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Deutsche Umwelthilfe
Jeder fünfte Lkw stößt zuviel Stickoxid aus

Lkw auf deutschen Straßen stoßen bis zu zehnmal mehr Stickstoff aus, als erlaubt. Zu diesem Schluss kommt eine Untersuchung der Deutschen Umwelthilfe. Das Problem: Es wird im großen Stil mit Abschalteinrichtungen getrickst. Vor allem osteuropäische Speditionen manipulieren so die Werte.

Manfred Götzke im Gespräch mit Britta Fecke |
10.02.2018, Allersberg, Bayern, GER - Auspuff eines LKW.
Vor allem LKW mit osteuropäischem Kennzeichen stoßen oft zuviel aus. (imago / Frank Sorge)
Was wurde untersucht?
Gemessen wurde wie viel Stickoxid Lkw real auf der Autobahn ausstoßen. Die Deutsche Umwelthilfe hat dafür das Institut für Umweltphysik der Uni Heidelberg beauftragt. Die Forscher sind den Lkw auf der Autobahn dann einfach mal hinterher gefahren mit ihrem Messfahrzeug, wie der Autor der Untersuchung Denis Pöhler erklärt:
"Wir können Fahrzeuge so auf der Autobahn untersuchen, ohne dass wir an diese Fahrzeuge herantreten müssen. Die Fahrer merken also gar nichts von der Kontrolle, können also gar nichts an dem Fahrzeug abschalten oder umstellen."
141 Lkw haben die Forscher so untersucht und festgestellt: Das Abgasreinigungssystem bei jedem fünften Lkw war manipuliert oder kaputt. Vor allem betroffen sind Lkw mit osteuropäischen Kennzeichen, was allerdings nicht bedeutet, dass osteuropäische Speditionen dahinter stecken, wie der Verkehrsexperte Axel Friederich erklärt.
"Auffällig war auch, dass viele der osteuropäischen Lkw im Auftrag von deutschen Firmen fahren. Das ist auch eine Auslagerung und da verlangen wir, dass die Firmen, die solche Leistungen bestellen, darauf bestehen, dass die Lkw sauber herumfahren."
Das sind große deutsche Speditionen, die Filialen in Bukarest oder Sofia haben, um so dann etwa auch den deutschen Mindestlohn zu umgehen.
Wie stark weichen die Werte von den eigentlich vorgeschriebenen denn ab?
Das ist ganz unterschiedlich. Nach Abzug einer gewissen Toleranz geht das von doppelt so viel wie erlaubt für Euro 5 bzw. Euro 6 Diesel bis zum Faktor Zehn. Die Spediteure machen das vor allem, um den Harnstoff Adblue einzusparen.
Wenn man bedenkt, dass ein Lkw im Schnitt 200.000 Kilometer pro Jahr läuft, kommen da ein paar Tausend Euro pro Fahrzeug und Jahr zusammen, schätzt Axel Friedrich:
"Wenn jemand 100 Lkw in der Spedition hat, kann sich eine halbe Million mehr Gewinn zu Lasten der Umwelt ergeben. Das bedeutet natürlich einen immensen Kostenvorteil."
Und zwar nicht nur, weil man Adblue spart, das 60 bis 80 Cent pro Liter kostet. Die Firmen müssen die Abgasreinigungssysteme auch deutlich seltener austauschen, wenn die so gut wie nie laufen.
Wie laufen die Manipulationen ab?
Es gibt zwei gängige Methoden, entweder über ein kleines elektronisches Bauteil, das der Motorsteuerung vorgaukelt, dass das Reinigungssystem läuft. Oder durch ein Software Update:
"Das wird nachträglich eingebaut, das sind nicht die Hersteller wie bei den PKW. Hier sind es die Nutzer, die Geld sparen wollen und damit auch Mautbetrug begehen, weil sie ja nicht mehr Euro 5 oder Euro 6 einhalten, sondern nur Euro 1 oder Euro 0.
Die müssten also deutlich mehr Maut bezahlen. Alles Dinge, die völlig illegal sind. Es ist inakzeptabel, dass der Staat hier nicht hinsieht und die zuständige Behörde nur sehr rudimentär Prüfungen durchführt."
Die Untersuchung lief in Kooperation mit "Camion Pro", ein Verband der Transportbranche. Was sagen die Spediteure dazu?
"Camion Pro" ist ein Verband, der kleine Spediteure aus Deutschland vertritt, die sauber arbeiten und nicht manipulieren. Und die fühlen sich natürlich benachteiligt, nicht nur durch die Manipulationen, sondern auch durch das Lohndumping, erklärt Vorstand Andreas Mossyrsch:
"Diejenigen, die sauber arbeiten wollen, haben wirklich Riesenprobleme. Wir haben es mit Insolvenzen und Geschäftsaufgaben bei unseren Mitgliedern zu tun, weil sich das nicht mehr rentiert. Wir haben mittlerweile über 40 Prozent osteuropäische Lkw auf der Straße. Die nehmen nicht nur Marktanteile weg, sie ruinieren auch die Preise."
Eben weil die Speditionen nicht den deutschen Mindestlohn, sondern etwas mehr als den bulgarischen oder rumänischen Durchschnittslohn zahlen. Der liegt in Rumänien bei 600 Euro im Monat.
Welche Konsequenzen fordert die Deutsche Umwelthilfe?
Erstmal deutlich mehr Kontrollen. Es wird nach Ansicht der Umwelthilfe viel zu selten überprüft, was Sache ist. Und außerdem sind die Sanktionen nach Ansicht der DUH wirkungslos.
Die Umwelthilfe fordert daher, dass manipulierte Fahrzeuge, sofort stillgelegt werden, wie es etwa in der Schweiz üblich ist. Außerdem sollte der Staat dann Nachzahlungen der Mautdivergenzen einfordern oder, noch härter, den Spediteuren die EU Lizenzen entziehen.