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Deutsche Umwelthilfe
Klage wegen Luftverschmutzung in Düsseldorf erfolgreich

Stickstoffdioxide, Rußpartikel und Ozon verschmutzen die Luft in den Städten. Wegen der Überschreitung der Luftqualitätswerte in Düsseldorf hat die Deutsche Umwelthilfe gegen das Land NRW geklagt. Das Verwaltungsgericht in Düsseldorf hat der Klage stattgegeben und ein begrenztes Diesel-Fahrverbot angeregt. Die DUH spricht von einem "bahnbrechenden" Urteil.

Von Dieter Nürnberger | 14.09.2016
    Abgase kommen aus einem Auspuff
    Die Umwelthilfe gehörte mit zu den Ersten, die auf das Problem von manipulierten Abgaswerten bei Dieselfahrzeugen aufmerksam gemacht haben. (Marcus Führer/dpa)
    Die Deutsche Umwelthilfe spricht von einem "bahnbrechenden" Urteil, weil die Richter gestern erstmals ganz konkret festgestellt hätten, dass Fahrverbote für Dieselfahrzeuge nicht nur erwogen werden können, sondern, dass ein solches Verbot künftig bei deutlicher Überschreitung der Schadstoff-Werte in den Kommunen sogar kommen müsse.
    In den vergangenen Streitfällen vor Gericht war dies eher nur vage formuliert worden. Und für die Deutsche Umwelthilfe zudem auch ganz wichtig, dass gestern von den Richtern ebenso eine Frist gesetzt worden ist - nämlich bis Oktober 2017 ganz konkrete Umsetzungspläne dafür zu erarbeiten. Wie genau Düsseldorf, um diese Stadt ging es gestern, die Schadstoffstoffe dann reduziert, ist also künftig Sache der dortigen Behörden. Aber es ist klar, dass sich etwas tun muss - in puncto Luftreinhaltung. Man muss aber auch erwähnen, dass die Stadt Düsseldorf in diesem Verfahren noch in Berufung gehen kann.
    Deutsche Umwelthilfe war treibende Kraft bei der Aufdeckung des Dieselabgasskandals
    Dieses Verdienst muss man der Deutschen Umwelthilfe zubilligen. Sie waren mit die Ersten, die auf das Problem von manipulierten Abgaswerten bei Dieselfahrzeugen aufmerksam gemacht haben. Auch in Zusammenarbeit mit US-amerikanischen Umweltschützern. Die Organisation hat zudem mit Axel Friedrich - einem ehemaligen Experten des Umweltbundesamtes - auch einen anerkannten Fachmann mit an Bord, der in der Vergangenheit ganz penibel die Angaben der Autohersteller hinterfragte. Auch Axel Friedrich zog heute Bilanz:
    "Wir wissen ziemlich genau, wer hier betrügt. Man kann sagen, es sind fast alle. Wir sehen, dass VW hier eher ein graues Schaf ist, denn wir haben andere tiefschwarze Schafe: Ich sehe, dass Fiat, Renault-Nissan, GM-Opel und Ford bei allen Modellen, die wir gemessen haben, weit über den Grenzwerten liegen. Auch der Kunde wird hier betrogen. Er kauft sich ein Fahrzeug mit sauberer Euro-sechs-Norm, bekommt es aber gar nicht. Das ist nicht nur Betrug an der Umwelt, sondern auch am Käufer."
    Der Skandal um manipulierte Abgaswerte hat weite Kreise gezogen: Es gibt Untersuchungsausschüsse in verschiedenen Parlamenten, die für Aufklärung sorgen sollen. Es gibt Verfahren in den USA gegen VW. Und zu den Leidtragenden gehören natürlich auch die Käufer, die Kunden. Weltweit sind beispielsweise rund elf Millionen Diesel-Fahrzeuge aus dem Volkswagen-Konzern betroffen. Es gab natürlich enorme Verluste finanzieller Art für die Unternehmen.
    Die Deutsche Umwelthilfe kritisierte heute vor allem die politischen Reaktionen hinsichtlich der Abgas-Manipulationen - verbunden mit schweren Vorwürfen gegen Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU). Der agiere weiterhin zu Industrie-freundlich, sagt Jürgen Resch, der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe. Als Beispiel nennt er die Tatsache, dass seitens des Ministeriums bislang auf amtliche Rückrufe hinsichtlich der betroffenen Fahrzeuge verzichtet wurde. Dobrindt erlaube inzwischen nun sogar gewisse Abweichungen von den vorgeschriebenen Normen. Beispielsweise beim Hersteller Porsche, so Jürgen Resch:
    "Nun möchte er mit sogenannten freiwilligen Rückrufen, hier handelt er dann die Bedingungen mit den Unternehmen aus, Verbesserungen erreichen. Wenn er aber ausdrücklich zugesteht, dass Porsche nur bis fünf Grad Celsius eine Abgas-Reinigung vornehmen muss, dann erlaubt er dies umgekehrt auch der gesamten Autoindustrie. Die Folge ist eine Zunahme von Stickstoffdioxid in den Städten. Unseres Erachtens ist dies eine Rechtsbeugung."
    Die Umwelthilfe kündigte unter Umständen eine weitere Klage an
    Ziel der Aktivitäten der Umwelthilfe ist eine nennenswerte Verbesserung der Schadstoffwerte auf den Straßen. Hersteller und die Politik sollen zu einer verbindlichen Transparenz in diesem Bereich verpflichtet werden. Und wenn das alles nicht oder nur schwer erreichbar sei, dann will man auch weiterhin auf die Hilfe der Justiz setzen. Hauptgeschäftsführer Jürgen Resch:
    "Wir müssen erreichen, dass künftig nur noch Fahrzeuge verkauft werden, die in allen Betriebszuständen die Grenzwerte einhalten. Dauerhafte Abschaltungen sollten nicht mehr erlaubt sein. Solange aber die meisten Dieselfahrzeuge die Grenzwerte um das bis zu 20-fache überschreiten, brauchen wir jetzt Fahrverbote in deutschen Städten. Das wird vielleicht dazu beitragen, dass die deutsche Automobilindustrie wirklich versucht, saubere Dieselfahrzeuge auch in Europa zu verkaufen."
    Somit spricht die Umwelthilfe heute auch nicht von einer Aufarbeitung des Diesel-Skandals, eher von einer Zwischenbilanz. Denn man rechnet mit der Aufdeckung weiterer Verstöße gegen gesetzlich vorgeschriebene Grenzwerte.