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Deutsche Positionen vor Durban

So gering wie momentan waren die Erwartungen an den UN-Klimagipfel in Durban eigentlich noch nie. Ein verbindliches Klimaabkommen für die Zeit nach Kyoto scheint schwierig mit Akteuren wie den USA und China. Zur Stunde empfehlen Regierungsberater und Wissenschaftler in Berlin, wie die deutschte Delegation den Kampf ums Klima in Durban dennoch vorantreiben könnte.

Von Philip Banse | 24.11.2011
    Die Regierungsberater und Klimaforscher mahnen die Politik, dass der Klimaschutz in der politischen Dringlichkeitsskala nicht weiter abrutschen dürfe. Dirk Messner, stellvertretender Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung für Globale Umweltveränderungen:

    "Es geht in Durban darum, dass die Weltklimaverhandlungen nicht in ziellose Routinen abgleiten. Deswegen ist ein Kraftakt notwenig, deswegen sind starke Impulse notwendig, die von Durban ausgehen müssen."

    Wie dieser Impuls aussehen könnte, sagte der Präsident Umweltbundesamts, Jochen Flasbarth:

    "Die große Anforderung an Durban ist, dass die Weichen gestellt werden für einen neuen umfassenden Klimavertrag. Die Welt hat sich weiter entwickelt. Der CO2-Ausstoß der USA hat nicht abgenommen, der CO2-Ausstoß der Schwellenländer, insbesondere Chinas, hat deutlich zugenommen, sodass ein Verbleiben in der Länderschar des Kyoto-Protokolls für die Zukunft keine vernünftige Konstruktion mehr ist."

    Das bleibt jedoch extrem kompliziert: Vom Kyoto-Vertrag zu gar nichts verpflichtet ist etwa China. China ist mittlerweile der größte CO2-Produzent der Welt, stößt aber pro Einwohner nur ein Bruchteil der Treibhausgase eines Amerikaners aus. Die USA sind ebenfalls nicht Teil des Kyoto-Vertrags und wollen sich auch weiterhin nicht zur CO2-Reduktion verpflichten lassen, gesteht der Präsident des Umweltbundesamts:

    "Aber man muss gleichwohl sagen, dass ein wesentlicher Schlüssel für die Weiterentwicklung in den Vereinigten Staaten liegt. Denn die Schwellenländer werden nur zu eigenen Verpflichtungen bereit sein, wenn auch die großen Industriestaaten etwas Entsprechendes tun."

    Wichtige Schwellenländer hätten nach der Klimakonferenz in Kopenhagen bereits sehr viel getan, sagt Dirk Messner, stellvertretender Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung für Globale Umweltveränderungen: China, Indien und Indonesien hätten sehr für in grüne Technik investiert:

    "Aus unserer Perspektive gilt es jetzt, um den Verhandlungsprozess selbst zu unterstützen, hier Fortschrittsallianzen zusammen zu führen von Ländern, die im Bereich der klimaverträglichen Transformation unserer Wirtschaften bereit sind, schneller voranzugehen als andere. In den USA ist die Dynamik sehr, sehr gering. Wenn man Länder zusammen bringt, die sich einigen können, schneller voranzugehen, dann kann das auch den Verhandlungsprozess selbst voranbringen und die Klimaverweigerer unter Zugzwang setzen."

    Vor allem die EU müsse ihre Reduktionszusagen bis 2020 noch vor Durban aufstocken, von heute minus 20 Prozent auf 30 Prozent. Diese Logik hat etwa Bundeskanzlerin Merkel immer abgelehnt, weil sie ihre Trümpfe nicht vor den Verhandlungen aus der Hand geben wolle. Doch prozentuale Reduktionsverpflichtungen reichten nicht mehr aus, sagte der wissenschaftliche Regierungsberater Dirk Messner:

    "Das Zei-Grad-Ziel, dass ja international Konsens ist mittlerweile, muss verbunden werden mit der Idee eines globalen Klimabudgets, das aus der Perspektive des Wissenschaftlichen Beirats Globale Umweltveränderungen 57 Gigatonnen beträgt bis zur Mitte dieses Jahrhunderts. In diesem Raum müssen die Reduktionen ausgehandelt werden. Dieses Budget zu benennen, wäre aus unserer Perspektive sehr wichtig."

    Es soll also eine absolute Menge CO2 festgelegt werden, die die Mullkippe Atmosphäre noch aufnehmen kann, um den Klimawandel beherrschbar zu halten. Und daraus sollen die Reduktionen abgeleitet werden.