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Deutsche Wirtschaft wenig besorgt
#BoycottGermany - "Kauft keine deutschen Waren!"

Ist der hässliche Deutsche wieder da? Manchmal scheint es so in diesen Tagen der Griechenland-Krise. Die europaweite Sparpolitik hat neue Feindbilder geschaffen und nun gibt es auch Boykottaufrufe gegen deutsche Produkte.

16.07.2015
    Der Schriftzug "Made in Germany" steht auf dem Etikett eines Trainingsanzugs.
    Netzaktivisten rufen dazu auf, keine Produkte "Made in Germany" mehr zu kaufen. (dpa / picture alliance / Andreas Gebert)
    In den Zeiten von Mauerfall und Einheit gingen die Bilder von glücklich-friedlichen Menschen um die Welt. Sie verbesserten das Image der Deutschen erheblich. Später schien dann das Sommermärchen der Fußball-WM 2006 den Rest zu schaffen. Diese neuen fröhlichen und fahnenschwenkenden Deutschen musste niemand mehr fürchten. Ja, man konnte sie sogar mögen.
    Zwei weibliche Fans feiern den deutschen Sieg im Viertelfinale der FIFA WM 2006 über Argentinien.
    Deutsche Fußball-Fans sorgten bei der Heim-WM 2006 für ein positives Deutschlandbild. (AP)
    Eurokrise und Griechenlanddebatte verändern das Image Deutschlands
    Die Eurokrise nagt schwer an diesem positiven Image. Vor allem im Süden Europas wird Deutschland immer mehr als harte Vormacht und eiserner Sparkommissar wahrgenommen. Karikaturen und Fotomontagen machten die Runde, in denen vor allem Angela Merkel und Wolfgang Schäuble ins Visier genommen werden.
    Eine Karikatur auf einem Poster in Athen zeigt Wolfgang Schäuble als Adolf Hitler.
    Eine Karikatur auf einem Poster in Athen zeigt Wolfgang Schäuble als Adolf Hitler. (afp / Angelos Tzortzinis)
    Nun auch Boykottaufrufe gegen deutsche Produkte
    Aus der Ablehnung der in Berlin gemachten Politik ist jetzt der Aufruf zum Boykott von Waren "Made in Germany" geworden. Das hat etwas Ironisches. Denn das heutige Gütesiegel war einst selbst als Boykottaufruf gedacht: mit "Made in Germany" wollte die britische Industrie nämlich im 19. Jahrhundert eigentlich vor der preisgünstigeren und angeblich minderwertigen Konkurrenz aus Deutschland warnen. In beiden Weltkriegen hatte es dann Aufrufe gegeben, keine deutschen Produkte zu kaufen. Kleinere Boykottkampagnen hat es danach immer wieder gegeben, gegen viele Länder. Unvergessen, dass manch einer in den USA nach dem französischen "Non" zum Irak-Krieg keine Lacoste-Hemden mehr tragen wollte und dass sogar aus "French Fries" in Amerika "Freedom Fries" wurden, sogar in der Kantine des Repräsentantenhauses in Washington.
    #BoycottGermany
    Jetzt macht bei Twitter der Hashtag #boycottGermany die Runde. Manchmal geht er Hand in Hand mit dem Proteststurm #thisisacoup ("Das ist ein Staatsstreich"), der sich an den Auflagen der jüngsten Griechenland-Einigung entzündet hat.
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    Wie generell in den Sozialen Medien wird die Kampagne stark in englischer Sprache geführt. Natürlich spielt der griechische Sprachraum eine wichtige Rolle, aber auch in vielen anderen Ländern beteiligen sich Menschen, etwa in Italien.
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    An der Debatte beteiligen sich auch viele Twitter-Nutzer in Deutschland. Twitter-User Jörg Kachelmann meint, der Zorn solle sich nicht gegen Deutschland richten, sondern vor allem gegen einen Verlag.
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    Ironisch geht der Journalist Thomas Walde das Thema an. Er fragt, ob die Griechen denn auch deutsche Hilfsgelder ablehnen.
    Deutsche Wirtschaft nicht besorgt
    Die deutsche Wirtschaft jedenfalls befürchtet derzeit keinen größeren Schaden durch die Boykott-Aufrufe. "Wir nehmen das ernst, aber es gibt keinen Grund zur Panik", sagte der Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Volker Treier, der Nachrichtenagentur Reuters. Solche Aufrufe habe es seit Beginn der Griechenland-Krise immer wieder gegeben. Sie seien weitgehend wirkungslos verpufft. Und in einem Blog-Beitrag der BBC wird auf folgenden Punkt hingewiesen: europaweite Vernetzung der Wirtschaft und Globalisierung führen dazu, dass viele „deutsche" Produkte in Teilen oder ganz in anderen Ländern produziert werden. Ein Boykott träfe dann nicht (nur) die Gemeinten.
    Ach ja, auch hier gibt es in den sozialen Medien natürlich auch Beiträge, die das Thema nicht ganz so ernst nehmen, so wie dieser Tweet.
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