Sie begleitete auch Börsengänge, und ihre Geschäftstätigkeit überstieg daher das bisher gewohnte Maß einer Sparkasse. Aufgrund der Gewährträgerhaftung konnte sie diese Geschäfte mit geringerem Risiko abwickeln, weshalb die privaten Banken die Sparkasse Köln beispielhaft für die anderen Sparkassen auswählten.

    Worin die Wettbewerbsvorteile lagen, dazu Professor Stephan Paul, Lehrstuhl für Finanzierung und Kreditwirtschaft an der Ruhruniversität Bochum:

    " Ich denke es gab Wettbewerbsvorteile, die besonders darin begründet lagen, dass sowohl Sparkassen wie Landesbanken einen spezifischen Träger in Form der öffentlichen Hand hatten, sei es eine Gemeinde, eine Kommune, ein ganzes Bundesland. Dadurch war die Refinanzierung günstiger möglich, als wenn man sich auf den freien Kapitalmarkt refinanzieren müsste, sich also Geld beschaffen müsste. Für Sparkassen trifft das weniger zu. Sparkassen haben sich ja hauptsächlich durch die Einlagen der – ich sag jetzt mal – kleinen Leute refinanziert. In zunehmenden Maße aber auch über den Interbankenmarkt. Dort spielt auch das Bonitätsurteil eine Rolle, und das fällt umso besser aus, je stärker es jemanden gibt, der wie die öffentliche Hand als quasi sicher hinter der Bank steht. "

    Die Folge ist, dass sich die Sparkassen und Landesbanken an den Kapitalmärkten Geld zu günstigeren Konditionen beschaffen können. Maßgebend dafür ist auch ein gutes Rating, das die öffentlichen Kreditinstitute aufgrund der Gewährträgerhaftung immer hatten, da der deutsche Staat selbst international die beste Bonität hat: das ist ein so genanntes A-Rating. B-Ratings sind auch noch gute Ratings, während der Buchstabe C bereits für eine schlechtere Bewertung der Kreditwürdigkeit steht. Michael Munsch arbeitet bei der Auskunftei Creditreform und leitet in Neuss die Rating-Abteilung:

    " Was ist gutes Rating. Wenn man sich die Ratingskala ansieht, dann sieht man, dass die meisten Unternehmen in Deutschland ein Rating im Bereich zweimal B aufweisen. Dann haben wir ein gutes Rating, dann dreimal B, was die Amerikaner auch Investmentrating bezeichnen. Sehr gute Ratings sind dann im A-Bereich zu sehen – hier sind dann die Zahlungsausfälle sehr, sehr gering. Wann bekommt ein Unternehmen ein sehr gutes Rating? Auf der einen Seite wird erwartet, dass die Erträge, die ein Unternehmen erwirtschaftet sicher und hoch sind, hoch in Bezug auf die Kosten und Aufwendungen. In gleicher Weise muss ein Unternehmen eine sehr solide Kapitalbasis haben. Insofern kann man sagen, dass ein sehr gutes Rating nur mit einer ordentlichen Kapitalausstattung verbunden ist. "

    " Da durch die Gewährträgerhaftung letztendlich der Staat für die Verbindlichkeiten der öffentlichen Banken haftete, waren sie mit ausreichend Kapital ausgestattet, wodurch sie immer die besten Ratings erhielten. "

    Das Ende der Gewährträgerhaftung am 18. Juli bei Sparkassen und insbesondere den Landesbanken wirkt sich natürlich auf das Rating aus. Durch den Wegfall dieser Garantien muss sich auch die WestLB auf die veränderte Situation einstellen. Norbert Emmerich, stellvertretender Vorstandsvorsitzender:

    " Mit dem Wegfall von Anstaltslast. und Gewährträgerhaftung befinden wir uns im rauen Wind des Wettbewerbs und werden nicht anders behandelt als jede andere Bank auch. Und insofern wird das Rating für die WestLB ganz entscheidend werden bei der Refinanzierung dieser Bank. Je schlechter das Rating wäre, je teuerer wird die Refinanzierung und je schwieriger ist es natürlich im Kundengeschäft einen günstigen Preis darzustellen... Je besser das Rating ist, desto erfolgreicher können wir im Kundengeschäft agieren. "

    Die 50 Millionen Privatkunden der Sparkassen bundesweit können beruhigt sein, was die Sicherheit ihrer Sparkassen anbelangt. So übersteigen derzeit die Einlagen bei den Sparkassen die ausgegebenen Kredite um etwa 50 Milliarden Euro. Dies ist eine Refinanzierungsmöglichkeit der Sparkassen untereinander. Denn sie haben den Sparkassenverbund ähnlich wie der Einlagensicherungsfonds der privaten Banken. Dadurch können sie sich günstiges Geld bei anderen Sparkassen beschaffen, wodurch Preise und Konditionen wahrscheinlich stabil gehalten werden können, was auch eine Sorge war durch den Wegfall der Gewährträgerhaftung. Dennoch müssen sich auch die Sparkassen auf neue Marktverhältnisse bei den Preisen einstellen. Gerd Mayer, Leiter der Pressestelle bei der Stadt-Sparkasse Düsseldorf:

    " Die Preispolitik wird natürlich dadurch überdacht werden müssen, weil wir im Wettbewerb stehen und teilweise mit sehr aggressiven Methoden in den einzelnen Instituten eingegriffen wird. Und da ist es schon notwendig, mit Preisen bewusst zu handeln, sehr bewusst Produkte zu überprüfen, ob die sich rechnen bzw. dass man auch zeitweise mit günstigen Konditionen in den Markt hineingeht. Aber dies Positionen, Änderungen von Preisen und Produkten, die aus dem Marktgeschehen resultieren, nicht aus der EU-Kommissions-Entscheidung.... Natürlich haben die Sparkassen neue Konkurrenten bekommen, denken Sie nur an die Direktbanken, das hat es vor zehn Jahren nicht gegeben, dass man mit relativ geringen Kosten in einen Markt eintreten konnte, der schon besetzt war und jetzt über Konditionen Kunden anziehen kann. "

    So haben ausländische Banken und Direkt-Banken, wie die Diba-Bank oder die Amro Bank, den deutschen Finanzmarkt erheblich durcheinandergewirbelt. Das ist auch ein Zeichen dafür, dass offenbar das Ausland Deutschland als einen interessanten Markt für Investitionen betrachtet, übrigens ganz entgegen der öffentlichen Äußerungen mancher Politiker oder Funktionäre. Die ausländische Konkurrenz setzt die deutschen Banken zusätzlich unter Druck. Manche Bankmanager sprechen sogar von einem Krieg, der den deutschen Bankenmarkt erfasst habe.

    Dieser harte Wettbewerb hat auch Auswirkungen auf die Unternehmer, besonders die Mittelständler, die früher eine vertrauensvolle und enge Beziehung zu ihrer Bank hatten. Der globale Druck auf die Banken erfasst auf diese Weise auch die Beziehung zu den Geschäftskunden. Professor Stephan Paul, Lehrstuhl für Finanzen und Kreditwirtschaft an der Ruhr-Universität in Bochum:

    " Dieses Leben in den gemütlichen Hausbankbeziehungen, das ist für die meisten Mittelständler schon seit einiger Zeit vorbei, egal bei welcher Bank oder Sparkasse man Kredite aufnimmt. Man muss sich stärker öffnen und man kann sich nur öffnen mit Finanzinformationen, die systematisch durchdacht sind, insofern müssen Mittelständler nicht nur Gutes tun, sondern auch darüber sprechen, professionell aufgestellt sein im Bereich der kaufmännischen Infrastruktur. Und die Umfragen unseres Instituts zeigen immer wieder, dass hier der größte Nachholbedarf ist. "

    Mittelständler sind also auch von den Veränderungen im Bankensektor betroffen. Sie müssen sich in Zukunft mehr als bisher um eine genaue Darstellung ihres Rechnungswesens bemühen, da auch die Banken und Sparkassen immer mehr Rechnungslegungsvorschriften unterworfen werden, die auch ihnen eine genaue Analyse des eigenen Geschäfts und der eigenen Bonität abverlangen. Das Stichwort ist das "Basel II-Abkommen", das neue Eigenkapitalvorschriften für die Kreditinstitute vorschreibt. Jeder Kredit, den die Banken vergeben, muss in Zukunft mit höherem Eigenkapital unterlegt sein. Das ist voraussichtlich ab 2007 der Fall. Damit, soll das Ausfallrisiko, also die Insolvenz eines Unternehmens, abgesichertn werden.

    Auch ist die Bank verpflichtet, sich genauer als bisher den Geschäftsführer eines Unternehmens anzusehen: Hat er die Managementfähigkeiten, um das Unternehmen auch in Zukunft erfolgreich zu führen? Ob die Basel-II-Vorschriften besonders die Sparkassen zusätzlich belasten nach dem Ende der Gewährträgerhaftung, dazu Professor Stephan Paul von der Ruhruniversität Bochum:

    " Ich sehe eher Entlastungsmöglichkeiten, weil Sparkassen über eine bestimmte Geschäftskategorie verfügen, die man Retailbereich nennt. Darunter werden gefasst die eher kleinen Gewerbetreibenden und die Privatkunden. Und für diese Kunden gibt es geringere Eigenkapitalanforderungen von Seiten der Aufsicht als bisher, so dass Sparkassen eventuell sogar weniger Eigenkapital vorhalten müssen und insofern auch eine Basis haben, nicht unbedingt für Preissenkungen, aber auch nicht gezwungen sind, Preise zu erhöhen, so dass sich ihre Wettbewerbsposition von hierher gesehen nicht verschlechtert. "

    Dennoch müssen auch die Sparkassen ihre Geschäftsfelder neu ausrichten und vor allem die Märkte für sich suchen, auf denen sie Geld verdienen können. Die Region bleibt dabei für die Sparkasse das wesentliche Beziehungsfeld. Da sich die Großbanken aus dem mittelständischen Firmengeschäft vor allem während der Boom-Phase des Neuen Marktes stark zurückgezogen haben, konnten die Sparkassen diese unerwartete Marktlücke gut besetzen. Gerd Mayer von der Stadt-Sparkasse Düsseldorf:

    " Wir sehen in nächsten Jahren erhebliche Wachstumsmöglichkeiten im Bereich der mittelständischen Unternehmensfinanzierung, auf jeden Fall. Wobei ich sagen muss, ob jede Sparkasse im einzelnen dieses Ausmaß an Produktpalette vorhalten kann, um ein mittelständische Unternehmen begleiten zu können, muss man absehen. Wir als Stadt-Sparkasse Düsseldorf haben ein breites Dienstleistungs- und Produktportfolie, das wir unseren mittelständischen Kunden anbieten können sowohl den kleineren als auch den mittelständischen Unternehmen mit einer Größe von 250 Millionen Euro und auch darüber hinaus. "

    Da die Sparkassen traditionell, wie schon erwähnt, die Privatkunden betreuen und die so genannten Retail-Kunden - das sind Kunden mit mittlerem und höherem Nettoeinkommen bis zirka 3500 Euro- ,ist ihre Startposition in diesem Bereich sehr gut, da sie den Markt dominieren mit 50 Prozent: Kreditgenossenschaften haben einen Anteil von etwa 20 Prozent, die großen Universalbanken unter 10 Prozent. Für dieses untere Kundensegment müssen aber noch spezifische Angebote gefunden werden, neue Finanzprodukte, damit der Kunde auch langfristig bei seiner Sparkasse bleibt.

    Das Ende der Anstaltslast und vor allem das Ende der staatlichen Garantie der Gewährträgerhaftung, die die Sparkassen und Landesbanken vor der Insolvenz schützten, hat vor allem dazu geführt, dass die öffentlichen Kreditinstitute sich dem weltweiten Markt für Bank- und Finanzdienstleistungen genauso anpassen müssen wie die Großbanken. Wie sehr der deutsche Bankenmarkt in Bewegung ist, zeigte nicht nur die Eingliederung der Dresdner Bank in den Allianzkonzern, die zahlreichen Direktbanken und Autobanken. Ebenso die angestrebte Fusion zwischen der Hypovereinsbank mit der italienischen Großbank Unicredit.

    Das hat die Diskussion erneut angestoßen, ob die Sparkassen und Landesbanken im Besitz der Kommunen oder des Landes bleiben sollen. Die neue Landesregierung in NRW hat sich unterdessen im Rahmen ihrer Koalitionsverhandlungen in dieser Woche entschlossen ihren 25-Prozent-Anteil an der WestLB zu verkaufen, um, wie es hieß, den Landeshaushalt zu entlasten und den Finanzplatz Düsseldorf zu stärken. Bereits Anfang der Woche hatte sich die Commerzbank in’s Gespräch gebracht als möglicher Partner für die WestLB, eine Kooperation zwischen Privatbanken und Öffentlichen Banken als auch den genossenschaftlichen Instituten erscheint möglicher denn je.

    Werden die drei Säulen des deutschen Bankensystems bald zu einer gemeinsamen Stütze für den heimischen Finanzplatz? Christian Ossig, wissenschaftlicher Mitarbeiter des "Centers for Financial Studies" in Frankfurt am Main verweist auf Erfahrungen im Ausland und hält ein solches Szenario mittelfristig für möglich:

    " UniCredit ist ein Zusammenschluss zwischen Sparkassen und privaten Banken, aus dem ein sehr erfolgreiches Kreditinstitut entstanden ist. Was heißt das Für Deutschland? Zusammenschlüsse zwischen den Säulen sind zu erwarten. Es ist unklar, ob wir über einen Zeithorizont von drei bis fünf Jahren oder länger reden. "

    Eine akut anstehende Fusion zwischen einer Privatbank und der WestLB beispielsweise ist rechtlich derzeit noch nicht machbar. Die Sparkassengesetze verhindern das. Außerdem dürften manche Bundesländer Privatisierungsforderungen ablehnend gegenüber stehen, da sie ihre Sparkassen erst vor wenigen Jahren näher an sich gebunden haben, wie in Sachsen oder Rheinland-Pfalz.

    Die Bindung an die Kommune oder das Land hatte immer auch den Zweck, Strukturpolitik zu unterstützen oder gemeinnützige Aufgaben zu erfüllen und damit die Politik zu entlasten. Das war und ist den öffentlichen Instituten auch deshalb möglich, weil sie keine Dividende an ihre Eigentümer auszahlen müssen.
    Zwar sind die Sparkassen in anderen europäischen Ländern teilweise oder ganz privatisiert worden, Christian Ossig warnt aber davor, die Privatisierung ohne Augenmaß zu betreiben:

    " Trotz der erfolgreichen Privatisierungserfahrungen in anderen Ländern muss diese Frage, Privatisierung von öffentlich-rechtlichen Institutionen Ja oder Nein in Deutschland ganz spezifisch auf Deutschland angepasst beantwortet werden. Und da gibt es eine Reihe von Fragestellungen im Hinblick auf Stabilität des Bankenmarktes, Mittelstandsfinanzierung, Wettbewerbssituation in Deutschland, die so noch nicht abschließend beantwortet werden können. "

    Ob es sinnvoll ist, sich von Landesanteilen an der WestLB zu trennen, wie das die neue Landesregierung in Nordrhein-Westfalen plant, ist eine Rechenaufgabe. Nicht immer lohnt sich der Verkauf langfristig, nur um Schulden zu tilgen und die Zinsbelastung zu verringern.

    Noch Mitte der 90er Jahre hatte der heutige Bundespräsident Horst Köhler, damals Präsident des Sparkassen- und Giroverbandes, die wichtigen Aufgaben der Sparkassen und Landesbanken hervorgehoben. Doch wie lange wird sich Deutschland dem globalen Wettbewerb entgegenstellen können mit seiner Idee von Geldinstituten in öffentlicher Hand?

    Die Zeiten, an denen der Kunde zum Bankschalter kam und nur sein Sparbuch wollte, sind längst vorbei. Auch das Kreditgeschäft und die Beziehung zu den Firmenkunden müssen neu überdacht werden, wenn die deutschen Banken auch gegenüber der ausländischen Konkurrenz bestehen wollen. Denn der größte Wettbewerber der deutschen Banken, das sind derzeit die ausländischen Banken, die oft mit sehr aggressiven Methoden, aber auch neuen Finanzierungsprodukten und Preisen Märkte für sich gewinnen.

    Vor allem im größeren mittelständischen Bereich müssen Banken nicht nur Geld für neue Investitionen geben, wenn ein Unternehmen eine Maschine anschaffen will. Heute erwartet ein Unternehmer wesentlich mehr. Darauf müssen sich auch die öffentlichen Kreditinstitute rasch einstellen. Viel Zeit bleibt nicht mehr. Norbert Emmerich, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der WestLB in Düsseldorf:

    " Heute erwartet er, das wir mit Ideen kommen, was das Unternehmen machen kann, das wir Produkte diesem Unternehmen anbieten, die für sie besonders vorteilhaft sind und die besonders für sie zugeschnitten sind. Daher haben wir hier im Hause im Firmenkundenbereich eine so genannte Sektorexpertise – es gibt verschiedene Sektoren, zum Beispiel ist ein Sektor Energie, ein Sektor Konsumwerte, ein anderer sind Automotivs; dort beschäftigen sich Spezialisten mit allen Fragen rund um das Automobil: Automobilproduzenten, Automobilzulieferer. Und dort betreuten wir Unternehmen mit neuen Ideen. Beispiel: Nehmen wir, ein deutsches Unternehmen ist Zulieferer für Renault und liefert dort Achsen zu. Dann ist es manchmal im Rahmen einer Expansionsstrategie wichtig, dass dieses Unternehmen erfährt, sucht ein anderer Automobilproduzente in Südafrika einen Partner auch für den Achsenbau. Dann können wir so eine Vermittlerfunktion herstellen, wenn wir beispielsweise davon Kenntnis bekommen. Da erwartet der Unternehmer heute ein bisschen mehr, als nur Geld bei ihm abzuliefern gegen eine bestimmte Sicherheit. Und die Banken, die dieses Geschäft am besten beherrschen, einer ganzheitlichen Betreuung, die werden auf Dauer beim Kunden Erfolg haben. "

    Dieser Erfolg wird langfristig nicht davon abhängen, ob die Landesbanken oder Sparkassen im Besitz der Kommune oder des Landes bleiben. Ihre Geschäftsmodelle haben schon längst den Markt im Auge, und damit langfristig auch den Gewinn, der bei einer Privatisierung eine gewichtigere Rolle bekommen würde. Im europäischen Ausland war die Wendung zu mehr Markt bei den Sparkassen erfolgreich. Die Erfahrung für Deutschland steht noch aus.