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Deutsche Vorbilder
"Gauck ist Weizsäcker in seiner Art nicht unähnlich"

In Deutschland sei immer eine "moralische Appellationsinstanz" wichtig gewesen, wie sie Richard von Weizsäcker dargestellt habe, sagte der Historiker Paul Nolte im DLF. Nicht jeder Politiker könne ein Elder Statesman wie Weizsäcker sein. Helmut Schmidt sei ein Beispiel dafür, aber auch der amtierende Bundespräsident Joachim Gauck.

Britta Fecke im Gespräch mit Paul Nolte | 01.02.2015
    Der verstorbene Altbundespräsident Richard von Weizsäcker und Bundespräsident Joachim Gauck in Berlin.
    Der verstorbene Altbundespräsident Richard von Weizsäcker und Bundespräsident Joachim Gauck in Berlin. (picture-alliance/dpa/Britta Pedersen)
    "Gauck ist Weizsäcker in seiner Art nicht unähnlich", betonte Nolte. Ihm ginge es ähnlich wie Richard von Weizsäcker, der nach seiner Rede zum 40. Jahrestag der Befreiung von den Nationalsozialisten am 8. Mai 1985 nicht nur Lob, sondern auch Verachtung, Hass und Unverständnis geerntet habe.
    Weizsäckers Gespür für Liberalität
    Obwohl Weizsäcker nicht an der "Spitze einer Kulturrevolution" gestanden habe, habe er die neuen Ansprüche beispielsweise einer bunteren Gesellschaft in Berlin wahrgenommen. In seiner Zeit als Regierender Bürgermeister der damals geteilten Stadt Berlin sei er beispielsweise auf die Hausbesetzerszene zugegangen, sagte Nolte weiter. "Er hat genau gespürt, wo Liberalität am Platz ist", statt sich einzuigeln und den Rückzug auf das Nationale zu präferieren.
    Pegida kein neues Phänomen
    Im Hinblick auf die Protest-Bewegung Pegida und Weizsäckers Appell in seiner Rede zum Nationalsozialismus, die Vergangenheit anzunehmen, sagte Nolte, dass seine Botschaft "bei diesen Leuten nicht angekommen" sei. Der Tenor "Jetzt muss doch Schluss sein mit dieser Selbstanklage", sei ein wiederkehrendes Phänomen. "Das begleitet uns in der Bundesrepublik seit den 1950er- und 1960er-Jahren immer wieder", sagte Nolte.
    Das gesamte Gespräch mit Paul Nolte können Sie in unserem Audio-on-Demand-Bereich mindestens fünf Monate nachhören.