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Deutsche Hooligans
20 Jahre nach dem Angriff auf Daniel Nivel

Zwei Minuten veränderten sein komplettes Leben: Am 21.06.1998 wurde Daniel Nivel während der Fußball-Weltmeisterschaft in Frankreich brutal niedergeschlagen - von deutschen Hooligans. Mit den Folgen kämpft der ehemalige Polizist bis heute.

Von Moritz Cassalette |
    Das von der Staatsanwaltschaft zur Verfügung gestellte Archivbild vom 21.6.1998 zeigt den Übergriff auf den bereits am Boden liegenden französischen Polizisten Daniel Nivel in Lens.
    Das von der Staatsanwaltschaft zur Verfügung gestellte Archivbild vom 21.6.1998 zeigt den Übergriff auf den bereits am Boden liegenden französischen Polizisten Daniel Nivel in Lens. (picture-alliance / dpa / Staatsanwaltschaft Essen)
    Der 21. Juni 1998 ist ein warmer Sommertag. Deutschland spielt in der WM-Vorrunde in Lens gegen Jugoslawien. Das enttäuschende 2:2 wird aber schnell zur Nebensache: In der Innenstadt von Lens heizt sich die Stimmung parallel immer weiter auf. Hooligans ohne Ticket für das Spiel liefern sich Straßenschlachten mit der Polizei. Am Ende einer Seitenstraße trifft eine Gruppe deutscher Hooligans auf drei Polizisten.
    Zwei Minuten, die alles verändern
    Es folgen zwei Minuten, die den Tag zu einem der schwärzesten der deutschen Fußball-Geschichte machen und die laut Zeugenaussagen so beginnen: "Da sind nur drei, die hauen wir um!" Daniel Nivels Kollegen ziehen sich zurück, als die Hooligans kommen. Er selbst bleibt stehen. Das wird ihm zum Verhängnis. Die Täter gehen mit einer Brutalität vor, die selbst in der Hooliganszene später scharf verurteilt wird. Einer der Männer schlägt mit einem Werbeschild auf den hilflosen Beamten ein. Als der auf dem Bürgersteig zu Boden geht, verliert er seinen Helm und seinen Gewehraufsatz. Den nutzen die Täter als Schlagknüppel.
    Einer von ihnen sagte Jahre später: "Normal ist der Ehrenkodex gewesen: Personen, die auf dem Boden liegen, da wird nicht nachgetreten, auch nicht bei Polizeibeamten. Ich konnte das zu dem Zeitpunkt, weil die Stimmung schon vom Vormittag so angeheizt war, nicht herauskristallisieren, dass das ein Beamter war. Ich hab da reingetreten und bin dann weggelaufen." Daniel Nivels Ehefrau erklärte in Interviews gegenüber der Presse: "Sie haben das Leben meines Mannes zerstört und unserer Familie endloses Leid zugefügt."
    Sechs Wochen Koma
    "Guten Tag verehrte Zuschauer. Empörung und Fassungslosigkeit nach den Gewalttaten deutscher Hooligans bei der Fußball-WM. Ein schwer verletzter französischer Polizist ringt noch immer mit dem Tode. Er war von einem Deutschen brutal zusammengeschlagen worden."
    Die Welt ist entsetzt. Bundeskanzler Helmut Kohl spricht vielen Deutschen von der Seele: "Das ist eine Schande. Das ist eine wirkliche Schande für unser Land. Man kann das gar nicht scharf genug verurteilen."
    Sechs Wochen lang liegt Daniel Nivel im Koma. Danach muss er die einfachsten Dinge wieder neu erlernen: Heute ist Nivel 63 Jahre alt. Er lebt mit seiner Frau zurückgezogen in einem behindertengerechten Haus in der Nähe von Lens. Immer noch finanziell unterstützt vom DFB. Er ist rechtsseitig gelähmt, blind auf einem Auge. Er hört schlecht, kann nicht mehr riechen und nicht schmecken. Der ehemalige Polizist wird sein Leben darunter leiden, was heute vor 20 Jahren passiert ist. Die sechs verurteilten Täter haben ihre langjährigen Haftstrafen längst abgesessen.