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Deutsche Exporte florieren

Der deutsche Export boomt trotz abkühlender Weltkonjunktur. Doch was unserer Wirtschaft guttut, wird in anderen Ländern mit leichtem Argwohn gesehen - dort sähe man lieber eine Stärkung der deutschen Binnennachfrage.

Von Brigitte Scholtes | 10.10.2011
    Das Statistische Bundesamt hatte heute Zahlen zum deutschen Export im Monat August veröffentlicht, die viele überrascht haben. Obwohl sich die Konjunktur weltweit abkühlt und trotz Schuldenkrise: Das Geschäft der deutschen Unternehmen mit dem Verkauf von Waren ins Ausland floriert - und zwar richtig gut. Allerdings ist das eine Nachricht, die nicht jeder gerne hört, hatten doch die Euro-Staaten die Wachstumslokomotive Deutschland aufgefordert, vor allem die Binnennachfrage zu steigern.

    Doppelt so stark wie erwartet sind im August die deutschen Ausfuhren ins Ausland gestiegen. Um 3,5 Prozent legten sie gegenüber dem Vormonat zu, Volkswirte hatten nur mit einem Plus von 1,1 Prozent gerechnet. Auch der Vorjahresvergleich ist beeindruckend: Da lagen die Zuwächse sogar bei 14,6 Prozent. Im Juni und Juli aber waren die Exporte leicht zurückgegangen. Deshalb sollte man die Werte eines Monats nicht überinterpretieren, warnt Andreas Scheuerle, Volkswirt der Dekabank:

    "Wir haben schlechte Monate zuvor gehabt, jetzt haben wir einen sehr guten Monat. Ich glaube, wenn wir so einen Mittelwert aus den letzten und dem laufenden bilden, dann haben wir eine ganz gute Idee, wo die konjunkturelle Dynamik beim Außenhandel ist – leicht positiv."

    Waren im Wert von gut 85 Milliarden Euro wurden ausgeführt, der Wert der Einfuhren lag bei 73,5 Milliarden Euro. Damit stagnierten sie im August, bei den Importen hatten Volkswirte eine leichte Steigerung erwartet. Die deutsche Exportwirtschaft habe im August ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt, lobte Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler. Die starke Nachfrage nach deutschen Exportgütern verdeutliche die herausragende Wettbewerbsfähigkeit nicht nur der Großunternehmen, sondern auch vieler mittelständischer Unternehmen.

    Noch werden jedoch vermutlich die Auftragspolster aus der ersten Jahreshälfte abgebaut. Das dritte Quartal dürfte trotz Euroschuldenkrise sehr gut verlaufen sein, aber so wird es wohl nicht weitergehen, vermutet Volkswirt Scheuerle:

    "Perspektivisch dürfte sich auch die Eurokrise in Deutschland selbst, aber auch bei unseren Handelspartnern in der Eurozone negativ bemerkbar machen. Stellen Sie sich Unternehmen vor, die nicht wissen, wie die Zukunft aussehen wird. Eskaliert die Eurokrise? Gibt es eine Rezession? Man wird vorsichtig operieren, Investitionen zurückstellen. Und Investitionen – das sind die Hauptexportgüter Deutschlands."

    Die Nachfrage aus den Schwellenländern steigt zwar, aber Hauptexportpartner Deutschlands bleiben die Nachbarländer im Euroraum. Die haben in den vergangenen Jahren immer wieder angemahnt, Deutschland dürfe sein Wachstum nicht nur über den Export generieren, sondern müsse auch die Binnennachfrage stärken. Das dürfte in diesem Jahr gelingen, glaubt Andreas Scheuerle, er hat einen Wachstumsbeitrag von 0,6 Prozent für die Außenwirtschaft, aber einen von 2,3 Prozent für die Binnennachfrage errechnet, also die von privatem und staatlichem Konsum als auch von den Investitionen im Inland. Und dieser Trend sollte anhalten:

    "Die Chance für eine steigende Binnennachfrage ist tatsächlich so gut wie schon lange nicht mehr, wenngleich die aktuelle Diskussion um rezessive Entwicklungen dem natürlich ein gewisses Fragezeichen zumindest dahinter steckt. Der Arbeitsmarkt in Deutschland läuft sehr gut, und selbst wenn wir ein Quartal Schrumpfung haben sollten, dürfte das den Arbeitsmarkt nicht dramatisch beeinflussen. Die Löhne werden nächstes Jahr vermutlich schneller steigen, und die Inflation scheint derzeit wieder zurückzukommen. Eigentlich gute Voraussetzungen für den Konsum in Deutschland, und das dürfte natürlich auch auf der Importseite helfen, ausländische Güter stärker nachzufragen."