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Deutsche Flüchtlingspolitik
"Flüchtlinge nach Österreich zurückweisen"

Aus Sicht des CSU-Außenpolitikers Hans-Peter Uhl muss Deutschland die aus Österreich einreisenden Flüchtlinge zurückweisen. Es sei die einzig vernünftige Maßnahme, um die Situation in den Griff zu bekommen, sagte Uhl im DLF. Auch die Österreicher sollten ihrerseits keine Flüchtlinge mehr ins Land lassen.

02.10.2015
    Hans-Peter Uhl von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion spricht sich dafür aus, Flüchtlinge an der deutsch-österreichischen Grenze abzuweisen.
    Der CSU-Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Uhl (imago/Müller-Stauffenberg)
    Ein bis zwei Millionen Einwanderer jährlich - das könne Deutschland nicht leisten, sagte Uhl im DLF. Im Moment sei das Rechts- und Solidaritätsgefüge in Europa aus den Fugen geraten. Zurückweisung ist für Uhl das Mittel der Wahl. "Was die Österreicher machen, hat mit europäischer Solidarität nichts zu tun", so der CSU-Politiker. Jeden Tag kämen in Bayern bis zu zehntausend Flüchtlinge über die deutsch-österreichische Grenze in die Bundesrepublik, weil die Regierung in Wien dies zulasse. Natürlich werde man Asylsuchende aufnehmen, aber das sei ja nur eine Minderheit derjenigen, die derzeit nach Deutschland kämen.
    Nach Einschätzung Uhls braucht es einerseits eine gemeinsame Lösung in Europa im Umgang mit den Flüchtlingen. Auf der anderen Seite brauche es mehr außenpolitisches Engagement, um den Konflikt in Syrien beizulegen. Zudem will Uhl den Bürgerkriegsflüchtlingen in den Lagern im Nahen Osten helfen - etwa mit finanziellen Mitteln.

    Das Interview in voller Länge:
    Christoph Heinemann: Auch aus der SPD kommen inzwischen Forderungen, die Flüchtlingszahl zu begrenzen. Vize-Fraktionschef Axel Schäfer sagt in der "Süddeutschen Zeitung", die EU-Außengrenzen müssten dicht gemacht werden. - Am Telefon ist jetzt der CSU-Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Uhl. Guten Morgen.
    Hans-Peter Uhl: Guten Morgen, Herr Heinemann.
    Heinemann: Herr Uhl, macht Herr Schäfer den Seehofer?
    Uhl: Nein. Die Sache mit den EU-Außengrenzen ist ja dem Grunde nach richtig. Aber jeder weiß doch, dass das langfristige Ziele sind, die von der EU mit den anderen Staaten auszuhandeln sind. Diese Maßnahme wird so schnell nicht zu erreichen sein, obwohl sie richtig ist.
    "Wir brauchen eine Sofortmaßnahme an der Grenze"
    Heinemann: Markus Söder, Bayerns Finanzminister, Ihr Parteifreund, schließt nicht aus, dass jetzt auch in Deutschland Zäune an den Grenzen errichtet werden. Sollten wir unser Land einzäunen?
    Uhl: Da hat der Ministerpräsident Seehofer ja schon gesagt, wir brauchen keine Zäune an den bayerischen Grenzen. Das wäre auch nicht sehr schön, dies anzusehen. Aber was wir brauchen, ist natürlich eine Sofortmaßnahme an der bayerisch-österreichischen Grenze. Es kommen derzeit bis zu 10.000 junge Männer vorwiegend jeden Tag über diese Grenze nach Deutschland. Das ist eine Situation, die auf keinen Fall so beibehalten werden darf. Hier brauchen wir eine Nothilfe an der deutsch-österreichischen Grenze für unsere Städte und Gemeinden, die jetzt schon völlig überfordert sind.
    Heinemann: Welche Soforthilfe stellen Sie sich vor?
    Uhl: Dafür gibt es meiner Meinung nach nur eine vernünftige und wirkende Maßnahme. Das ist die Zurückweisung der Menschen nach Österreich. Das heißt nicht das Hereinlassen nach Deutschland, um diese Menschen hier in langwierige Asylverfahren zu schicken, sondern die Zurückweisung nach Österreich.
    Heinemann: Und was sollen die Österreicher dann machen?
    Uhl: Die Österreicher müssen dann dasselbe tun, die Zurückweisung an ihren Grenzen.
    Heinemann: Also bis ins Meer?
    Uhl: Nicht bis ins Meer, selbstverständlich, das ist dummes Zeug, sondern wir müssen wieder zu der Ordnung und zu der Regelung der Solidarität in Europa zurückkehren, die wir aufgegeben haben, dass wir gemeinsame Lösungen suchen, und das geht nur auf diesem Wege. Denn was die Österreicher derzeit machen, hat mit europäischer Solidarität nichts zu tun. Sie reichen die Menschen zu Zehntausenden einfach nach Deutschland durch.
    "Nicht in der Lage, eine oder zwei Millionen aufzunehmen"
    Heinemann: Und die Menschen wieder zurückzuweisen, klingt ja nicht gerade nach Solidarität.
    Uhl: Den Menschen muss gesagt werden, dass wir nicht in der Lage sind, jährlich eine Million oder zwei Millionen Menschen in Deutschland aufzunehmen.
    Heinemann: Herr Uhl, gibt es für das Asylrecht eine Obergrenze?
    Uhl: Das Asylrecht ist das Recht eines Menschen, der politisch, rassisch oder religiös verfolgt ist und Hilfe dringend braucht, ganz akut. Diese Situation liegt in den meisten Fällen nicht vor, denn sie wurden bereits auf dem Weg durch Österreich oder durch andere europäische Staaten nicht mehr verfolgt.
    Heinemann: Die Hälfte der Menschen kommen ungefähr aus Syrien. Sie würden sagen, die werden nicht verfolgt oder sind nicht in einer dringenden Notsituation?
    Uhl: Diese Menschen kamen zuletzt aus Österreich und dort waren sie nicht verfolgt. Aber auch schon auf dem Weg nach Österreich waren sie zu einem großen Teil in Flüchtlings-Camps, die ich besucht habe mit Außenminister Steinmeier. Auch dort ist keine Verfolgung festzustellen.
    Heinemann: Also man sollte das Problem einfach wieder zurückschieben und dann haben wir hier Ruhe?
    Uhl: Nein, natürlich nicht. Wir leben alle in Nachbarschaft. Syrien ist nicht weit weg. Das heißt, das Problem in Syrien muss vor allem außenpolitisch gelöst werden. Wir müssen aber auch für die Flüchtlings-Camps rund um Syrien noch mehr tun. Da werden jetzt Hunderte von Millionen Euro zusätzlich bereitgestellt. Das ist alles schon erfolgt. Hier ist sehr, sehr viel zu tun. Wir müssen natürlich auch durch die Europäische Union dafür sorgen, dass diese vielen jungen Männer, die in den Camps nichts zu tun haben, dass die einer Berufsausbildung zugeführt werden, denn sie müssen ja hoffentlich bald ihr geschundenes Land wieder aufbauen. Da braucht man jede Form von Handwerker, Ingenieure und Architekten. Das alles geschieht nicht, hier sind die eigentlichen Versäumnisse mittelfristiger Art.
    Heinemann: Und da ist in der Vergangenheit einiges versäumt worden.
    Uhl: Da ist nichts getan worden. Nichts!
    Heinemann: ... nichts getan worden. Das ist auch ein Fehler der internationalen Gemeinschaft gewesen, würden Sie sagen?
    Uhl: Ja. Absolut!
    "Das Recht macht Pause"
    Heinemann: Der Bundesfinanzminister, Wolfgang Schäuble, fordert jetzt ein europäisches Asylrecht, und er sagt, das ist eher eine Frage von Monaten denn von Jahren. Glauben Sie, dass es so schnell gehen wird?
    Uhl: Recht können Sie relativ kurzfristig schaffen, indem man Papier am Schluss bedruckt. Aber das Recht muss umgesetzt werden. Sie sehen es ja an unseren deutsch-österreichischen Grenzen, dass das Recht Pause macht. In unseren Gesetzen steht drin, dass an der Grenze jemand zurückgewiesen werden muss, der nicht berechtigt ist, nach Deutschland zu kommen. Tatsächlich sind aber in den letzten gut drei Wochen 260.000 Menschen gekommen.
    Heinemann: Herr Uhl, im ARD-Deutschlandtrend verliert Angela Merkel deutlich. Horst Seehofer gewinnt ebenso deutlich, sogar noch deutlicher. Muss sich die Kanzlerin jetzt auf ein Trommelfeuer aus Bayern einstellen?
    Uhl: Nein. Es geht nicht um das Trommelfeuer, sondern es geht um die Notbremse, die jetzt gezogen werden muss, und das sind die Maßnahmen, über die ich gerade gesprochen habe. Der ungebremste Zuzug nach Deutschland über Bayern, das heißt, die Öffnung der Grenze für Jedermann muss sofort beendet werden. Das ist die Position Bayerns und auf diese Position wird die Kanzlerin und die ganze Bundesregierung einschwenken müssen. Es ist so nicht weiter zu machen. Das ist keine persönliche Auseinandersetzung. Hier geht es ganz klar um eine Sachfrage: Wie geht Deutschland mit einer sich abzeichnenden Völkerwanderung um? Es geht gar nicht mehr um Syrien; es geht längst um Länder wie Pakistan, wie Afghanistan und andere Staaten des afrikanischen Kontinents. Wie gehen wir damit um? Machen wir die Grenzen weiter so auf, wie wir es derzeit tun für Jedermann, oder fangen wir wieder an, Gesetz und Recht anzuwenden und illegale Zuwanderung massenhaft zu stoppen?
    Heinemann: Sie haben gerade auf die Ursachen geblickt. Russland hat inzwischen zugegeben, dass die Einsätze in Syrien mit der syrischen Armee koordiniert werden. Diese syrische Armee wird vom Iran unterstützt und das ruft spätestens jetzt den Widersacher Saudi-Arabien auf den Plan. Ein Horrorszenarium für alle Diplomaten. In Afghanistan, Sie haben es gesagt, geht es drunter und drüber. Der Druck bleibt, Menschen werden kommen, und zwar viele Menschen. Wohin mit denen allen?
    Uhl: Mit Sicherheit nicht nach Deutschland. Wir sind aufnahmebereit und aufnahmefähig für einige Tausend Menschen, die verfolgt sind. Das ist völlig klar. Das Asylrecht wird immer gelten. Aber es müssen Asylfälle sein, und das sind sie ja in der Regel nicht. Auch bei Bürgerkriegsflüchtlingen kann man bestimmte Kontingente übernehmen. Das muss aber dann im Wege der Solidarität innerhalb der Europäischen Union ausgehandelt werden. Das ist auch klar. Aber die Konflikte der Welt rücken immer näher und Sie haben ja einige Akteure des syrischen Konfliktes gar nicht abschließend, aber die wichtigsten aufgezählt. Daran sieht man, dass die Diplomatie sich dieses Problems bemächtigen muss Sie müssen jetzt alle an einen Tisch. So geht das nicht weiter, dass wir sagen, Syrien ist weit, damit haben wir nichts zu tun. Dieses Morden muss ein Ende haben und insofern hat das Ganze ja auch wieder einen positiven Effekt. Wir werden gezwungen, uns mit dem Problem Syrien zu befassen, und das ist auch gut so.
    Heinemann: Der CSU-Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Uhl. Danke schön für das Gespräch und auf Wiederhören.
    Uhl: Bitte schön, Herr Heinemann.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.