Wirtschaft
Deutsche Exporte sinken überraschend - Produktion legt zu

Die deutschen Exporte sind im Juli überraschend gesunken. Sie fielen im Vergleich zum Vormonat um 0,6 Prozent auf 130,2 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Grund ist die schrumpfende Nachfrage aus den USA und China. Etwas bessere Nachrichten gibt es, was die Produktion betrifft.

    Fahrzeuge des Volkswagen Konzerns stehen im Hafen von Emden zur Verschiffung bereit.
    Fahrzeuge des Volkswagen-Konzerns stehen im Hafen von Emden zur Verschiffung bereit (Archivbild). (picture-alliance / dpa / Jörg Sarbach)
    Das Export-Minus kam für Experten überraschend: Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten ein Mini-Plus von 0,1 Prozent erwartet. Im Juni hatte es noch zu einem Wachstum von 1,1 Prozent gereicht.
    Die meisten Ausfuhren gingen im Juli zwar erneut in die Vereinigten Staaten. Dorthin wurden aber nur noch deutsche Waren im Wert von 11,1 Milliarden Euro verkauft - und damit 7,9 Prozent weniger als im Vormonat. "Das ist der vierte monatliche Rückgang in Folge und der niedrigste Wert seit Dezember 2021", erklärten die Statistiker.

    Vorgezogenes Geschäft

    Wegen höherer Zölle sind viele Exporte vorgezogen worden, nun fehlt diese Nachfrage. Seit August gelten für die meisten EU-Exporte in die USA Zölle von 15 Prozent. Das macht deutsche Waren in der weltgrößten Volkswirtschaft teurer.
    Das deutsche China-Geschäft schrumpfte ebenfalls zu Beginn der zweiten Jahreshälfte. Die Ausfuhren in die Volksrepublik nahmen um 7,3 Prozent auf 6,4 Milliarden Euro ab. Die nach den USA zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt stellt inzwischen viele Waren selbst her und macht damit Deutschland zunehmend Konkurrenz - etwa bei Elektroautos. Die deutschen Ausfuhren in andere EU-Länder wuchsen dagegen um 2,5 Prozent auf 74,8 Milliarden Euro.

    Exportaufschwung nicht abzusehen

    Die Chancen auf einen Exportaufschwung stehen aktuell nicht besonders gut: Im Juli erhielt die Industrie 3,1 Prozent weniger Aufträge aus dem Ausland. Zudem reagierten die deutschen Exporteure wenig begeistert auf den Zolldeal zwischen der Europäischen Union und den USA.
    Das Barometer für deren Exporterwartungen sank im August tiefer in den negativen Bereich, wie das Ifo-Institut mitteilte. "In der Exportwirtschaft macht sich Ernüchterung breit", sagte der Leiter der Ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe. "Ein Zollsatz von 15 Prozent von den USA ist zwar weniger als befürchtet, wird aber dennoch die Exportdynamik abschwächen."

    Importe fast unverändert - Produktion zieht an

    Auch die deutschen Importe nahmen im Juli ab, allerdings nur um 0,1 Prozent im Vergleich zum Vormonat. Sie lagen nun bei 115,4 Milliarden Euro. Analysten hatten hier sogar einen Rückgang von 1,0 Prozent vorausgesagt. Verglichen mit dem Juli vergangenen Jahres errechneten die Statistiker sogar ein Plus von 4,3 Prozent. Zunehmende Einfuhren können ein Signal für eine anziehende Binnennachfrage sein.
    Ein überraschend kräftiges Plus gibt es bei der Produktion. Industrie, Bau und Energieversorger stellten im Juli zusammen 1,3 Prozent mehr her als im Vormonat. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten mit einem Plus von 1,0 Prozent gerechnet. Hinzu kommt: Das Ergebnis für Juni wurde stark nach oben korrigiert. Die Produktion sank in jenem Monat lediglich um 0,1 Prozent - und nicht um 1,9 Prozent, wie es ursprünglich geheißen hatte.
    Das Bundeswirtschaftsministerium kommentierte die Lage so: "Die aktuellen Daten zeichnen insgesamt eine etwas günstigere Industriekonjunktur und deuten auf eine sich langsam stabilisierende Industrieproduktion, getrieben von Schlüsselbranchen wie dem Maschinenbau und der Automobilindustrie." Das Ministerium verweist dennoch auf weiter bestehende Unsicherheiten angesichts der geopolitischen Rahmenbedingungen und der Entwicklung der in- und ausländischen Nachfrage.

    Commerzbank-Chefvolkswirt: "Anzeichen für Trendwende mehren sich"

    Ökonomen sehen das ähnlich. Das Interessante am Juli-Bericht sei die massive Aufwärtsrevision des Juni-Wertes, sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. "Statt eines Einbruchs zeigt sich jetzt für Juni faktisch eine Stagnation", betonte Krämer und fügte hinzu: "Die Anzeichen für eine Trendwende nach oben mehren sich." Kräftig anziehen dürfte das Bruttoinlandsprodukt aber erst im kommenden Jahr, wenn die Bundesregierung viel mehr Geld ausgeben werde und die EZB-Zinssenkungen ihre volle Wirkung entfalteten.
    Führende Institute hatten zuletzt ihre Wachstumsprognosen für Europas größte Volkswirtschaft gesenkt. Sie trauen Deutschland 2025 nur noch ein Mini-Wachstum von 0,1 oder 0,2 Prozent zu. In den nächsten beiden Jahren dürfte es stärker nach oben gehen - aber nur dank der massiven staatlichen Mehrausgaben für Infrastruktur und Verteidigung.
    Diese Nachricht wurde am 08.09.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.