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Deutsche Exporte knacken Billionenmarke

Den Titel "Export-Weltmeister" musste man zwar an China abtreten, neue Rekorde kann der deutsche Außenhandel aber weiterhin einfahren: 2011 wurden so viele Waren und Dienstleistungen exportiert wie nie zuvor - auch wenn im Dezember deutliche Bremsspuren zu erkennen waren.

Von Brigitte Scholtes | 08.02.2012
    Erstmals haben die deutschen Exporteure im vergangenen Jahr Waren im Wert von einer Billion Euro ausgeführt. 1 Billion und 60 Milliarden genau, das waren 11,4 Prozent mehr als 2010. Auch bei den Einfuhren gab es mit gut 900 Milliarden Euro einen Rekord. Doch so gut das vergangene Jahr lief - am Ende ging dem Export etwas die Puste aus. Denn im Dezember schrumpften die Ausfuhren kalender- und saisonbereinigt um 4,3 Prozent. Das war das stärkste Minus seit Januar 2009, als die Exporte wegen der Lehman-Pleite eingebrochen waren. Zwar hatten die meisten Experten für den Dezember mit einem Rückgang der Ausfuhren gerechnet, doch nur mit einem Minus von einem Prozent. Das sei nur eine Dezemberdelle, glaubt jedoch der Außenhandelsverband BGA, während Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler vorsichtig meint, es sei in der aktuellen Schwächephase der Weltwirtschaft schwieriger, an die Erfolge anzuknüpfen. Die Schwäche im vierten Quartal hat Auswirkungen für die Statistiker, sagt Stefan Mütze, Volkswirt der Landesbank Hessen-Thüringen, der Helaba:

    "Im vierten Quartal dürfte die ursprüngliche Wachstumsprognose des Statistischen Bundesamtes nicht mehr haltbar sein, man ist ja davon ausgegangen, dass man ein Minus von 0,2 im vierten Quartal gehabt hat. Nach den jüngsten Zahlen muss man davon ausgehen, dass es mindestens 0,3, vielleicht sogar 0,4 gewesen ist."

    Man gehe mit angezogener Handbremse in dieses Jahr, meinen Volkswirte. Denn neben den Exporten sind auch Produktion und Industrieaufträge zurückgegangen. Deshalb könne die Wirtschaft auch im ersten Quartal schrumpfen. Damit wäre nach dem Rückgang zum Jahresende die Definition einer Rezession erfüllt. Volkswirt Mütze ist da nicht so pessimistisch:

    "Was ein bisschen dagegen spricht, ist natürlich, dass wir seit drei Monaten wieder einen Anstieg des ifo-Geschäftsklimas haben, eigentlich ein zuverlässiger Indikator. Und der spricht so ein bisschen dagegen. Dass es allzu schlimm kommen wird. Auch andere Indikatoren: Vor allen Dingen muss man sehen, dass die jüngsten Zahlen, die aus den USA kommen, deutlich besser sind als von den Analysten erwartet. Und auch in China - ein sehr, sehr wichtiger Markt - ist die Abschwächung doch nur moderat."

    So könnte ein Teil der Nachfrageschwäche aus den europäischen Nachbarstaaten kompensiert werden. Doch insgesamt ist die Unsicherheit sehr groß angesichts der Finanz- und Schuldenkrise sei eine Prognose sehr schwierig, meint Stefan Mütze:

    "Wir gehen in unserem Basisszenario davon aus, dass die Finanz- und Schuldenkrise durch politische Maßnahmen doch im Griff bleibt und dass es nicht zu einer Eskalation kommt, die dann zu einem eventuellen Investitionsstopp führen könnte, wie wir das 2008 gesehen haben. Von einem solchen Horrorszenario gehen wir zurzeit nicht aus."